Militärbischof Overbeck: Habe Verständnis für Aufrüstung
Die geplante Aufrüstung der Bundeswehr vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine ist aus Sicht von Militärbischof Franz-Josef Overbeck durchaus nachvollziehbar. Deutschland müsse in der Lage sein, seine Bevölkerung und seine Bündnispartner im militärischen Krisenfall zu schützen, betont der Essener Bischof in einem Gastbeitrag für die "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" (Donnerstag). "Es geht darum, die notwendigen Voraussetzungen für den Fall moralisch erlaubter Selbstverteidigung zu schaffen."
Nach Worten des Bischofs ergibt sich daraus kein Widerspruch zum Wunsch nach Abrüstung sowie zum Engagement für Frieden und gegen Gewaltanwendung. Waffenproduktion sei jedoch "ethisch ambivalent". Entscheidend für die Frage, welche Waffen produziert würden, sei es, wie sie eingesetzt würden. "Ausrüstung und Organisation der Streitkräfte sind daran auszurichten, was für die Landes- und Bündnisverteidigung, aber auch für ein angemessenes Engagement im Rahmen internationaler Krisenbewältigung erforderlich ist."
Angekündigte "Kriegstüchtigkeit" Deutschlands wirke irritierend
Die von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) angekündigte "Kriegstüchtigkeit", die Deutschland erlangen müsse, wirke dabei irritierend, räumt Overbeck ein. "Der Begriff legt schonungslos offen, wie bedrohlich die Lage in Europa durch den fortdauernden russischen Angriffskrieg auf die Ukraine geworden ist." Jedoch könne nicht eine bloße Anhäufung von Waffen das Ziel sein. Ohne starke Bündnisse, diplomatische Bemühungen und "moralischen Kompass" werde "Kriegstüchtigkeit" alleine "keine nachhaltige Antwort auf die Herausforderungen und Bedrohungen nach der Zeitenwende sein", mahnt der Bischof.
Waffenlieferungen, wie sie aktuell auch an die Ukraine geleistet werden, seien zwar "grundsätzlich moralisch als sehr problematisch zu bewerten", könnten jedoch zumindest zur Notwehr als vertretbar angesehen werden. "Stets bleiben sie aber das 'kleinere Übel', verbunden mit unkalkulierbaren Risiken." Hingegen müsse es weiterhin ein absolutes Verbot für den Einsatz von Atomwaffen sowie schon dessen Androhung geben. (KNA)