Theologe: Sanktionen gegen Burke könnten Bumerang für Papst sein
Nach Ansicht des Kirchenhistorikers Massimo Faggioli könnten die Sanktionen von Papst Franziskus gegen Kardinal Raymond Burke zu einem Bumerang für den kirchenpolitischen Kurs des Pontifex werden. "Burke wird jetzt noch mehr Spenden von reichen katholischen Familien aus den USA erhalten", sagte Faggioli der argentinischen Zeitung "La Nación" am Wochenende. Der US-Kardinal werde von einer kleinen, aber radikalisierten Gruppe von Anhängern unterstützt, die sich von der weitreichenden Einschränkung der Feier der Alten Messe durch Franziskus im Jahr 2021 angegriffen gefühlt habe, so der in den USA lehrende Theologe. Die finanziellen Sanktionen gegen Burke würden diese Menschen zu der irrigen Ansicht bringen, "dass sie verfolgt werden und Widerstand gegen diese 'häretische' Pontifikat leisten müssten".
Die Ultrakonservativen in der Kirche schöpften Kraft aus der Hoffnung auf ein baldiges Konklave, so Faggioli weiter. Der Gesundheitszustand von Franziskus zeige immer deutlicher, dass die nächste Papstwahl "nicht in zehn Jahren, sondern in ein, zwei oder drei Jahren" stattfinden werde. Der Theologe kritisierte zudem die Kommunikation des Vatikan zu den Sanktionen gegen Burke: "Bislang hat noch niemand im Vatikan diese Strafe öffentlich mitgeteilt oder erklärt." Das führe dazu, dass eine persönliche Kränkung von Franziskus als Grund vermutet werde. Seine ultrakonservativen Gegner innerhalb der Kirche würden die Gelegenheit nutzen, um von einem Komplott gegen sie zu sprechen. Dazu würden sie nicht nur die einschlägigen Blogs verwenden, sondern auch Qualitätsmedien wie etwa die New York Times.
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In der vergangenen Woche hatten mehrere Medien darüber berichtet, dass der Papst Burkes Kardinalsgehalt reduziert und ihm seine vatikanische Dienstwohnung entzogen habe. Anderen Angaben zufolge sei die Miete für das 400-Quadratmeter-Appartement an der Via della Conciliazione in unmittelbarer Nähe zum Vatikan lediglich von einem sehr reduzierten Betrag auf eine marktübliche Summe erhöht worden. Burke scheint sich Medienberichten zufolge ohnehin mehr in seiner US-amerikanischen Heimat, dem Bundesstaat Wisconsin, aufzuhalten.
Der konservative Kardinal hatte in der Vergangenheit immer wieder den Kurs von Franziskus kritisiert. So gehörte Burke etwa zu den vier Kardinälen, die 2016 nach der Veröffentlichung des Papstschreibens "Amoris laetitia" mittels sogenannter "Dubia" – Fragen zur kirchlichen Lehre an den Vatikan – die vom Papst in bestimmten Fällen eröffnete Möglichkeit des Kommunionempfangs wiederverheirateter Geschiedener kritisierte. Zuletzt hatte er mit vier weiteren Kardinälen im Vorfeld der Weltsynode noch einmal „Dubia“ verfasst, die sich mit grundsätzlichen Fragen zu Sakramenten und Kirchenverfassung beschäftigten.
Ein nicht namentlich genannter Kurienkardinal sagte "La Nación", dass Burke sich bei seiner Papstkritik zu viel herausgenommen habe. "Er hat die rote Linie mehrmals überschritten. Wäre er auf diese Weise mit einem der vorherigen Päpste umgegangen, hätte er schon viel früher Konsequenzen gespürt." Burke sei ein Kardinal im Ruhestand, der andauernd die Autorität von Franziskus infrage stelle und die einfachen Leute verwirre, so der Purpurträger aus dem Vatikan. Es sei daher mehr als widersprüchlich gewesen, dass der Papst Burke sein Gehalt bezahlt und ihm eine Luxus-Wohnung zur Verfügung gestellt habe, in der dieser die "größten Gegner von Franziskus" empfange. (rom)