Kritik am Kardinal
Noonan zählt dazu. Sie gehört der Gemeinde von Saint Thomas More auf der wohlhabenden Upper East Side von Manhattan an. Die Journalistin legte sich öffentlich mit Kardinal Dolan an, der vorgeschlagen hatte, im Rahmen der Strukturreform der Erzdiözese die Gemeinde von Thomas More mit der Nachbarkirche Ignatius von Loyola zusammenzulegen.
Kirchenverkauf als Immobilien-Geschäft?
In ihrer Kolumne setzte sich Noonan mit dem Appell "Bitte verschonen Sie diese Kirche" an Weihnachten 2014 an die Spitze des Widerstands gegen die Fusion (siehe Tweet).
Sie äußerte den Verdacht, der Kardinal lasse sich bei dem Gesundschrumpfen von dem antreiben, was " Heinrich VIII. , Politiker und das Immobilien-Geschäft" bewege. Dies fand Beifall in ihrer Gemeinde, aber Zurückweisung bei Bischof John O'Hara, der den Konsolidierungsprozess unter dem Leitsatz "Alle Dinge neu machen" überwacht. Noonans Kritik beruhe auf Halbwahrheiten, so der Bischof. "Der Prozess hat nichts mit dem Immobilienmarkt zu tun."
Das betont auch Kardinal Dolan. Er hält es für unverantwortlich, angesichts schwindender Kirchenbesucher und chronischen Priestermangels "nicht benötigte" Gemeinden mit 40 Millionen US-Dollar im Jahr zu unterstützen. "Wir haben zu viele Pfarreien", verkündete Dolan in einem Pastoralschreiben. "Wir brauchen keine 368 Pfarreien an ihren gegenwärtigen Standorten."
Luxuswohnungen statt einer Kirche
Im Fall der Kirche "Our Lady of Vilnius" nahe dem Holland-Tunnel in Manhattan leuchtet das unmittelbar ein. Die von litauischen Einwanderern gegründete Gemeinde litt unter Mitgliederschwund und hatte am Ende einen Pfarrer, der nicht einmal mehr Litauisch sprach. Die in der ersten Konsolidierungsrunde 2007 geschlossene Kirche kam für 13 Millionen Dollar unter den Hammer. Demnächst soll sie abgerissen werden, um einem achtzehn-stöckigen Komplex mit Luxuswohnungen Platz zu machen.
Auch Kardinal Dolan mischt sich in einem Blog-Eintrag über Gemeinde-Planung, auf den er in diesem Tweet hinweist, mit deutlichen Worten in die Diskussion ein. In seinem Blog schreibt er unter anderem in Anspielung auf die Vorwürfe Peggy Noonans: "Klatsch hilft nicht; ungenaue Geschichten helfen nicht. Vor einigen Wochen hieß es in einem Artikel, die Erzdiözese würde hinterhältige und heimliche Entscheidungen treffen, weil sie die Verordnungen für die Fusionen nicht veröffentlichen würde. (…) Das Gerede ist, dass die böse alte Erzdiözese dies getan hätte, um die Menschen ihres Rechts auf Beschwerde zu berauben, was aber Quatsch ist."
Aber warum Saint Thomas More nun ein ähnliches Schicksal drohen soll, verstehen weder Peggy Noonan noch die Gemeinde. In vielerlei Hinsicht kann die Pfarrei als Musterbeispiel dienen: Die Kirchenbänke sind stets ordentlich gefüllt. An "guten" Sonntagen gibt es oft nur Stehplätze. Sie hat ein begehrtes Kindergarten-Programm, residiert in einem runderneuerten Gotteshaus und brachte aus ihren Reihen in den vergangenen zwanzig Jahren drei Priesteramtsanwärter hervor.
Kirche platzt aus allen Nähten
Ihr tatkräftiger Pfarrer Kevin Madigan strahlt Charisma aus. 2001, damals zuständig für die Gemeinde Saint Peter nahe dem World Trade Center, machte er sich nach den Terroranschlägen vom 11. September um die Opfer und Rettungshelfer verdient. Nun hat er die Aufgabe, das klare "Nein" der Gemeinde gegen den Zusammenschluss zu vertreten.
Widerstand regt sich auch in anderen Pfarreien, die ihre Eigenständigkeit nicht verlieren wollen. Die ebenfalls auf der Upper East Side gelegene Gemeinde "Our Lady Of Peace" organisierte einen "Mass-Mob", bei dem Gemeindemitglieder so viele Freunde und Angehörige in die Sonntagsmessen brachten, dass die Kirche aus allen Nähten platzte.
Verkauf der Pfarrei für den Umbau der Kathedrale?
Was viele Katholiken in New York wurmt, sind die 180 Millionen Dollar, die in die Renovierung der 137 Jahre alten Kathedrale St. Patrick's fließen, während das Bistum gleichzeitig andere Gotteshäuser schließen will. Noonan äußerte den Verdacht, die Aufgabe ihrer Pfarrei werde nur erwogen, weil der Verkauf von Saint Thomas More 50 bis 100 Millionen Dollar bringen könnte.
Die streitbare Kolumnistin schlägt Kardinal Dolan vor, sich ein Beispiel an seinem Amtsbruder Kardinal Sean O'Malley in Boston zu nehmen: Dieser gab seinen Bischofspalast zugunsten einer bescheidenen Wohnung auf. Wenn der Kardinal aus seinem Sitz unweit dem Nobelkaufhaus Saks Fifth Avenue auszöge, seien alle finanziellen Probleme mit einem Schlag gelöst. Dieser Vorschlag kam erwartungsgemäß nicht gut an.
Von Thomas Spang (KNA)