Gabriele Höfling über die Weitergabe des Glaubens

Kirche ohne Anschluss

Veröffentlicht am 27.05.2015 um 00:01 Uhr – Von Gabriele Höfling – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Gabriele Höfling über die Weitergabe des Glaubens

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Am Pfingstwochenende habe ich zwei feierliche, sehr gut besuchte Gottesdienste erlebt. Dabei habe ich zwar auf überdurchschnittlich viele ergraute Köpfe geschaut – trotzdem war es eine willkommene Abwechslung zu  anderen Gottesdiensten, die oft nur spärlich besucht sind.  Gerade dieser Gegensatz ließ mich an ein Interview denken, in dem der Passauer Bischof  Stefan Oster ebenfalls am Wochenende sagte, wie wichtig ihm die Glaubensweitergabe sei – und das gerade an jüngere Menschen. Die Kirche könne sich nicht mehr darauf verlassen, dass in Familie, im Religionsunterricht, und in Angeboten von Pfarreien wie Erstkommunionvorbereitung oder Prozessionen der Glaube wie selbstverständlich weitergeben werde.

Diese Beobachtung Osters spricht mir aus der Seele. Ich habe es in meinem Umfeld erlebt (und auch bei mir selbst), dass es nach dem Firmunterricht keine Anschlussmöglichkeiten zu einem lebendigen Gemeindeleben gab. Prozessionen wurden zum bloßen Mitlaufen. Viele Eltern können ihre Kinder nur schwer für den sonntäglichen Gemeindegottesdienst motivieren. In Kirchenchören gibt es Menschen, die über Jahre mit viel Begeisterung musizieren, ohne dass das etwas mit ihrem Glauben zu tun hätte. So verliert die Kirche den Anschluss insbesondere an viele junge Menschen.

Dabei sind Pfarreien neben der Familie doch eigentlich der geborene Ort für die Glaubensweitergabe. Doch sie stehen zunehmend unter Druck. Der Priestermangel zwingt die Bistümer zu Gemeinde- und Strukturreformen. Diese werden immer wieder kritisiert. So bezeichnet der Paderborner Pastoraltheologe Herbert Haslinger in der aktuellen Ausgabe der "Herder Korrespondenz" die immer größeren Seelsorgeeinheiten als "Irrweg". Zwischenrufe wie der seine sind nachvollziehbar und wichtig.

Die vielen lebendigen Pfarreien sollen hier keineswegs unter den Tisch gekehrt werden. Aber es besteht die Gefahr, dass die strukturellen Reformen zu sehr auf Kosten des Gemeindelebens gehen, das an manchen Orten ohnehin schon am Boden liegt. Bischof Oster sagt in dem Interview vom Wochenende, für die Glaubensweitergabe seien leidenschaftliche und authentische Persönlichkeiten wichtig. Doch damit sind nicht nur die Priester angesprochen, die immer mehr zu Verwaltungsmenschen werden und wegen  ihrer zu vielen Aufgaben kaum Land sehen. Jeder einzelne ist gefragt.

Die Autorin

Gabriele Höfling ist Redakteurin bei katholisch.de.

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Von Gabriele Höfling