Realistischer als Durchgreifen sei steuernde Personalpolitik

Anuth: Sanktionen gegen Bischöfe wegen Synodalem Rat möglich

Veröffentlicht am 22.11.2023 um 11:16 Uhr – Lesedauer: 

Tübingen/Köln ‐ Trotz Ansagen des Papstes halten die meisten deutschen Bischöfe an ihrem Reformprojekt fest. Für Kirchenrechtler Bernhard Anuth sind bei andauerndem Ungehorsam Sanktionen gegen Bischöfe denkbar – doch für wahrscheinlicher hält er etwas anderes.

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Der Tübinger Kirchenrechtler Bernhard Sven Anuth sieht die Möglichkeit kirchenrechtlicher Sanktionen gegen deutsche Bischöfe für die Nichtbeachtung päpstlicher Weisungen zum Synodalen Rat. In einem Interview mit dem "Domradio" bezeichnete er am Dienstag eine aktive vatikanische Personalpolitik im Sinne des Papstes bei den derzeit vakanten deutschen Bistümern aber für wahrscheinlicher als ein Durchgreifen gegen amtierende Bischöfe. "Da Bischöfe dem Papst noch einmal mehr als alle Gläubigen Gehorsam schulden und ihn bei ihrem Amtsantritt auch eigens geschworen haben, wiegt ihr Ungehorsam durchaus schwer und kann kirchenrechtlich sanktioniert werden", so Anuth. Es sei aber nicht realistisch zu erwarten, dass der Papst gegen alle Bischöfe im Synodalen Ausschuss vorgehen werde, "und ich bezweifle ehrlich gesagt auch, dass er es zum jetzigen Zeitpunkt für opportun hält, einen einzelnen von ihnen exemplarisch zu maßregeln, um die anderen auf Linie zu bringen".

Er könne sich aber genauso wenig vorstellen, dass der Papst einfach nur zuschaut, wenn "Bischöfe verbal seine Autorität unterstreichen, ihn aber in ihrem Handeln einen guten Mann sein lassen". Die anstehenden Bischofsernennungen könnten erkennen lassen, in welche Richtung sich die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) nach dem Willen des Papstes entwickeln soll. Aktuell sind die drei Bistümer Bamberg, Osnabrück und Paderborn vakant, im Dezember erreicht der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst das Rücktrittsalter von 75 Jahren.

Neuer Brief des Papstes

Hintergrund ist der Brief von Papst Franziskus an vier ehemalige Mitglieder der Synodalversammlung, der am Dienstag öffentlich gemacht wurde. In dem kurzen Schreiben bekräftigte der Papst seine Kritik an der Kirche in Deutschland und äußerte die Sorge "über die inzwischen zahlreichen konkreten Schritte, mit denen sich große Teile dieser Ortskirche immer weiter vom gemeinsamen Weg der Weltkirche zu entfernen drohen". Für Anuth stellt der Inhalt des Briefs keine Neuerung dar, sondern lediglich ein Zeichen dafür, dass der Papst seine bereits zuvor geäußerte Kritik weiterhin aufrecht erhält. Nach Ansicht des Kirchenrechtlers begeben sich die Bischöfe, die beim Synodalen Ausschuss mitarbeiten, in einen offenen Ungehorsam zum Papst. Schon im Januar 2023 hatte der Brief von drei Kurienkardinälen, den sich der Papst mit seiner Unterschrift zu eigen gemacht hat, festgestellt, dass niemand die Kompetenz hat, einen Synodalen Rat einzurichten, der "eine neue Leitungsstruktur der Kirche in Deutschland bilden" würde und "sich über die Autorität der Bischofskonferenz zu stellen und diese faktisch zu ersetzen scheint." Im aktuellen Brief betont Papst Franziskus, dass damit die Einrichtung eines solchen Rats zugleich untersagt wurde. "Das ist aus meiner Sicht keine Überraschung, weil kirchenrechtlich ungültiges Handeln immer auch unerlaubt ist", so Anuth.

Während sich die DBK zu dem Brief am Dienstag nicht äußern wollte, da sie nicht Empfänger sei, betonte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), dass der Synodale Ausschuss auf der Grundlage des geltenden Kirchenrechts stehe. ZdK-Vizepräsident Thomas Söding schrieb auf "X", vormals Twitter: "Die Sorge um die Einheit der Kirche ist die Aufgabe des Papstes." Auf die katholische Kirche in Deutschland sei jedoch Verlass: caritativ und synodal. Ein Synodaler Rat werde auch in Rom Anerkennung finden, so der Bochumer Neutestamentler, dafür werde gearbeitet. "Zwietracht zu säen, ist keine Art." (fxn)