Weltsynode endet bald: Veränderung in den Köpfen als erster Schritt
Der in Kalifornien aufgewachsene Präsident des Europäischen Bischofsrates CCEE, Gintaras Grusas, brachte es auf den Punkt: "A new mindset" nannte er das, was sich im Vatikan in der Synodenaula herausgebildet habe: Eine neue Mentalität mit veränderter Grundhaltung. Und er fügte hinzu: "Dieser Prozess ist wichtiger als die Beschlüsse."
Gemeint war die seit 4. Oktober und noch bis zum Wochenende tagende Weltsynode über die Kirche der Zukunft. Mehrere der rund 350 Synodenmitglieder hoben in den vergangenen Wochen positiv hervor, dass es in den Debatten keine Tabus gab. Seelsorge für Homosexuelle konnte ebenso angesprochen werden wie die Gleichberechtigung von Frauen. Zwar wurde nicht immer ein Konsens erzielt. Aber dass solche Dinge überhaupt im Rahmen einer Welt-Bischofssynode offen und kontrovers zur Sprache kamen, war bereits eine wichtige Veränderung.
Dass es im Abschlusstext erst einmal keine Beschlüsse zu strittigen Fragen geben würde, gehörte zu den Erfolgsrezepten der Synode: Nur weil klar war, dass am Ende nicht um Mehrheiten gerungen werden sollte, war eine offene und furchtlose Debatte überhaupt möglich. Das führte auch dazu, dass die konservative Minderheit, die anfangs raunend von einer "gekaperten Synode" mit "vorgefertigten Ergebnissen" sprach, nur wenige Angriffspunkte fand.
Verschwiegenheit erwies sich als kluge Entscheidung
Als ähnlich klug erwies sich die Verpflichtung der Teilnehmer zur Verschwiegenheit darüber, wer bei der Synode was gesagt hat. Sie trug ebenso wie die immer wieder gelobte Sitzordnung an runden Tischen dazu bei, dass Dinge klar ausgesprochen wurden.
Prägend war etwa ein emotionaler Bericht über den Selbstmord einer bisexuellen jungen Frau, sie sich das Leben nahm, weil sie sich in ihrer sexuellen Identität von der Kirche ausgestoßen fühlte. Ihr Schicksal soll etliche Synodale zum Weinen gebracht haben.
Der englische Dominikanerpater Timothy Radcliffe war es, der diese Erfahrung in einem geistlichen Impuls aufgriff. Er knüpfte damit an die lebensnahen geistlichen Vorträge an, die er vor der Synode an drei Einkehrtagen in Sacrofano bei Rom gehalten hatte. Mit der Reihe wob er ein Grundmuster, das in den Wortbeiträgen der Synode immer wieder aufgegriffen wurde. Für den neuen "mindset" schuf er damit eine entscheidende Voraussetzung. Denn nun trauten sich viele, konkret, persönlich und auch oft subjektiv zu sprechen.
Ein weiterer Impulsgeber war der Inhalte-Koordinator der Synode, Kardinal Jean-Claude Hollerich. Das Thema der gleichen Würde der Frauen in der Kirche brachte er ebenso klar auf den Punkt wie die Frage nach einem Amtsverständnis ohne Klerikalismus. Und ihm gelang das Kunststück, zu einer offenen Aussprache zu ermuntern, die nicht in Polemik umschlug.
Schrille Töne gab es am Rand. So demonstrierten Missbrauchsbetroffene aus vielen Ländern und schossen sich auf den neuen Präfekten des Glaubensdikasteriums, Kardinal Victor Fernandez, ein. Die Tatsache, dass er einige Missbrauchsfälle daheim in Argentinien nicht korrekt behandelt hatte, war der Anlass.
Die Kritik prallte am neuen Chefdogmatiker des Papstes ebenso ab wie die seines Vorvorgängers Gerhard Ludwig Müller. Der deutsche Kurienkardinal nahm an der Synode teil, agierte aber auch von der Seitenlinie und nahm in einem offenen Brief den liberalen Kurs von Fernandez beim Umgang mit Katholiken in zweiter Ehe aufs Korn. Er bescheinigte seinem Nachfolger, im offenen Widerspruch zur überlieferten kirchlichen Lehre zu stehen.
Eine Krise vor Ende der Synode
Müller stellte auch die gesamte Veranstaltung in Frage. In einem Interview zu Beginn hatte er kritisch angemerkt, dass ein Organ der bischöflichen Kollegialität nicht einfach um Priester, Ordensleute und Laien erweitert werden könne. Dass diese vom Papst ohne kirchenrechtliche Flankierung vorgenommene Neuerung letztlich zu einer Schwächung der Synode führen könnte, hatten zuvor schon andere theologische Kenner kritisch angemerkt.
Zu Beginn der letzten Synodenwoche führte dieser Konstruktionsfehler zu einem Hauch von Krise in Rom. Als Hollerich am Montag eine "Botschaft an das Volk Gottes" verlas, gab es neben Beifall auch kritische Stimmen – und zwar von Liberalen wie von Konservativen. Kritisiert wurde das Verfahren: Es sei nicht transparent, wer den Text verfasst habe. Und von konservativer Seite wurde bemängelt, es sei nicht klar, mit welcher Autorität die Weltsynode spreche: als kollegiales Organ der Bischöfe – oder als eine Art Kirchenversammlung aus Bischöfen, Priestern und Laien.
Vor den abschließenden Debatten und Abstimmungen in der laufenden Woche zeichnete sich damit eine institutionelle Krise der so erfolgreich gestarteten Weltsynode ab. Die Versammlung endet offiziell am Sonntag mit einem Gottesdienst im Petersdom.