Geistlicher aus Turiner Kleinstadt ganz groß in den sozialen Netzwerken

Zwischen Queen, Papst und Star Wars: Pfarrer will Kirche "cool" machen

Veröffentlicht am 25.05.2024 um 00:01 Uhr – Von Mario Trifunovic – Lesedauer: 

Bonn/Turin ‐ Seine Videos haben im Durchschnitt 10 bis 50.000 Aufrufe auf TikTok, Instagram und Facebook. Dafür schlüpft der italienische Pfarrer Luca Ramello in einige Rollen – ob Luke Skywalker aus Star Wars oder als Papst auf dem Papamobil.

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Zunächst ist eine dunkle Straße zu sehen, dann ertönt im Hintergrund der Imperiale Marsch, bekannt aus den Star Wars-Filmen und als Motiv für den Antagonisten Darth Vader. Zwei Figuren treten mit Lichtschwertern ins Bild, eine davon ist der Bösewicht Darth Vader. Es folgt ein Kampf, der jedoch abrupt abgebrochen wird. In der Mitte erscheint eine Person, die als Luke Skywalker verkleidet ist. Es ist Luca Ramello, der Pfarrer von San Mauro Torinese, einem kleinen Ort in der italienischen Metropole Turin.  Ramello bricht den Kampf lachend ab, fordert Ernsthaftigkeit für seine Ankündigung, während die Lichtschwerter für einen Moment schweigen. Damals, als das Video viral ging, fand gerade die große Eröffnungsfeier des Oratoriums San Mauro Torinese statt. Passend dazu der Videotitel in Star-Wars-Manier: "The Oratory strikes again! Und: "In San Mauro the Force awakens!" Dann dreht er sich um und verschwindet mit seiner Star-Wars-Truppe in der Dunkelheit.

TikTok, Instagram und Facebook: Der Pfarrer nutzt sie seit seiner Amtseinführung im Oktober 2023 aktiv und hat sich mit seiner "digitalen Evangelisierung" vor allem in den italienischen Medien einen Namen gemacht. Die Zeitung "La Voce" schreibt über ihn: "Der Geistliche tanzt, singt, verkleidet sich als Star-Wars-Figur, kurzum, er versucht alles, um die sogenannte Berufungskrise zu beenden und eine sehr junge Generation, die sich immer mehr von der Kirche zu entfernen scheint, wieder näher zu bringen."

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Ramello wurde 2003 zum Priester der Erzdiözese Turin geweiht, nachdem er sein Studium an der Theologischen Fakultät Norditaliens in Mailand abgeschlossen hatte. Derzeit lehrt der Turiner Geistliche Pastoraltheologie an derselben Universität sowie an der Päpstlichen Universität der Salesianer. Dass er langjährige Erfahrung in der Jugendarbeit mitbringt, zeigt auch seine Vita: Elf Jahre lang war er Leiter des Büros für Jugendpastoral der Erzdiözese Turin, seit 2015 ist er unter anderem Regionalleiter für Jugendpastoral im Piemont. Kürzlich wurde er zudem zum Vorsitzenden der "NOI Associazione" gewählt, einer italienischen Vereinigung zur sozialen Förderung der jungen Generation. Laut ihrer Website verfolgt sie "zivile, kulturelle und soziale Ziele, um den Zusammenhalt der jungen Generation zu fördern", wobei sie sich auf die sozial Schwachen konzentriert.

Unkonventionelle Art

Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Jugendarbeit, was nicht verwundert, denn der Turiner Geistliche gehört der Ordensgemeinschaft der Salesianer an. Die 1859 gegründete Gemeinschaft geht auf den italienischen Priester Johannes Bosco (kurz Don Bosco) zurück und ist eine der größten Ordensgemeinschaften der katholischen Kirche – neben den Jesuiten, Benediktinern und Franziskanern. Schon Don Bosco widmete sich zu seiner Zeit der Jugendarbeit und gründete ein sogenanntes Oratorium, ein offenes Haus für Jugendliche, besonders für die Ärmsten – ein Haus zum Leben, Spielen, Lernen und Einüben des katholischen Glaubens.

Pfarrer Luca Ramello
Bild: ©Oratorio San Mauro Torinese/Instagram

"Alle auf das Papamobil!", rief Pater Luca und fuhr mit seinem "Papamobil" à la Queen Elisabeth oder Papst Franziskus durch die Straßen.

Pater Luca, wie ihn die Jugendlichen nennen, hat aber nicht nur die Jugendarbeit im Blick, sondern auch die Pfarrgemeinde. Diese scheint er in nur wenigen Monaten "wiederbelebt" zu haben. Ob dafür allein seine Arbeit in den sozialen Netzwerken verantwortlich ist? Nicht nur, vor allem seine charismatische Art spiele eine große Rolle, sagte ein Gemeindemitglied laut einem Zeitungsbericht. Aber auch seine Videos zeigen seine unkonventionelle Art. Vor allem, wenn er zu einem papstmobilähnlichen Fahrzeug rennt und ruft: "Alle auf das Papamobil!", um kurz darauf durch die Straßen der Stadt zu fahren und die Menschen à la Queen Elisabeth oder Papst Franziskus zu grüßen. Allein dieses Video wurde auf Instagram rund 20.000-mal angeklickt.

Nicht nur Witziges

Nicht die Zahlen sind ihm wichtig, sondern der Kontakt mit den Gemeindemitgliedern und der Jugend – die Kommunikation hat er seit seinem Amtsantritt gesucht. Gegenüber dem Internetportal "ACI Stampa" erklärte er im vergangenen Herbst, dass die sozialen Medien ein wichtiges Kommunikationsmittel seien, um mit allen Generationen in Kontakt zu treten. "Wir haben die Profile in den sozialen Netzwerken eröffnet, um vor allem mit jungen Menschen zu kommunizieren, aber nicht nur, denn die Älteren sind auf Facebook, die Jungen auf Instagram und die ganz Jungen auf TikTok – und die Resonanz war unglaublich", betonte der Pfarrer. Was als nächstes von ihm auf den Profilen in den sozialen Netzwerken kommt? Das weiß vermutlich nur er selbst.

Doch nicht nur unterhaltsame und lustige Videos gehören zu seiner Jugendarbeit. Auch aktuelle Themen wie der Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten beschäftigen ihn und die Jugendlichen. "Wir erleben eine Verschmelzung von Krieg und Terrorismus", sagte er. "Wir versuchen, die Kinder zum Frieden zu erziehen. Wir müssen ihnen klarmachen, dass diese Kriege und dieser Terrorismus nicht normal sind und dass wir einen Rückschritt machen", fügte er hinzu. Die Jugendlichen, so Ramello, müssten begreifen, dass in den Kriegsgebieten die Kleinsten nicht nur kein Oratorium, sondern nicht einmal ein Zuhause hätten. Das dürfte vor allem dem einflussreichsten aller katholischen Influencer, Papst Franziskus, dem mehr als fünf Millionen Menschen auf seinem italienischsprachigen Profil auf der Plattform "X" folgen, entgegenkommen. Denn Franziskus hatte bereits in der Vergangenheit junge Menschen dazu aufgerufen, das Leid ihrer Altersgenossen in Kriegsgebieten wie der Ukraine oder dem Gazastreifen nicht zu vergessen.

Von Mario Trifunovic