Theologe kritisiert Präfekt des Glaubensdikasteriums

Remenyi: Kritik an deutscher Theologie ist Qualitätssiegel

Veröffentlicht am 23.11.2023 um 12:29 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg/Würzburg ‐ Die internationale Besorgnis über die deutsche Theologie wäre bei minderer Qualität nicht so hoch, glaubt Matthias Remenyi. Der Würzburger Theologe spart selbst nicht mit Kritik an Aussagen des neuen Präfekten des Glaubensdikasteriums.

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Nach Ansicht des Würzburger Fundamentaltheologen Matthias Remenyi ist Kritik an der universitären Theologie in Deutschland ein Zeichen dafür, dass auf dem Synodalen Weg gute Arbeit geleistet worden ist. Die "Besorgnis entsprechender Kreise" wäre bei minderer Qualität nicht so hoch, "die Aggression nicht so scharf", schreibt Remenyi in der Dezember-Ausgabe der "Herder-Korrespondenz". Dass die Theologie in Deutschland an einem jahrzehntelangen kirchlichen Rezeptionsdefizit leide, sei kein Ausweis mangelnder Qualität, so der Theologe.

Des Weiteren übt Remenyi scharfe Kritik an Aussagen des neuen Präfekten des Glaubensdikasteriums, Kardinal Víctor Manuel Fernández. Remenyi bezeichnet es als befremdlich, dass Fernandez in einem Interview ausführte, der Papst besäße ein einzigartiges Charisma zum Schutz der Kirchenlehre. Diese "steile These" des Glaubenshüters, so Remenyi, lese sich wie eine "Bestätigung des übersteigerten Papalismus und kurialen Lehramtszentralismus aus der Zeit von Pius IX.". Die Verschaltung von Lehramt und Theologie, die einzig im Modus von Vorgabe und Gehorsam operiere, folge einem rein instruktionstheoretischen Offenbarungsmodell und sei nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil als theologisch irrig zu bezeichnen, so Remenyi.

Forderung nach besserem Verhältnis von Lehramt und Theologie

Zwischen Theologie und Lehramt fordert Remenyi ein neues, vertrauensvolleres Verhältnis. Der Vatikan müsse "konkrete, verbindliche und nachhaltige Schritte" in dieser Hinsicht machen. Jedoch zeigten jüngste vatikanische Stellungnahmen eher eine Verschärfung der kirchlichen Theologenkontrolle. "Die theologisch dichten und wertvollen Formulierungen in der Einleitung der Apostolischen Konstitution 'Veritatis Gaudium' über die Theologie als 'kulturelles Laboratorium' (VG 3) nutzen nichts, wenn sie in den ausführenden Normbestimmungen wieder eingezogen und durch Verschärfungen gegenüber dem Vorgängerdokument konterkariert werden", so Remenyi.

Ähnlich ambivalent lese sich das an Allerheiligen dieses Jahres veröffentlichte Motu proprio "Ad theologiam promovendam", mit dem Papst Franziskus die Statuten der Päpstlichen Akademie für Theologie aktualisiert habe. "Einerseits wird die Theologie zu einer 'Wende', einem 'Paradigmenwechsel', gar zu einer 'mutigen Kulturrevolution' aufgerufen", so Remenyni. Andererseits fordere Franziskus darin wiederum ein theologisches Wissen ein, das "auf den Knien erarbeitet wird und von Anbetung und Gebet getragen" ist. "Kritische Geister fühlen sich beim Stichwort einer knienden Theologie allerdings nicht zu Unrecht an die Theologeninstruktion 'Donum Veritatis' vom Mai 1990 erinnert, die Theologen bei Schwierigkeiten mit dem Lehramt zu 'schweigendem und betendem Leiden' (Nr. 31) aufruft", so Remenyi. Es brauche daher in der katholischen Kirche "eine echte, wirkliche Wissenschaftsfreiheit", andernfalls könne es keine "vitale, produktive Theologie" geben.

Matthias Reményi ist Professor für Fundamentaltheologie und vergleichende Religionswissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Würzburg. Er ist seit September 2023 Co-Leiter der Arbeitsgemeinschaft Katholische Dogmatik und Fundamentaltheologie des deutschen Sprachraums. (ben)