Streit um Segens-Erklärung: Kardinal Zuppi betont Einheit mit Papst
In der Debatte um die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren hat der italienische Kardinal Matteo Zuppi die Linie von Papst Franziskus mit Nachdruck verteidigt. In einer Grundsatzrede vor dem Ständigen Rat der Italienischen Bischofskonferenz sagte Zuppi am Montag, Italiens Bischöfe nähmen das Vatikan-Dokument "Fiducia supplicans" im Geist der Barmherzigkeit an. In dem Text über die mögliche Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren zeige sich "der liebevolle Blick der Kirche für alle Kinder Gottes", ohne die verbindlichen Lehren der Kirche abzuschaffen.
Zuppi erklärte: "Gott will, dass alle gerettet werden". Daher sei es Aufgabe der Kirche, sich für alle und jeden einzusetzen. "Wir können nicht vergessen, dass alle Getauften die volle Würde der Kinder Gottes haben und als solche unsere Brüder und Schwestern sind." Der 68-Jährige ist Erzbischof von Bologna und seit Mai 2022 Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz (CEI). Diese ist mit 231 Mitgliedern die mit Abstand größte Bischofskonferenz in Europa. Der Text "Fiducia supplicans" hatte zu scharfen innerkirchlichen Debatten in einigen Teilen der weltweiten katholischen Kirche geführt.
Kirche nach Corona-Ende orientierungslos
In seiner Ansprache ging Zuppi ausführlich auf die derzeitige Krise der katholischen Kirche ein. Ähnlich wie weite Teile der Gesellschaft erscheine die Kirche seit dem Ende der Corona-Pandemie orientierungslos. Es gebe ein Gefühl des Verfalls, der an Indikatoren wie dem Rückgang der Priesterberufungen und der Gottesdienstbesucher sowie am verminderten gesellschaftlichen Gewicht der Kirche festgemacht werde. Dieses Gefühl des Verfalls mache sich unter Priestern und Gläubigen breit, und eine Kirche, die sich zu sehr mit sich selbst beschäftige werde unattraktiv, vor allem für junge Menschen.
Angesichts dieser Lage rief Zuppi die Kirche auf, sich ihres Auftrags von neuem bewusst zu werden: Die Kirche sei heute dazu berufen, "sie selbst zu sein, mit offenem Geist, mutigem Herzen und weitsichtigem Verstand". Sie sei von Gott berufen angesichts des Hungers nach Sinn und Glauben bei so vielen Menschen und der verbreiteten Orientierungslosigkeit und Isolation. Daher, so Zuppi weiter, sei die Gegenwart nicht nur die Ära der Säkularisierung, sondern auch die der Kirche. Es sei keine Zeit des Niedergangs, sondern die Zeit der Berufung, die Kirche Gottes zu sein. "Lassen wir uns nicht einschüchtern von einer Kultur, für die der Glaube am Untergehen ist", betonte Zuppi.
Er erinnerte daran, dass die Kirche in den vergangenen 50 Jahren viele Krisen überstanden habe, "weil ihre Hirten keine Angst hatten, das Evangelium zu predigen und sich bewusst waren, dass sie eine Mission haben." Auch damals habe man geschrieben, dass das Christentum dem Untergang geweiht sei. "Lassen wir uns von Zerbrechlichkeit und Kleinheit nicht erschrecken! Sie sind nicht nur Indikatoren eines Problems, sondern die alltägliche Wirklichkeit, in der die Kirche schon immer lebt", betonte der Kardinal. Zuppi hielt seine Rede vor dem Ständigen Rat der CEI. Dieser setzt sich aus dem Präsidium der nationalen Bischofskonferenz, den Vorsitzenden der 16 regionalen Bischofskonferenzen Italiens und der 12 Ständigen Kommissionen der Bischofskonferenz zusammen. (KNA)