Wie der Vatikan ungültigen Sakramentenspendungen entgegenwirken will
Nach der Erklärung vom Dezember, die die Segnung homosexueller und wiederverheirateter Paare unter bestimmten Umständen ermöglicht, hat das Glaubensdikasterium trotz der zahlreichen Diskussionen und Kontroversen nun ein neues Dokument, eine sogenannte Note herausgegeben. Am 3. Februar veröffentlichte das Dikasterium unter Leitung des argentinischen Präfekten Kardinal Victor Fernandez eine neue, von Papst Franziskus approbierte Note mit dem Titel "Gestis verbisque" ("Durch Gesten und Worte"). Bei dem 13-seitigen Text handelt es sich allerdings nicht um eine Erklärung wie etwa das Dokument über die Segnung homosexueller und wiederverheirateter Paare, sondern um eine Note, ein nachrangiges Dokument, zu einem Thema, das bereits seit mehreren Jahren diskutiert wird.
In der neuen Note besteht das Glaubensdikasterium auf einer strikten Einhaltung der Vorschriften bei der Sakramentenspendung und bezieht sich dabei auf alle sieben Sakramente der Kirche. Das sind Taufe, Firmung, Eucharistie, Beichte, Ehe, Krankensalbung sowie Diakonen-, Priester- und Bischofsweihe. Dabei enthalte die Note nichts Neues, erklärt der Kirchenrechtler Ulrich Rhode von der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom gegenüber katholisch.de. "Die Note ruft nur in Erinnerung, was eigentlich schon bekannt sein sollte. Offensichtlich tut sie das, weil in den letzten Jahren deutlich geworden ist, dass nicht überall bekannt ist, dass man die Formeln für die Feier der Sakramente nicht ändern darf und dass Änderungen gravierende Folgen haben können."
Schwere Folgen in der Vergangenheit
Das Glaubensdikasterium nimmt diese schwerwiegenden Konsequenzen zum Anlass und erwähnt in der Note die Vollversammlung des Dikasteriums aus dem Jahre 2022. Damals hatten die Kardinäle und Bischöfe ihre Besorgnis über Situationen zum Ausdruck gebracht, in denen sie gezwungen waren, die Ungültigkeit der gespendeten Sakramente festzustellen. Diese gravierenden Änderungen in der Wortwahl machten vor allem viele Tauffeiern ungültig, die später wiederholt werden mussten.
Bereits vor vier Jahren war eine solche Situation in der Erzdiözese Detroit (USA) bekannt geworden. Dort hatte ein Priester anhand eines Videos seiner eigenen Taufe festgestellt, dass der taufende Diakon die unzulässige Taufformel "Wir taufen dich" verwendet hatte. Daraufhin mussten Taufe, Erstkommunion, Firmung, Diakonen- und Priesterweihe wiederholt werden. Die Taufen, die der Priester später gespendet hatte, waren jedoch gültig, da das Kirchenrecht vorsieht, dass auch Nichtchristen mit der richtigen Intention sowie der Verwendung von Wasser und der Taufformel taufen können. Firmungen hingegen, die er gespendet hatte, mussten wiederholt werden, Ehespendungen wurden im Einzelfall überprüft.
Damals sei man davon ausgegangen, dass die Taufe mit dieser Formel zwar nicht erlaubt, aber gültig sei. Das Glaubensdikasterium habe jedoch in einem so genannten Responsum von 2020, einer Antwort auf vorgelegte Dubia bezüglich der Taufe mit der Formel "Wir taufen dich", festgestellt, dass nur die Taufformel "Ich taufe dich" erlaubt und gültig sei. Personen, die mit einer anderen Taufformel getauft wurden, mussten laut Glaubenskongregation "in forma absoluta" (nach der regulären Taufform) neu getauft werden.
Keine alternative Möglichkeit
Ein ähnlicher Fall sorgte vor zwei Jahren für Schlagzeilen, als die Diözese Phoenix im US-Bundesstaat Arizona wegen einer unzulässigen Formel von Tausenden Betroffenen sprach. Ein Priester taufte ebenfalls mit der Formel "Wir taufen dich" statt wie vorgeschrieben mit "Ich taufe dich". Die Ungültigkeit hatte Auswirkungen auf die weiteren Sakramente, die die Betroffenen empfangen hatten. Diese mussten allesamt wiederholt werden. Eine Alternative dazu gibt es nicht, so Kirchenrechtler Rhode. "Wenn die Betroffenen immer noch getauft sein möchten, gibt es keine andere Möglichkeit, als die Taufe tatsächlich neu zu feiern", so Rhode.
Wenn also die Taufe ungültig ist, sind auch der Empfang der Firmung, des Bußsakramentes, der Krankensalbung und des Weihesakramentes ungültig und müssen wiederholt werden. "Bei der Kommunion ist die Sache komplizierter. Denn beim Sakrament der Eucharistie muss man zwischen der Feier und der Spendung unterscheiden. Die Frage der Gültigkeit betrifft die Konsekration: Wird die Messe gültig gefeiert oder nicht?", so der Kirchenrechtler.
Beim Sakrament der Ehe müsse immer der konkrete Einzelfall geprüft werden, betont Rhode. "Das Sakrament der Ehe kommt nur zustande, wenn beide Brautleute getauft sind", sagt er. Und weiter: "Ein Ungetaufter kann aber unter Umständen eine gültige (nicht-sakramentale) Ehe eingehen. Wenn der Ungetaufte zum Beispiel einen anderen Ungetauften oder einen evangelischen Christen heiratet, kommt zwar kein Sakrament, aber eine gültige Ehe zustande. Glaubt dagegen jemand irrtümlich, katholisch getauft zu sein, und heiratet dann nach kirchlichem Ritus einen katholischen Partner, so liegt das Problem der fehlenden Befreiung vom Hindernis der Religionsverschiedenheit vor. Dies führt zur Ungültigkeit der Ehe."
Unterschiedliche Auffassungen
Dabei gab es in der Vergangenheit durchaus unterschiedliche Auffassungen über die Gültigkeit der Sakramente, vor allem beim Sakrament der Taufe. Im Jahr 2003 hatte sich ein Untersekretär des Dikasteriums für Gottesdienst und Sakramentenordnung in einer kirchlichen Fachzeitschrift zur Gültigkeit von Taufen mit der Formel "Wir taufen dich" geäußert. Darin hieß es, die Verwendung der Formel im Plural stelle die Gültigkeit der Taufe nicht in Frage: "Wenn die drei göttlichen Personen ausdrücklich als Vater, Sohn und Heiliger Geist bezeichnet werden, macht die Verwendung der ersten Person Plural die Spendung des Sakraments nicht ungültig."
Dass auch andere Kleriker ihrer Kreativität freien Lauf ließen und eine andere, weitaus abweichendere Wortwahl benutzten, zeigt eine weitere Note des Glaubensdikasteriums aus dem Jahr 2008, in der es heißt, dass Taufen im Namen "des Schöpfers, des Erlösers und des Heilands" sowie "des Schöpfers, des Befreiers und des Erhalters" ungültig seien und daher wiederholt werden müssten.
Offenbar sieht der Vatikan in der weiteren Betonung der bereits getroffenen Feststellungen in der jüngst veröffentlichten Note von Kardinal Fernandez einen wichtigen und notwendigen Schritt, um ungültigen Sakramentenspendungen entgegenzuwirken und weiteren Schaden von den Betroffenen abzuwenden bzw. zu verhindern.