Alle vier Jahre gibt es Ende Februar einen zusätzlichen Tag

Warum 2024 ein Schaltjahr ist – und was ein Papst damit zu tun hat

Veröffentlicht am 29.02.2024 um 00:01 Uhr – Von Steffen Zimmermann – Lesedauer: 

Berlin ‐ Schon kleine Kinder lernen, dass ein Jahr 365 Tage hat. Das gilt fast immer – nur nicht in diesem Jahr. 2024 ist ein Schaltjahr mit einem zusätzlichen Tag am 29. Februar. Warum ist das so? Und was hat diese Regelung mit einen Papst aus dem 16. Jahrhundert und zehn verschwundenen Tagen zu tun?

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Auf ein ganzes Jahr gerechnet wirken 5 Stunden, 48 Minuten und 46 Sekunden nicht sonderlich lang – und doch machen genau diese wenigen Stunden Jahr für Jahr einen entscheidenden Unterschied aus. Während ein normales Kalenderjahr – ein sogenanntes Gemeinjahr – bekanntermaßen genau 365 Tage hat, dauert ein Sonnenjahr – also der Zeitraum, den die Erde benötigt, um die Sonne einmal zu umrunden – eben jene 5 Stunden, 48 Minuten und 46 Sekunden länger. Je nach Betrachtungsweise ist das menschengemachte Kalenderjahr also etwas zu kurz oder die Erde auf ihrem Weg um die Sonne etwas zu langsam.

So oder so ist der Unterschied keine Lappalie. Im Gegenteil: Würde man das Gemeinjahr nicht mit dem Sonnenjahr synchronisieren, würden sich die Jahreszeiten im 365-Tage-Kalender auf lange Sicht deutlich verschieben. "Winter im Sommer – Frühling im Herbst" wäre dann irgendwann nicht mehr nur der Titel eines Buchs von Altbundespräsident Joachim Gauck, sondern verquere kalendarische Realität.

Julius Caesar legte einen Schalttag im Februar fest

Dieses Problem erkannten ägyptische Astrologen bereits im dritten Jahrhundert vor Christus. Deshalb führten sie erstmals einen zusätzlichen Kalendertag ein, um die Differenz auszugleichen. Im Jahr 45 vor Christus übernahm Julius Caesar diese Regelung in dem nach ihm benannten Julianischen Kalender für das Römische Reich. Er ließ die Länge der einzelnen Monate offiziell festlegen und schrieb zugleich einen alle vier Jahre begangenen Schalttag fest. Dass dieser Tag im heutigen Februar eingefügt wurde, lag daran, dass dieser Monat im alten römischen Kalender lange der letzte im Jahr gewesen war.

Papst Gregor XIII.
Bild: ©picture alliance/Hans Ringhofer/picturedesk.com

Seine Kalenderreform im 16. Jahrhundert "heilte" einen Fehler Julius Caesars und war ein echtes Jahrhundertwerk: Papst Gregor XIII.

Allerdings: Auch nach Caesars Reform blieb der Kalender ungenau. Da auf Geheiß des Imperators pauschal alle vier Jahre ein ganzer Tag hinzugefügt wurde, waren die einzelnen Kalenderjahre nun 11 Minuten und 14 Sekunden zu lang. Dieser so klein erscheinende Fehler wuchs über die Jahre, Jahrzehnte und Jahrhunderte immer weiter an und führte schließlich dazu, dass sich Frühling-, Sommer-, Herbst- und Winteranfang im 16. Jahrhundert um mehr als zehn Tage nach vorne verschoben hatten – ein Umstand, der schließlich Papst Gregor XIII. (1572-1585) auf den Plan rief. Immerhin hatte das Kalenderproblem auch erhebliche Auswirkungen auf die Kirche und ihre Feiertage. So hatte sich etwa der tatsächliche Frühlingsanfang, der für die Berechnung des Osterdatums und aller davon abhängigen Feiertage von entscheidender Bedeutung war, im Laufe der Zeit vom 21. März des Julianischen Kalenders immer weiter entfernt.

Gregor setzte deshalb eine Reformkommission von Gelehrten ein, deren Arbeit schließlich am 24. Februar 1582 in die Bulle "Inter gravissimas" mündete und den nach dem Kirchenoberhaupt benannten Gregorianischen Kalender einführte. Das Werk beinhaltete eine Radikallösung: Um den Kalender wieder ins Gleichgewicht zu bringen und den für die Berechnung des Osterfests wichtigen Frühlingsanfang wieder auf den 21. März zu schieben, wurden zehn Tage einfach gestrichen. Auf den 4. Oktober folgte direkt der 15. Oktober 1582. Den Oktober hatte man bewusst gewählt, da dieser Monat vergleichsweise wenige Heiligenfeste enthielt und die ausgelassenen Tage somit nur eine geringe Störung des Heiligenkalenders verursachten.

Teresa von Ávila als prominente "Betroffene" der Kalenderreform

Trotzdem gab es eine prominente "Betroffene" der gestrichenen Tage: Teresa von Ávila. Die schon zu Lebzeiten hochverehrte Mystikerin starb am Abend des 4. Oktober 1582. Da dieser Tag bereits der Gedenktag des heiligen Franz von Assisi war, legte man ihren Gedenktag bei ihrer Heiligsprechung auf den Tag danach – der aufgrund des päpstlichen Eingriffs in den Kalender dann aber nicht mehr der 5. Oktober, sondern der 15. Oktober war.

Mit dem Gregorianischen Kalender wurde zugleich auch die zuvor fehlerhafte Regelung für die Schalttage verbessert. Zwar blieb auch weiterhin jedes vierte Jahr ein Schaltjahr. Allerdings fällt der zusätzliche Tag am 29. Februar seit Gregors Reform immer dann aus, wenn die Jahreszahl durch 100, aber nicht durch 400 teilbar ist. Die Jahre 1600 und 2000 waren deshalb Schaltjahre, die Jahre 1700, 1800 und 1900 dagegen nicht. Durch diesen Kniff, durch den es in 400 Jahren nicht mehr 100 Schaltjahre, sondern nur noch 97 gibt, wurde die Ungenauigkeit des Julianischen Kalenders weitgehend geheilt.

Matthias ist der einzige Apostel, der nördlich der Alpen begraben ist.
Bild: ©picture-alliance / Mary Evans Picture Library

Der Gedenktag für den Apostel Matthias wurde früher in Schaltjahren verschoben.

Mit seiner Reform stand Gregor XIII. an der Spitze des wissenschaftlichen Fortschritts – was so kurz nach der Reformation und der dadurch ausgelösten Kirchenspaltung allerdings nicht alle anerkennen wollten. Während die katholischen Länder die Kalenderreform schnell übernahmen, witterten die protestantischen Länder hinter dem neuen Kalender ein "trojanisches Pferd", das die evangelischen Kirchen unter päpstliche Knechtschaft zwingen solle. Die Folge war, dass sich der Gregorianische Kalender erst Anfang des 18. Jahrhunderts auch in den protestantischen Gebieten vollumfänglich durchsetzte und bis dahin in vielen katholischen und evangelischen Gemeinden in Deutschland die kirchlichen Feste an unterschiedlichen Terminen gefeiert wurden.

In der Orthodoxie hat es Gregors Kalender bis heute schwer

Die orthodoxe Christenheit tut sich mit der Kalenderreform dagegen bis heute schwer. Erst als sich in den Ländern der Orthodoxie das gregorianische Modell für die bürgerliche Zeitrechnung durchsetzte, versuchten sich auch die Ostkirchen 1923 an einer Reform des Julianischen Kalenders. Das Projekt endete jedoch in einer Spaltung: Einige Kirchen befürworteten die Reform, andere wie die Russisch-Orthodoxe Kirche lehnten sie ab; sie begehen ihre Feste bis heute nach dem Julianischen Kalender. Ihr Weihnachtsfest am 25. Dezember fällt deshalb nach dem Gregorianischen Kalender derzeit auf den 7. Januar. Alle orthodoxen Kirchen berechnen Ostern und die anderen beweglichen Feste zudem bis heute nach dem julianischen Frühlingsanfang sowie nach dem Vollmond im Mondzirkel. Das höchste christliche Fest fällt in Ost und West deshalb nur selten auf dasselbe Datum. In diesem Jahr wird es am 31. März (Gregorianischer Kalender) und am 5. Mai (Julianischer Kalender) gefeiert.

Erwähnt sei zudem noch eine Kuriosität: Im Julianischen Kalender war ursprünglich nicht der 29. Februar der Schalttag. Stattdessen wurde zwischen dem 23. und 24. Februar ein zweiter 24. Februar eingefügt. Diese Besonderheit ging durch das spätestens im Gregorianischen Kalender etablierte einfache Durchnummerieren bis 29 jedoch verloren. Die katholische Liturgie hielt allerdings noch lange am Brauch des eingeschobenen zweiten 24. Februar fest. So wurde noch bis in das 20. Jahrhundert hinein der Gedenktag des Apostels Matthias, der eigentlich am 24. Februar begangen wird, in Schaltjahren erst am 25. Februar gefeiert.

Von Steffen Zimmermann