Standpunkt

Streit um Taufformel übersieht Unterschied von Schöpfer und Geschöpf

Veröffentlicht am 08.02.2024 um 00:01 Uhr – Von Werner Kleine – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der Unterschied zwischen Schöpfer und Geschöpf wird oft vergessen: Auch beim aktuellen Streit um die Taufformel, kommentiert Werner Kleine. Doch ein Blick in "Harry Potter"-Bücher und Bibel könnte Abhilfe schaffen.

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Aquamenti! – mit dieser zauberhaften Wortschöpfung aus aqua (Wasser) und mentis (Geist) gelingt es in der magischen Welt Harry Potters einen feinen, sehr reinen Wasserstrahl zu erzeugen. In der Welt, in die der Mensch hineingeboren ist, will das üblicherweise nicht gelingen. Es steht allein in der Macht Gottes, durch sein Wort Welt und Wirklichkeit zu schaffen.

Dieser feine, aber bedeutsame Unterschied zwischen Schöpfer und Geschöpf wird oft vergessen. Des Schöpfers Worte schaffen Wirklichkeit, Geschöpfe hingegen scheitern an dem eben magischen Missverständnis, dass es an Worten hinge, die gesagt werden. Man kann die Auswirkungen dieses Missverständnisses am Streit um die Taufformel beobachten. Keine Frage: Die Wahl der Worte kann auch hier nicht beliebig sein. Die, die Sakramente empfangen, sollten schon sicher sein, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Aber kann man das Wesen Gottes, der ein schier endlos scheinendes Universum erschaffen hat, so eng denken, dass es – wie in den USA geschehen – an der Verwendung der 1. Person Singular oder der 1. Person Plural in der Taufformel hängt?

Dass die Taufe selbst keine rein christliche Angelegenheit ist, wird schon allein deutlich, wenn man an die Taufe Jesu denkt. Der nämlich empfängt die Umkehrtaufe Johannes des Täufers. Der steht seinerseits schon in einer Tradition verschiedenster jüdischer Riten der Untertauchung, die bis heute in den Mikwaot der Synagogen vollzogen werden. Auch andere Religionen kennen solche Riten der Untertauchung. Christlich wird die Taufe durch die Bedeutung, die sie erhält – und über die schreibt Paulus: "Wisst ihr denn nicht, dass wir, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind? Wir wurden ja mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod, damit auch wir, so wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, in der Wirklichkeit des neuen Lebens wandeln." (Röm 6,3f) Die Taufe wird zur Neuschöpfung in den Leib Christi hinein – und Schöpfungen aller Art sind allein Gott möglich.

Es ist also zum einen der Ritus, der für sich spricht, als auch das vorgängige Bekenntnis zum Glauben an den vom Kreuzestod Auferstandenen, der eine christliche Taufe ausmacht. Die Worte deuten dieses Geschehen aus – nicht mehr aber auch nicht weniger. Kann es da verwundern, dass schon im Neuen Testament für die christliche Deutung der Taufe unterschiedliche Worte überliefert sind? Neben der trinitarischen Formel, die sich in Mt 28,19 andeutet, hat es wohl auch eine rein auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden bezogene Formel gegeben, wie sich in Apg 2,38 erkennen lässt.

Die entscheidende Frage scheint also eher die Taufintention zu betreffen. Man kann höchstens sagen, dass die verwendete Formel der Intention nicht entgegenstehen darf. Wer sich in einer so verstandenen Taufe unter den Schutz Gottes stellt, mag als Getaufter sogar fröhlich rufen: Expecto patronum! – oder wie es am Schluss 1. Korintherbriefes (1 Kor 16,22) auf hebräisch heißt: Marána thá – Unser Herr komm!

Von Werner Kleine

Der Autor

Dr. Werner Kleine ist Pastoralreferent im Erzbistum Köln und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.