Passauer Bischof hofft auf klärende Wirkung von "Fiducia supplicans"

Oster: Neuerung von Vatikan-Erklärung liegt in Verständnis von Segen

Veröffentlicht am 20.12.2023 um 13:11 Uhr – Lesedauer: 

Passau ‐ Anfang der Woche sorgte die Erklärung "Fiducia supplicans" für Aufsehen. Viele deutsche Bischöfe begrüßten die Möglichkeit der Segnung homosexueller Paare – so auch Stefan Oster. Doch der Passauer Bischof sieht das Novum des Textes an anderer Stelle.

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Der Passauer Bischof Stefan Oster sieht in der Vatikan-Erklärung zu Segnungen für homosexuelle Paare und wiederverheiratete Geschiedene vor allem eine Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre vom Segen. "Was Kardinal Fernandez nun aber als tatsächliche Neuerung bringt: Er entwickelt die Lehre vom Segen ausdrücklich außerhalb der liturgischen Feiern weiter", schreibt Oster in einem Beitrag auf seiner persönlichen Internetseite, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Das Papier "Fiducia supplicans" des Glaubensdikasteriums, dem Kardinal Victor Manuel Fernandez als Präfekt vorsteht, beziehe sich vor allem auf Alltagssituationen, in denen um einen Segen gebeten werde. Die Erklärung deute entsprechende Anfragen "theologisch als eine aufsteigende Segensbitte um Gottes Gnade und darum, als Bittender besser leben zu können", so der Passauer Bischof. Durch die Ausweitung einer solchen Bitte auf Paare in "irregulären Situationen", wie es in "Fiducia supplicans" heiße, könne "nun jeder Mensch und auch jedes Paar gesegnet werden".

Es gebe bei Segenshandlungen zwar eine innere Logik nach dem Verständnis: "Wer segnen will, müsste damit ja auch gutheißen (= bene-dicere), was all die Zeit vorher als Sünde galt und immer noch gilt." Doch die Erklärung lege dar, dass dieser Zusammenhang nicht immer zwangsläufig gegeben sei. "Wenn wir Segen in jener Differenzierung verstehen, die Kardinal Fernandez uns nun vorlegt, und die ausdrücklich von Papst Franziskus bestätigt wurde, dann geht es." Die Lehre der Kirche zu Ehe und Sexualität werde jedoch nicht geändert.

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Oster zeigte sich dankbar für die Erklärung des Dikasteriums für die Glaubenslehre, weil sie der Kirche in den aktuellen "polarisierten Debatten um dieses Thema" weiterhelfen könne. "Jetzt wird der Spielraum für den gemeinsamen pastoralen Weg weiter. Ein Gebet um Gottes Segen und seinen guten Geist im Sinn der Kirche muss nicht mehr im Widerspruch zur Kirche stehen." In diesem Sinn sei das Dokument ein Segen für die Seelsorger, die queere Menschen begleiteten. Der Text führe auch eine Klärung herbei, wie ein entsprechender Segen auszusehen habe. Es solle keine ritualisierten Vorlagen dazu geben, "also kein so genanntes Rituale für einen Gottesdienst", betont Oster. Auch solle die konkrete Beziehung ausdrücklich nicht gutgeheißen oder bestätigt werden.

In Deutschland könne "Fiducia supplicans" klärend wirken, weil der Text im Anschluss an den Synodalen Weg den Bitten vieler Synodaler um Segnungen homosexueller Paare entgegenkomme, so der Bischof. "Andererseits könnte er eine Entwicklung, die Gefahr läuft, sich von der Weltkirche zu entfernen, aufhalten, indem er ausdrücklich Liturgien und Rituale solcher Segnungen untersagt." Inzwischen seien längst Initiativen gestartet worden, die solche Texte und Liturgien entwerfen wollen oder schon ausformuliert haben, um den Segnungen einen Rahmen analog zu einer Trauung zu geben. Auch für den weltweiten synodalen Prozess sieht Oster einen klärenden Einfluss des Dokuments. Werde die Erklärung entsprechend ihrer Neuerungen bei der Lehre vom Segen aufgenommen, bliebe das Thema bei der Weltsynode kommenden Oktober grundsätzlich außen vor, hofft der Bischof. "Und die Synodalen könnten sich nach dem Wunsch von Papst Franziskus nun tatsächlich konzentrierter um das eigentliche Hauptthema kümmern: Nämlich darum, eine mehr synodale, missionarische und partizipative Kirche zu werden."

Das vatikanische Glaubensdikasterium hatte am Montag eine Grundsatzerklärung mit dem Titel "Fiducia supplicans" (deutsch: Das flehende Vertrauen) veröffentlicht. Sie erlaubt es Seelsorgern nun, unverheiratete und homosexuelle Paare zu segnen. Dabei müsse aber eine Verwechslung mit einer Eheschließung ausgeschlossen werden. So dürfe der Segen nicht in einem gottesdienstlichen Rahmen erfolgen, heißt es in dem Dokument. Die katholische Lehre, wonach die sexuelle Vereinigung nur innerhalb einer Ehe von Mann und Frau erlaubt sei, bleibe unverändert. Die Glaubensbehörde hatte das Dokument mit ausdrücklicher Zustimmung von Papst Franziskus herausgegeben. Die Deutsche Bischofskonferenz begrüßte in einer ersten Reaktion die vatikanische Erklärung. (rom)