Kommunikationsmittel der Gnade Gottes
Der Begriff "Sakrament" geht auf das lateinische Wort "sacramentum" zurück und bezeichnete in der Antike den Fahneneid römischer Legionäre. Mit ihrer Eidesleistung ordneten sich die Soldaten nicht nur dem Dienstherren, sondern auch dem jeweiligen Kultgott unter und übereigneten sich so dem Bereich des "Heiligen" (lat. "sacrum"). Einzug in die Kirche erhielt das Wort durch die spätantike lateinische Bibel "Vulgata", die "sacramentum" als Übersetzung des griechischen Begriffs "mysterion" (dt. "Geheimnis") verwendete.
Damit ist der Begriff "Sakrament" jedoch jünger als die liturgische Praxis selbst, für die er heute steht. Denn bereits in der frühen christlichen Kirche waren vor allem Taufe und Eucharistie bereits fester Bestandteil des Glaubenslebens und Sakrament im heutigen Sinn: nämlich liturgische Zeichenhandlung. Dass gerade Taufe und Eucharistie diese herausragende Stellung innehatten - und auch noch immer haben - liegt nicht nur an ihrer theologischen Bedeutung, sondern auch daran, dass es für ihre Einsetzung durch Jesus Christus zahlreiche biblische Belege gibt. Jesus wurde von Johannes im Jordan getauft und hat seine Jünger zur Taufe beauftragt. Und Jesus hat das Abendmahl mit seinen Jüngern gefeiert, bevor er ausgeliefert und gekreuzigt wurde.
Die Ehe ist ein sakramentalischer Sonderfall
Aber auch für die übrigen Sakramente und ihre Einsetzung durch Jesus finden sich - wenn auch nicht so eindeutig - biblische Anhaltspunkte: das Handauflegen, mit dem bei der Firmung der Heilige Geist vermittelt (Apg 8,14-17) oder ein Amt - wie bei der Priesterweihe - übertragen wird (Apg 6,5.6). Das Einreiben mit Öl wie bei der heutigen Krankensalbung (Mk 6,13) oder die Vergebung der Sünden wie bei der heutigen Beichte (Mt 15,18).
Ein Sonderfall ist dagegen die Ehe, die nicht durch ein konkretes Wort Jesu, sondern als Abbild der Liebesbeziehung zwischen Christus und seiner Kirche Sakrament ist (Eph 5,32). Dass die katholische Kirche heute genau sieben Sakramente besitzt, geht auf das Konzil von Trient (1545-1563) zurück, das die Zahl festgelegt und mit der Einsetzung durch Jesus Christus begründet hat. Damit klärte das Konzil einerseits innerkirchliche Unsicherheiten, da die Zahl der Sakramente bis ins Mittelalter zwischen gerade einmal zwei und bis zu 30 Sakramenten schwankte. Andererseits wehrte sich das Konzil gegen die Reformatoren um Martin Luther, die lediglich die Taufe und das Abendmahl anerkannten.
Die theologischen Deutungen der Sakramente sind dagegen fast so alt, wie die liturgischen Handlungen selbst. Einen wichtigen Beitrag zum Verständnis leistete der Kirchenvater Augustinus, der die Sakramente als sichtbare Zeichen einer unsichtbaren Wirklichkeit deutete und damit klarstellte: Ein Sakrament ist mehr als bloßes Symbol. Es enthält göttliche Gnade - also die liebende Zuwendung Gottes zum Menschen und sogar "den ganzen Christus", der in den Sakramenten der eigentlich Handelnde ist und durch den Heiligen Geist die Gnade bewirkt. Ein Sakrament wirkt deshalb immer durch die vollzogene Handlung allein (lat. "ex opere operato") ungeachtet des Glaubens oder moralischen Charakters von Spender oder Empfänger.
Das äußere Zeichen des Sakraments besteht immer aus zwei nicht voneinander zu trennenden Teilen: Materie und Form. Die Materie ist die sinnlich wahrnehmbare Komponente wie Wasser, Öl oder die Handauflegung. Sie eignet sich als natürliches Symbol für das, was das Sakrament bewirken soll. Heißt auf die Taufe angewendet: Wasser wäscht den Körper von Schmutz rein wie es die Taufe von der Erbschuld tut. Die Form besteht dagegen aus festgelegten Worten, die der Spender des Sakraments ausspricht. Für Augustinus sind die Worte das "vornehmste Zeichen", weil sie Worte der Kirche sind und die sinnlich wahrnehmbaren Zeichen erst deuten.
Jesus selbst ist das Ur-Sakrament
Neben den sieben Einzelsakramenten ist Jesus selbst das Ur-Sakrament. Die Bezeichnung soll verdeutlichen, dass Christus ihr Ursprung und Stifter und dadurch nicht von ihnen zu trennen ist. Und auch die Kirche als Ganze ist Sakrament. Und zwar ein allumfassendes Heils- und Wurzelsakrament, das laut Zweitem Vatikanischen Konzil "Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit" ist (Konstitution Lumen Gentium 1).
Heute spricht man bei den Sakramenten meist von Realsymbolen. In ihnen werden die Taten Gottes von der Gemeinde und dem einzelnen Gläubigen lobend und dankend angenommen. Die Sakramente sind Zeichen der Gnade und zugleich auch ihre Ursache, da sie selbst Gnade erwirken. Da Gott jedoch immer und überall gnädig gegenwärtig ist, kann der Empfang eines Sakraments kein "Mehr an Gnade" zur Folge haben, sondern nur die persönlichen Beziehung zu Gott verbessern. Sakramente sind Kommunikationsmittel, die die Gnade Gottes greifbarer werden lassen und den Empfänger im Glauben und im Leben stärken.