Rückzugsort für Gegner der "bergoglianischen Kirche"

Papst-Gegner Viganò will traditionalistisches Priesterseminar gründen

Veröffentlicht am 11.12.2023 um 12:16 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Immer offener bewegt sich Ex-US-Nuntius Carlo Maria Viganò auf ein Schisma zu: Nun kündigt er an, ein eigenes Kolleg mit Priesterseminar zu gründen, wo niemand die "Irrlehren des Zweiten Vatikanums" und die "Abweichungen Bergoglios" akzeptieren muss.

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Der ehemalige US-Nuntius und Papst-Gegner Carlo Maria Viganò plant ein traditionalistisches Priesterseminar und -kolleg. In der aktuellen Ausgabe des Magazins seiner Organisation "Exsurge Domine" (Dezember) kündigt der Erzbischof die Gründung eines "Collegium Traditionis" im mittelitalienischen Viterbo an. Neben Seminaristen soll das Kolleg auch ein Zufluchtsort für Kleriker und Ordensleute werden, "die ihrer Pfarrei beraubt oder aus ihrer Gemeinschaft entfernt wurden, weil sie mit dem lehrmäßigen, moralischen und spirituellen Ansatz der bergoglianischen Kirche nicht vereinbar sind". Ein erster Zeitplan sieht eine Eröffnung bereits im nächsten Jahr vor.

In seiner Ankündigung beruft sich Viganò auf den "ehrwürdigen Erzbischof Lefebvre", den Gründer der Piusbruderschaft. Marcel Lefebvre rief die Bruderschaft in Opposition zur Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) ins Leben und wurde zunächst suspendiert und nach unerlaubten Bischofsweihen exkommuniziert. Das Kolleg unterscheide sich von Lefebvres Institut durch seine "italienische und römische Prägung" und die spezifischen Erfordernisse der gegenwärtigen kirchlichen Realität, so Viganò. Es brauche gute und heilige Priester, "die nicht der Erpressung ausgesetzt sind, die Irrlehren des Zweiten Vatikanums oder die Abweichungen Bergoglios" zu akzeptieren, um ihren Dienst zu tun. Unter Viganòs Leitung werde die "erste und einzige traditionelle für ein Seminar bestimmte italienische Einrichtung" entstehen, die mit Lehrern und geistlichen Leitern ausgestattet sein werde, die fest in der Rechtgläubigkeit stehen und eine fundierte Spiritualität pflegen.

Unklar, wo Viganò-Priester wirken werden

Als Bischof kann Viganò zwar gültig Priester weihen. Zur Erlaubtheit ist aber eine Eingliederung in ein Bistum oder eine inkardinationsfähige Gemeinschaft nötig: Nur bei Vorliegen eines sogenannten Weiheentlassschreiben eines Bischofs oder Oberen, der den Geweihten aufnimmt, ist eine Weihe durch andere als den jeweiligen Bischof oder Oberen zulässig. Außerhalb des eigenen Bereichs darf ein Bischof nur mit Erlaubnis des örtlichen Diözesanbischofs Weihen spenden. Ob und welche Gemeinschaft oder Diözese die Weihekandidaten des geplanten Kollegs aufnehmen soll, ist noch nicht bekannt. Sollten die Seminaristen ohne Entlassschreiben geweiht werden, ziehen sie sich automatisch die Suspension als Strafe zu, dürfen ihre Weihevollmachten also nicht ausüben; dem weihenden Bischof wird für ein Jahr die Weihespendung verboten.

Ursprünglich hatte Viganòs Organisation geplant, in der Einsiedelei am Hang des Monte Palanzano eine Benediktinerinnen-Gemeinschaft anzusiedeln. Nach Angaben des Erzbischofs hätten die dafür vorgesehenen Nonnen aus Pienza aber abgesagt. Viganò hatte die Schwestern Anfang des Jahres verteidigt, als ihre Äbtissin vom Vatikan abgesetzt wurde. Viganò war ab 1973 im Diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls, zuletzt war er von 2011 bis 2016 Nuntius in den USA. Nach Ende seiner Amtszeit entwickelte er sich zu einem der schärfsten Kritiker von Papst Franziskus, dem er persönliche schwere Versäumnisse im Umgang mit dem mittlerweile aus dem Kardinals- und Klerikerstand entlassenen Theodore McCarrick vorgeworfen hatte. In den vergangenen Jahren radikalisierte sich Viganò immer mehr und verbreitete vor allem im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie Verschwörungsmythen, politisch sprach er sich für den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und den russischen Präsidenten Wladimir Putin aus. (fxn)