Die Chrisammesse: Es geht auch weniger klerikal
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"Reserviert für Priester und Diakone" – Hinweisschilder wie diese waren in den vergangenen Tagen in deutschen Kathedralen zu finden. Denn zu Beginn der Karwoche oder am Gründonnerstag feiert jeder Diözesanbischof einen besonderen Gottesdienst: die Chrisammesse. Dazu sind alle Priester eines Bistums eingeladen, denn in der Liturgie erneuern sie ihr bei der Weihe gegebenes Versprechen. Bei diesem Gottesdienst, der nur einmal im Jahr ansteht, weiht der Bischof die heiligen Öle, die vor allem für die Spendung der Sakramente wie Taufe, Firmung, Weihe oder Krankensalbung benötigt werden.
Doch obwohl sie damit für alle Christen in unterschiedlichen Lebenssituationen eine Rolle spielen, rückt vor allem das Priesteramt ins Zentrum – zum einen durch die liturgischen Texte und zum anderen ganz physisch durch die Anwesenheit zahlreicher Priester im Altarraum und in den vorderen Kirchenbänken. Teilweise mehrere Hundert Priester, die in liturgischen Gewändern konzelebrieren – das wirkt heutzutage auf nicht wenige Gläubige befremdlich und klerikal. Diese übertriebene Fokussierung auf das Priesteramt unmittelbar zu Beginn der Karwoche, die in der Feier des wichtigsten Festes der Christenheit mündet, widerspricht dem Anliegen der Kirche in Deutschland wie auch dem des Papstes, gegen Klerikalismus vorzugehen. Denn nicht selten hat die theologisch-liturgische Überhöhung des Priestertums in der Vergangenheit (Macht-)Missbrauch zur Folge gehabt – ganz zu schweigen davon, dass die "einfachen" Gläubigen mit ihren Anliegen aus dem Blick geraten.
Gerade ein Gottesdienst, der durch die Weihe der drei heiligen Öle ein sakramentales Handeln der Kirche in den Vordergrund stellt, das allen Gläubigen zuteilwerden soll, darf keinen Nährboden für Klerikalismus bieten. Es ist ein schmaler Grat zwischen der gerechtfertigten Beschäftigung mit dem eigenen Dienst als Kleriker und priesterlicher Selbstüberhöhung. Doch in vielen Diözesen wird dieser Weg gut gemeistert, etwa dadurch, dass Firmlinge oder Gemeindereferenten und Pastoralreferentinnen in die Liturgie der Chrisammesse eingebunden werden. Hier wird auch in der Liturgie deutlich, dass alle Getauften zum einen Volk Gottes gehören und Geistliche ihr Weiheamt nicht um ihrer selbst willen ausüben. Dort heißt es dann nicht: "Reserviert für Priester und Diakone". Gerne mehr davon!
Der Autor
Roland Müller ist Redakteur bei katholisch.deHinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.