Erklärung zu "Fiducia supplicans": Zarte Triangel statt Paukenschlag
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"Roma locuta, causa finita". Der bekannte Rechtsgrundsatz aus dem Kirchenrecht besagt, dass eine Sache dann abgeschlossen und nicht weiter zu beraten ist, wenn Rom, also die höchste kirchliche Instanz, darüber entschieden hat. Ist es dem Zeitgeist geschuldet, dass dieser Rechtssatz, der dem heiligen Augustinus zugeschrieben wird, in letzter Zeit im Aufweichen begriffen ist?
Tatsächlich offenbaren die vergangenen Jahre eine deutliche Zunahme öffentlicher kircheninterner Kritik. Mal steht der Heilige Vater in personam am Pranger, attackiert von Mitbrüdern im Bischofsamt, mal lehramtliche Lehrentscheidungen wie die Einführung oder Zurücknahme der Zelebration des Tridentinischen Messritus. Mal gibt es Apostelnachfolger, die Verschwörungstheorien um den Rücktritt Benedikts XVI. vom Papstamt anhängen, mal kritisieren Kardinäle oder Bischöfe vereinzelt ein Contra genauso wie ein Pro der kirchlichen Segnung homosexueller Partnerschaften oder Personen.
Allzu gerne argumentieren die Kritiker Roms mit der Anbiederung an den Zeitgeist und machen dabei auch nicht vor dem in Stein gemeißelt Grundsatz des "Roma locuta" halt. Das kleine Schifflein Petri in Rom hat schon viele Stürme durchfahren. Gewöhnlich hielt man an der ungeschriebenen Tradition fest, Kritiker zu ignorieren oder durch Exkommunikation zum Schweigen zu bringen. Die jüngste als "Pressemitteilung" titulierte Veröffentlichung des Glaubensdikasteriums im Nachgang zu "Fiducia supplicans" ist eine Reaktion auf Kritiker aus den eigenen bischöflichen Reihen. Mit einer so schnellen Reaktion aus Rom hat wohl keiner gerechnet. Doch statt eines Paukenschlags gegen innerkirchlichen Widerstand, wie er sonst gerne gegen andere Kritiker eingesetzt wird, ist nur der zarte Klang einer Triangel zu hören. Ist das die neue römische Diskussionskultur im Zeichen von Synodalität und Einlasstür für den Glaubenssinn aller Gläubigen? Oder zeugt es nicht viel mehr von der Schwäche, klare und eindeutige Antworten zu geben?
Die Autorin
Schwester Dr. Maria Gabriela Zinkl SMCB kommt aus Regensburg und ist Borromäerin im Deutschen Hospiz St. Charles in Jerusalem. Sie arbeitet als Dozentin für Kirchenrecht und als Pädagogin.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.