Syro-malabarischer Kirche droht Zerreißprobe

Gegner von Liturgiereform bringen Kirchenspaltung ins Spiel

Veröffentlicht am 22.04.2024 um 15:09 Uhr – Lesedauer: 

Chungamvely ‐ Keine Ruhe im Streit um die Liturgie – nun könnte die syro-malabarische Kirche darüber sogar zerbrechen. Gegner der Liturgiereform wollen den Papst bitten, ihr Erzbistum zu einer eigenen, von der Synode getrennten Kirche zu erheben.

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Im Streit um die Form der Liturgie bringen Gegner der Liturgiereform eine Spaltung der syro-malabarischen Kirche ins Spiel. Bei einem durch den Apostolischen Administrator Bosco Puthur am Freitag einberufenen Konvent von gut 300 Priestern des Großerzbistums Ernakulam-Angamaly konnte indischen Medienberichten zufolge der Streit um die Zelebrationsrichtung nicht entschärft werden. "Wenn die Synode nicht bereit ist, unserer Messe den Status einer Liturgievariante zu geben oder uns zu erlauben, sie weiterzuführen, scheint uns der bessere Weg zu sein, als eigenständige Kirche mit dem Vatikan verbunden zu sein", sagte ein Sprecher der Gegner am Montag gegenüber UCANews. Damit wäre die Kirchentrennung nicht mit einem Schisma verbunden, stattdessen würde das Erzbistum zu einer mit Rom verbundenen Kirche eigenen Rechts erhoben.

Die Forderung nach einer Abtrennung des Erzbistums wurde erhoben, nachdem Puthur deutlich machte, dass die Synode nicht von der von ihr beschlossenen einheitlichen Form der Liturgie abrücken würde. Bei der Versammlung angedrohte disziplinarische Schritte gegen Priester, die sich weigern, die einheitliche Form zu feiern, konnten die Gegner nicht von ihrem Protest abbringen. Die einheitliche Form sieht vor, dass der Priester sich zur Wandlung ad orientem ausrichtet, also mit dem Rücken zum Volk. Die Gegner der Liturgiereform wollen eine durchgehende Feier versus populum, also dem Volk zugewandt. Laut den protestierenden Priestern würde eine Veränderung der seit 50 Jahre etablierten Liturgie in ihren Gemeinden nicht akzeptiert.

Thomaschristen schon jetzt in viele Gemeinschaften aufgeteilt

Der Liturgiestreit spaltet die syro-malabarische Kirche seit Jahrzehnten und ist seit dem Synodenbeschluss 2021 noch weiter eskaliert. Im Dezember hatte Papst Franziskus den Rücktritt von Großerzbischof George Alencherry und des Apostolischen Administrators des Großerzbistums Ernakulam-Angamaly angenommen. Zugleich veröffentlichte er eine Videobotschaft an die Gläubigen und forderte sie dringend auf, nicht die Gemeinschaft mit der Kirche zu verlassen und die einheitliche Liturgie anzunehmen. Im Januar wählte die Synode der syro-malabarischen Kirche Raphael Thattil zum neuen Großerzbischof. Die Wahl war mit der Hoffnung auf eine Befriedung des Konflikts verbunden. Auf einen Appell der Synode zur Einheit reagierten die Gegner der einheitlichen Liturgie aber ablehnend. Das Großerzbistum wird weiterhin von einem Apostolischen Administrator geleitet.

Die syro-malabarische Kirche im Südwesten Indiens ist die größte der heutigen Kirchen und Gemeinschaften der Thomaschristen, die im 1. Jahrhundert durch den Apostel Thomas auf seinen Missionsreisen gegründet worden sein soll. Durch Verbindungen zur Assyrischen Kirche des Ostens feiert sie ihre Liturgie im ostsyrischen Ritus. Im Zuge der portugiesischen Kolonialisierung wurden die Thomaschristen zur Übernahme westlicher Formen und Hierarchien gezwungen und zerbrachen in mehrere Kirchen. Bereits jetzt gibt es zwei katholische Kirchen der Thomaschristen: Neben den Syro-Malabaren besteht die kleinere syro-malankarische Kirche, die ihre Liturgie im westsyrischen Ritus feiert. (fxn)