Standpunkt

Weihe unabhängig von Geschlecht und Familienstand hilft der Kirche!

Veröffentlicht am 07.02.2024 um 00:01 Uhr – Von Stefan Kiechle SJ – Lesedauer: 

Bonn ‐ Pfarrer will kaum mehr jemand werden. Deswegen schlägt Pater Stefan Kiechle vor, ältere Katholiken für ehren- oder nebenamtliche priesterliche Dienste zu weihen. Das könnte viele positive Effekte haben, glaubt er.

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Derzeit bin ich, wie gelegentlich, in einem Ferienhaus auf dem Land, um ein Buch zu schreiben. Sonntags gehe ich im nächsten Dorf zur Messe. Zeitweise feiere ich vertretungsweise die Messe mit der Gemeinde. In meiner Jugend gab es dort jeden Sonntag zwei Eucharistiefeiern, die recht große Kirche war immer voll, auch mit Touristen. Heute gibt es alle 14 Tage eine Eucharistiefeier, die Kirche ist spärlich besetzt, Ministranten gibt es kaum, die Generation von 16 bis 50 ist, mit Ausnahme einiger Mütter, fast ganz abwesend. Derzeit zelebriert meist ein junger Priester aus Afrika, sehr ehrenwert und fleißig, aber seine Frömmigkeitskultur und seine Aussprache sind nicht leicht verständlich. In wenigen Jahren wird eine Riesenpfarrei mit über 20 Dörfern gebildet, Eucharistie gibt es dann alle paar Monate. Nach weiteren 10 Jahren gibt es wohl für die meisten dieser Riesenpfarreien keinen Pfarrer mehr.

Konservative Katholiken wollen die "sakramentale Grundstruktur der Kirche" retten. Das bedeutet für sie: Leitungsämter nur für Priester; diese freilich zölibatär und männlich. Pfarrer will aber in dieser Situation kaum mehr jemand werden. Also werden die Pfarreien immer größer, eigentlich Dekanate, in Italien wären sie Bistümer. Ohne Eucharistie aber vertrocknet die sakramentale Kultur, letztlich besiegt durch den Zölibat und das Verbot der Frauenweihe. Wortgottesfeiern gibt es hi und da, gut gestaltet, aber zu wenige – auch dafür kommen übrigens keine Hauptamtlichen nach, man müsste schon jetzt viel mehr Ehrenamtliche ausbilden. Viele Menschen wollen freilich Eucharistie – sie sind so erzogen worden, und das ist ja auch katholisch. Verhindert man, um die "sakramentale Grundstruktur" zu retten, die Sakramente?

Im Dorf gibt es einige ältere Katholiken, gut gebildete Menschen, gläubig und glaubwürdig. Warum kann man nicht einige von ihnen – Geschlecht und Familienstand zählen dafür kaum – theologisch und liturgisch fortbilden und sie weihen, für ehren- oder nebenamtliche priesterliche Dienste? Sie würden die sakramentale Kultur pflegen. Sie würden Lebensnähe in die Seelsorge bringen. Die Kirche wäre nicht gleich voller, aber die Gemeinde lebendiger.

Von Stefan Kiechle SJ

Der Autor

Pater Stefan Kiechle SJ ist seit 2018 Chefredakteur der Zeitschrift "Stimmen der Zeit". Zuvor leitete er sieben Jahre die Deutsche Provinz des Jesuitenordens.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.