Gegner der einheitlichen Liturgie unterstellen Franziskus Unkenntnis

Trotz Papst-Machtwort weiter Proteste gegen Liturgiereform

Veröffentlicht am 12.12.2023 um 11:44 Uhr – Lesedauer: 

Thrikkakkara ‐ Bis Weihnachten haben die Gegner der einheitlichen syro-malabarischen Liturgie vom Papst Zeit für ein Einlenken bekommen. Die Mahnung von Franziskus scheint zu verhallen: Demonstrativ zelebrierten hunderte Priester in der abgeschafften Form.

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Die Ermahnung des Papstes scheint den syro-malabarischen Liturgiestreit nicht zu befrieden. Bei Feierlichkeiten anlässlich des hundertsten Jubiläums der Errichtung der Hierarchie der Kirche feierten indischen Medienberichten zufolge am Sonntag in Thrikkakkara etwa 400 Priester gemeinsam die Messe – entgegen des Synodenkompromisses durchweg dem Volk zugewandt. Am Donnerstag hatte Papst Franziskus in einer Videobotschaft den protestierenden Gläubigen in der Großerzdiözese Ernakulam-Angamaly das Ultimatum gesetzt, bis Weihnachten die von der Synode der syro-malabarischen Kirche beschlossene einheitliche Form der Liturgie zu übernehmen. Ansonsten drohten sie, zur Sekte zu werden.

Bei der an die Messe am Sonntag anschließenden Versammlung äußerte der ehemalige Richter am Obersten Gericht Indiens, Kurian Joseph, Zweifel am Informationsstand des Papstes. Joseph ist einer der Wortführer der Gläubigen, die die einheitliche Form der Messe ablehnen. Der Papst sei der Garant der Einheit und werde auch von den Protestierenden respektiert und geliebt. Aber er könne auch Fehler machen: "Der Papst soll die Wahrheit kennen, mehr hoffe ich nicht. Ein Papst, der die Wahrheit kennt, würde sie niemals ignorieren", so Joseph.

Papst lässt sich von seinem Sondergesandten unterrichten

Die syro-malabarische Kirche wies die Behauptung zurück, der Papst wisse nicht über die Situation Bescheid und habe auf der Grundlage falscher Informationen gehandelt. "Die Propaganda, dass der Papst im Irrtum sei, ist ein gescheiterter Versuch, den Ungehorsam gegenüber dem Papst zu rechtfertigen", heißt es in der Erklärung vom Montag: "Nehmen wir demütig den Aufruf des Papstes an, die Wunden zu heilen, die Gemeinschaft wiederherzustellen und in der Gemeinschaft der katholischen Kirche fortzufahren." Ebenfalls am Montag traf sich Papst Franziskus mit seinem Sondergesandten für die Syro-Malabaren, dem slowakischen griechisch-katholischen Erzbischof Cyril Vasiľ.

Zugleich mit der Videobotschaft hatte der Papst auch die Leitungsstruktur des Großerzbistums verändert und sowohl den Rücktritt des Großerzbischofs, Kardinal George Alencherry, und des Apostolischen Administrators, Erzbischof Andrews Thazhath, angenommen. Geleitet wird die Erzdiözese von dem emeritierten australischen Bischof Bosco Puthur, der vom Papst zum neuen Apostolischen Administrator ernannt wurde. Puthur leitet nur das Großerzbistum selbst, die syro-malabarische Kirche insgesamt wird bis zur Wahl eines neuen Großerzbischofs durch die Synode von Bischof Sebastian Vaniyapurackal als Administrator geleitet. Voraussichtlich wird die Synode der syro-malabarischen Kirche Anfang Januar einen neuen Großerzbischof wählen. Als großerzbischöfliche Kirche wählt die Synode der syro-malabarischen Kirche ihren Großerzbischof frei, der Papst muss den Gewählten bestätigen.

Liturgiestreit überschattet Jubiläum der Kirche

In der syro-malabarischen Kirche schwelt seit Jahren ein Streit um die Feier der Liturgie, die Heilige Qurbana. Die Kirche im Südwesten Indiens geht auf die Thomaschristen zurück und steht in Einheit mit dem Papst. Ihre Liturgie folgt dem ostsyrischen Ritus. 1923 wurde die Hierarchie der großerzbischöflichen Kirche errichtet, nachdem die Syro-Malabaren zuvor jahrhundertelang von der lateinischen Kirche verwaltet wurde und erst 1896 einheimische Bischöfe erhielt. Vor allem entzündet sich der Streit an der Zelebrationsrichtung: Während einige Gläubige in Anlehnung an den römischen Ritus die Richtung zum Volk bevorzugen, ist die traditionelle Richtung die nach Osten, mit dem Rücken zum Volk. Ein Kompromiss der syro-malabarischen Synode vom August 2021 sieht vor, dass der Priester bis zum Hochgebet zur Gemeinde hin zelebriert und sich dann erst zum Ende des Gottesdienstes wieder zur Gemeinde umdreht.

An dieser Regelung wurde Kritik laut, weil sie ohne Beratungen mit Priestern und Laien erfolgt sei. Vor allem im Großerzbistum Ernakulam-Angamaly eskalierte der Konflikt. Im August ernannte Papst Franziskus den slowakischen Erzbischof Cyril Vasiľ zum Apostolischen Delegaten, um im Streit zu vermitteln. Trotz seiner Bemühungen ist ein Ende des Disputs nicht in Sicht. Mehrere Priester wurden durch Vasil ihres Amtes enthoben, gegen seine Einsetzung gab es Demonstrationen. Ende November hatte der Apostolische Administrator verfügt, dass Priesterkandidaten nur dann geweiht werden, wenn sie sich schriftlich zur Feier der einheitlichen Liturgie verpflichten. (fxn)