Vatikan ruft Gegner von Segens-Erklärung zum Einlenken auf
Der Vatikan hat innerkirchliche Gegner der Segenserlaubnis für gleichgeschlechtliche Paare zum Einlenken aufgerufen. Auch jene Bischöfe, die solche Segnungen zunächst noch nicht erlaubten, müssten "in der Überzeugung wachsen", dass eine spontane Segnung etwa für gleichgeschlechtliche Paare "keine Rechtfertigung für alle ihre Handlungen und sie keine Bestätigung für das von ihnen geführte Leben" darstelle, schreibt der Präfekt des Glaubensdikasteriums, Víctor Manuel Fernández, in einer am Donnerstag veröffentlichen Stellungnahme.
Fernández verweist auf die sehr unterschiedliche Aufnahme von "Fiducia supplicans" in der Weltkirche. Sie könne "unter praktischen Aspekten mehr oder weniger Zeit für ihre Anwendung, je nach den örtlichen Gegebenheiten und dem Urteil des jeweiligen Diözesanbischofs in seiner Diözese, benötigen". Mancherorts stehe einer sofortigen Anwendung nichts mehr im Wege, woanders brauche man mehr Zeit. Dies alles stelle keine Schwierigkeit dar, "wenn es mit dem gebührenden Respekt vor einem vom Papst unterzeichneten und approbierten Text geäußert wird, der versucht, die darin enthaltenen Überlegungen in irgendeiner Weise zu berücksichtigen." Damit sei aber nicht "eine totale oder endgültige Verweigerung" gemeint.
Gleichzeitig merkt der Glaubenspräfekt an, dass es in mehreren Ländern "starke kulturelle und sogar rechtliche Schwierigkeiten" gebe, die Zeit und pastorale Strategien erforderten. Wo etwa Homosexualität an sich bestraft werde, "versteht es sich von selbst, dass eine Segnung nicht angezeigt wäre". Denn Bischöfe wollten homosexuelle Menschen "nicht der Gewalt aussetzen". In solchen Situationen sei es wichtig, dass Bischofskonferenzen "die Notwendigkeit von weiteren Studien und weiteren Unterscheidungen in den Blick nehmen, um in einem solchen Kontext mit pastoraler Klugheit handeln zu können". Fernández unterstreicht hier den pastoralen Auftrag, der neben der Verteidigung der Menschenwürde auch das Lehren der Soziallehre der Kirche umfasse.
Segenserklärung sorgt in der Weltkirche für geteiltes Echo
Mit der Erklärung "Fiducia supplicans" hatte Glaubenspräfekt Fernández Mitte Dezember erlaubt, Paare in "irregulären Situationen", also etwa wiederverheiratete Geschiedene oder homosexuelle Paare, abseits von Gottesdiensten zu segnen. Dabei war die Lehre der Kirche, nach der sexuelle Beziehungen außerhalb der sakramentalen Ehe Sünde seien, nicht angetastet worden.
Vor allem in afrikanischen Ländern hatte es anschließend erhebliche Vorbehalte gegen "Fiducia supplicans" gegeben, unter anderem hatte sich die nigerianische Bischofskonferenz gegen Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare positioniert. Von den 69 Ländern weltweit, die gleichgeschlechtliche Beziehungen kriminalisiert haben, liegen 33 in Afrika. Doch auch andernorts gab es Gegenwind für die Erklärung: Die polnische Bischofskonferenz lehnte Segnungen ab, in den USA zeigten sich anhand der Rezeption des Dokuments bereits seit Jahren bestehende tiefe Spaltungen in der Kirche.
Den Kritikern hält Fernández entgegen, dass die Erklärung fest bei der überlieferten Lehre der Kirche über die Ehe stehe und keine Art von liturgischem Ritus oder diesem ähnliche Segnungen zulasse, die “Verwirrung stiften könnten". Entsprechende Riten oder Gebete, seien deshalb unzulässig. Dies sei auch der Sinn des "Responsums" des Vatikan aus dem Jahr 2021, in dem die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare noch abgelehnt worden war. Daher biete die Erklärung "keinen Rahmen, um ihr gegenüber lehrmäßig in Distanz zu gehen oder sie als häretisch, der kirchlichen Tradition zuwiderlaufend oder blasphemisch zu betrachten", so die Stellungnahme.
Betonung verschiedener Segensformen
Fernández betont, dass das "eigentliche Neue" der Vatikan-Erklärung nicht Segnung von Paaren in irregulären Beziehungen sei, sondern die Unterscheidung zwischen zwei Formen von Segnungen, nämlich der liturgischen und der spontanen. Dabei betont er die Verschiedenheit der beiden - und dass er bei Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare an "spontane" Segnungen beziehungeweise an "Segnungen aus pastoraler Fürsorge" denke, also außerhalb der Liturgie. Das klassische Verständnis von Segnungen solle demnach erweitert und bereichert werden. Dies solle insbesondere in Hinsicht auf der "positiven Bewertung der 'volksnahen Pastoral', die in vielen Texten des Heiligen Vaters aufscheint", geschehen. "Jenseits der Polemik ruft der Text daher zu einer gelassenen Reflexion mit dem Herzen eines Seelsorgers auf, die frei von jeder Ideologie ist", so Fernández.
Zur Form der "Segnungen aus pastoraler Fürsorge" schreibt Fernández, sie sollten "sehr kurz" sein und dementsprechend nur “wenige Sekunden” dauern, "ohne Ritual und ohne Benediktionale". Man bete schlicht für Frieden, Gesundheit und dafür, dass die Gesegneten "das Evangelium Christi in voller Treue leben mögen". Da es sich nicht um eine "Eheschließung" oder "Approbation" handele, stelle der Priester keine Bedingungen und "will auch nichts über das Intimleben dieser Menschen erfahren".
Zuletzt schlägt Fernández eine Katechese vor, damit dem Volk Gottes dabei geholfen werde zu entdecken, "dass diese Art von Segnungen nur einfache pastorale Mittel sind, die den Menschen helfen, ihren Glauben zu manifestieren, auch wenn sie große Sünder sind". So könne man sich "von der Angst befreien, dass unsere Segnungen etwas Unzulängliches ausdrücken könnten". (cph)