Sie seien nicht als "öffentlicher Arbeitgeber" anzusehen

Urteil: Kirchen müssen behinderte Stellenbewerber nicht einladen

Veröffentlicht am 26.01.2024 um 11:26 Uhr – Lesedauer: 

Erfurt ‐ Kirchliche Arbeitgeber müssen Menschen mit Behinderung nicht zum Bewerbungsgespräch einladen: Die gesetzliche Pflicht, schwerbehinderte Stellenbewerber bei gleicher Eignung einzuladen, besteht laut dem Bundesarbeitsgericht für sie nicht.

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Kirchliche Arbeitgeber müssen bei Stellenausschreibungen gleich geeignete schwerbehinderte Bewerber und Bewerberinnen nicht zwingend zum Vorstellungsgespräch einladen. Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Donnerstag urteilte, nehmen die evangelische Kirche und ihre Untergliederungen keine staatlichen Aufgaben wahr und sind damit nicht als "öffentlicher Arbeitgeber" anzusehen. Nur für "öffentliche Arbeitgeber" besteht die gesetzliche Verpflichtung, schwerbehinderte Stellenbewerber bei gleicher Eignung und Qualifikation zum Bewerbungsgespräch einzuladen, betonten die Erfurter Richter. (AZ: 8 AZR 318/22)

Hintergrund des Rechtsstreits war die Stellenausschreibung eines Kirchenkreises der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR). Der Kirchenkreis hatte für sein Verwaltungsamt eine Vollzeitstelle in der Finanzbuchhaltung zu besetzen. Als Qualifikation war die Ausbildung zur/zum Verwaltungsfachangestellten oder eine vergleichbare Ausbildung angegeben. Auf die Stelle bewarb sich auch der mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 60 eingestufte schwerbehinderte Kläger. Er wies auf seine Schwerbehinderung und seine Qualifikation als Großhandelskaufmann hin. Mit Schreiben vom 15. Mai 2020 erteilte ihm der Kirchenkreis eine Absage. Eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erfolgte nicht.

Diskriminierung?

Der Kläger wertete dies als Indiz für eine Diskriminierung wegen seiner Behinderung. Er verlangte vom Kirchenkreis eine Entschädigung in Höhe von 7.500 Euro. Er berief sich auf die gesetzliche Verpflichtung, dass "öffentliche Arbeitgeber" schwerbehinderte Stellenbewerber zum Vorstellungsgespräch einladen müssen. So sollten Bewerber die Chance erhalten, den Arbeitgeber trotz ihrer Behinderung von ihrer Eignung überzeugen zu können. Als "öffentlicher Arbeitgeber" würden danach nicht nur staatliche Einrichtungen, sondern auch "jede sonstige Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts" gelten, trug der Mann vor.

Damit seien auch kirchliche Arbeitgeber als "öffentliche Arbeitgeber" anzusehen. Es bestünden gewisse "staatsähnliche Rechte" wie das Recht zum Steuereinzug und Steuervergünstigungen. Dem stehe auch nicht das verfassungsrechtliche Selbstbestimmungsrecht der Kirchen entgegen, die nach dem Grundgesetz ihre "eigenen Angelegenheiten" selbst regeln dürfen. Denn es gehöre nicht zu den "eigenen Angelegenheiten" der Kirche, Schwerbehinderte bei der Einladung zu Vorstellungsgesprächen weniger gleichzustellen als andere öffentliche Arbeitgeber.

Doch sowohl das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz als auch das BAG wiesen die Klage auf Entschädigung aufgrund einer Benachteiligung wegen der Behinderung ab. Kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts seien keine "öffentlichen Arbeitgeber", urteilten die obersten Arbeitsrichter. Eine Verpflichtung zur Einladung schwerbehinderter Stellenbewerber zu einem Vorstellungsgespräch bestehe daher nicht. Die Einladungspflicht greife nur bei Körperschaften, "die staatliche Aufgaben wahrnehmen". "Kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts dienen demgegenüber primär der Erfüllung kirchlicher Aufgaben", erklärte das BAG. (epd)