Jimi Blue Ochsenknecht: Ich will Judas nicht nur als Verräter spielen
Jimi Blue Ochsenknecht war zuletzt eher mit privaten Problemen in den Schlagzeilen. Nun aber ergibt sich für den 32-Jährigen die Chance, wieder als Schauspieler wahrgenommen zu werden: Am 27. März spielt er im RTL-Live-Event "Die Passion" den Judas. Im Interview mit katholisch.de spricht Ochsenknecht über seine Rolle, seinen persönlichen Blick auf Judas, Parallelen zwischen Judas und seinem eigenen Leben und seinen Glauben.
Frage: Herr Ochsenknecht, mit Judas spielen Sie bei "Die Passion" den wohl bekanntesten Verräter der Weltgeschichte. Was bedeutet Ihnen diese Rolle?
Ochsenknecht: Sehr, sehr viel. Zum einen freue ich mich über die Rolle, weil ich als Schauspieler bislang meist eher Sonnyboy-Typen gespielt habe – und der Judas nun eine tolle Chance ist, auch mal eine andere Seite von mir zu zeigen. Zum anderen bietet mir die Rolle die Möglichkeit, eine ganze Palette von Charaktereigenschaften und Emotionen zu zeigen, denn Judas ist ja mehr als nur ein Verräter. Er kämpft auch viel mit sich selbst, mit seinen Emotionen, Erwartungen und Hoffnungen. Es reizt mich sehr, diesen spannenden Charakter auf der Bühne darzustellen und dem Publikum näherzubringen.
Frage: Sie sagen, Sie freuen sich, endlich mal einen Bösewicht spielen zu können. Trotzdem die Frage: Wenn Sie die Wahl gehabt hätten, hätten Sie dann lieber den Helden Jesus statt den Bösewicht Judas gespielt?
Ochsenknecht: Nein, im Gegenteil. Wenn ich als Jesus angefragt worden wäre, hätte ich wahrscheinlich sogar abgelehnt. Ich finde auch, dass Jesus mit Ben Blümel sehr gut besetzt ist, und ich arbeite bei diesem Projekt gerne mit ihm zusammen.
Frage: Was haben Sie gedacht, als das Rollenangebot kam? Haben Sie sofort zugesagt oder brauchten Sie Bedenkzeit?
Ochsenknecht: Zuerst wurde ich nur angefragt, ob ich generell Lust hätte, bei der "Passion" mitzumachen – ohne dass schon von einer konkreten Rolle die Rede gewesen wäre. Und ich gebe zu, dass ich da zunächst hin- und hergerissen war. Ich habe zwar grundsätzlich Interesse gezeigt, wollte aber erstmal abwarten, um welche Rolle es überhaupt geht. Als dann klar war, dass ich den Judas spielen soll, habe ich aber sehr fix zugesagt.
„Ich habe in der Vergangenheit in Interviews wiederholt gesagt, dass ich gerne mal einen Bösewicht spielen würde – vielleicht haben die Verantwortlichen der "Passion" das ja gelesen.“
Frage: Wissen Sie denn, warum RTL gerade Sie für die Rolle ausgewählt hat?
Ochsenknecht: Nein, das weiß ich nicht – ich habe aber auch nicht gefragt. Ich gehe einfach mal davon aus, dass sich der Sender schon etwas dabei gedacht haben wird. Ich habe in der Vergangenheit in Interviews wiederholt gesagt, dass ich gerne mal einen Bösewicht spielen würde – vielleicht haben die Verantwortlichen der "Passion" das ja gelesen. Für mich ist diese Frage aber auch nicht so relevant. Ich freue mich einfach über diese Chance und versuche, das Beste daraus zu machen.
Frage: Sie haben es schon angedeutet: Judas' Charakter ist sehr vielschichtig und widersprüchlich. Erst ist er ein enger Freund Jesu, dann verrät er ihn an die Römer, und schließlich bereut er seinen Verrat und nimmt sich das Leben. Wie blicken Sie auf Judas?
Ochsenknecht: Diese Vielschichtigkeit seines Charakters ist mir auch aufgefallen. Deshalb finde ich ja auch, dass man ihn nicht nur als Verräter oder das absolute Böse darstellen darf. Ich habe das Gefühl, dass sein Verhältnis zu Jesus vor allem aufgrund von Missverständnissen und mangelnder Kommunikation belastet wurde. Denn in der Tat waren sie eigentlich ja Freunde, die lange an eine gemeinsame Sache geglaubt haben. Insofern hat vermutlich nicht viel gefehlt, dass die Geschichte auch ganz anders hätte ausgehen können.
Frage: Als Schauspieler schlüpfen Sie in "Die Passion" in eine Rolle, sie spielen den Judas nur. Haben Sie bei Ihrer Beschäftigung mit der Person des Judas trotzdem Parallelen zu sich selbst und Ihrem Leben als Jimi Blue Ochsenknecht festgestellt?
Ochsenknecht: Da gibt es auf jeden Fall ein, zwei Parallelen. Auch ich habe zum Beispiel schon oft in meinem Leben Situationen erlebt, in denen es wegen mangelnder Kommunikation zu Missverständnissen gekommen ist oder in denen ich mich falsch verstanden gefühlt habe und Auseinandersetzungen die Folge waren. Aber ich denke, dass jeder Mensch solche Situationen kennt.
Frage: Das zentrale Thema bei Judas ist der Verrat. Haben Sie sich in Ihrem Leben schon einmal richtig verraten gefühlt?
Ochsenknecht: Ja, definitiv. Es gab schon Momente, in denen zum Beispiel Kumpels hinter meinem Rücken Sachen gesagt oder gemacht haben, bei denen ich mich verraten gefühlt habe. Ich will da jetzt nicht ins Detail gehen, aber auch hier denke ich, dass die meisten Leute das auch schon mal selbst erlebt haben.
Frage: Wie bereiten Sie sich auf Ihre Rolle als Judas vor? Orientieren Sie sich streng am Drehbuch oder gucken Sie zur Vorbereitung auch mal in die Bibel?
Ochsenknecht: Nein, in die Bibel habe ich bislang noch nicht geguckt. Zuerst habe ich das Drehbuch durchgelesen, um ein Gefühl für die Rolle zu bekommen und zu verstehen, wie sie in der "Passion" angelegt ist. Außerdem habe ich ein bisschen recherchiert und auch meine Community gefragt, ob sie Ideen hat, auf was ich bei der Rolle achten soll. Sehr hilfreich war zudem eine ausführliche E-Mail mit vielen Informationen über Judas, die mir ein älterer Herr geschickt hat. Da stand viel Interessantes drin, so dass ich mich insgesamt gut in die Rolle einlesen konnte.
Frage: Was ist Ihnen bei Ihrer Darstellung des Judas denn am wichtigsten?
Ochsenknecht: Ich möchte Judas auf jeden Fall mit vielen Emotionen darstellen. Ihn einfach nur als bösen Verräter zu spielen wäre mir, wie gesagt, zu wenig. Judas war auch ein Mensch mit Emotionen, mit Erwartungen und Hoffnungen, auch mit Zweifeln. Diese ganze Bandbreite seines Charakters und den Kampf, den er auch mit sich selbst geführt hat, möchte ich auf der Bühne zeigen. Es kann durchaus sein, dass dabei auch ein paar Tränen bei mir kullern werden. In den Proben war das jedenfalls schon so.
„Dass die Kirchen in einer Krise stecken, wusste ich gar nicht. Das ist natürlich sehr schade.“
Frage: Haben Sie persönlich einen Bezug zu Glaube und Religion oder ist das für Sie eine eher fremde Welt?
Ochsenknecht: Ich bin nicht getauft, war aber zwei Jahre auf einer katholischen Schule in München, wo es montags und dienstags auch immer Gottesdienste gab. Insofern ist mir diese Welt nicht völlig fremd. Ich selbst glaube an eine höhere Macht, an Karma, an Schicksal. Ich glaube auch an Nächstenliebe und daran, dass man, wenn man etwas Gutes tut und sich um seine Mitmenschen kümmert, auch etwas zurückbekommt.
Frage: Welche Erwartungen haben Sie an die "Passion"? Was soll die Aufführung bei den Zuschauern auslösen?
Ochsenknecht: Zunächst mal hoffe ich, dass ich meine Sache gut mache. Dass bei den Songs meine Töne sitzen, dass das Schauspielerische stimmt und ich nicht von der Bühne falle. (lacht) Was die Wirkung der Aufführung auf die Zuschauer angeht, wünsche ich mir einfach, dass die Menschen vor Ort in Kassel oder zu Hause vor dem Fernseher eine gute Zeit haben und offen sind für die moderne Neuinterpretation dieser alten Geschichte.
Frage: "Die Passion" ist ein RTL-Event. Trotzdem kann man die Show durchaus als Werbung für den christlichen Glauben sehen. Wie finden Sie das angesichts der Tatsache, dass der Glaube und insbesondere die Kirchen in Deutschland seit Jahren in einer tiefen Krise stecken?
Ochsenknecht: Dass die Kirchen in einer Krise stecken, wusste ich gar nicht. Das ist natürlich sehr schade. Allerdings kann "Die Passion" dann ja vielleicht auch eine Chance für die Kirchen sein, schließlich bekommen sie mit der Show bei RTL für eine ihrer zentralen Geschichten eine große Plattform.