Katholikentag: Wissenswertes über Stadt und Bistum Erfurt
Erfurt, die Gastgeberstadt des 103. Deutschen Katholikentags (29. Mai bis 2. Juni), gehört zur ostdeutschen Diaspora, in der nur wenige Katholiken leben. Trotzdem spielen Glaube und Kirche in der Stadt seit jeher eine wichtige Rolle. Das liegt unter anderem daran, dass Erfurt bereits im 8. Jahrhundert Bischofssitz wurde und auch auf dem Weg zur Reformation bedeutend war. Katholisch.de listet zum Katholikentag Wissenswertes rund um Kirche und Religion in Stadt und Bistum Erfurt auf.
Erfurt – das "thüringische Rom"
Wer sich Erfurt mit dem Auto oder dem Zug nähert, sieht schnell, dass die thüringische Landeshauptstadt eine Stadt der Kirchen ist. 22 Gotteshäuser und fünf freistehende Türme ehemaliger Kirchen prägen allein die Erfurter Altstadt. Sie zählt damit zu den kirchenreichsten Altstädten der Bundesrepublik und erhielt im Mittelalter wegen der hohen Zahl an Gotteshäusern sogar den Beinamen "Thüringisches Rom".
Religion in Erfurt und Thüringen
Trotz der vielen Kirchen ist Erfurt von der Zusammensetzung seiner Bevölkerung her keine christliche Stadt. Katholiken und Protestanten kommen zusammen nur auf weniger als 20 Prozent und sind somit deutlich in der Minderheit. Das gilt – mit etwas höheren Werten – auch für Thüringen insgesamt: 2021 gehörten von den rund 2,1 Millionen Einwohnern des Freistaats 19,5 Prozent der evangelischen und 7,5 Prozent der katholischen Kirche an. Der Umgang mit Konfessionslosen gehört deshalb seit jeher zum selbstverständlichen Alltag der beiden Kirchen. Das Bistum Erfurt hat sich diesbezüglich früh mit viel beachteten Angeboten wie den Feiern zur Lebenswende (als Alternative zur immer noch verbreiteten Jugendweihe) und ökumenischen Segnungsgottesdiensten am Valentinstag einen Namen gemacht.
Das Bistum Erfurt
Das Bistum Erfurt kann auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurückblicken, schließlich wurde es bereits im Jahr 742 vom heiligen Bonifatius gegründet. Das Dasein der Diözese währte zunächst aber nur kurz, denn bereits 13 Jahre später wurde sie wieder aufgelöst und dem Bistum Mainz zugeschlagen. Ab dem 19. Jahrhundert gehörte das heutige Bistumsgebiet dann zunächst überwiegend zu Paderborn, später zu Fulda und Würzburg. Ein eigenständiges Bistum Erfurt gibt es erst wieder seit 1994, als die diözesane Landschaft in Ostdeutschland nach der deutschen Wiedervereinigung neu geordnet wurde. Mit rund 137.000 Katholiken ist Erfurt heute die viertkleinste Diözese der Bundesrepublik, die allerdings einen überdurchschnittlich hohen Gottesdienstbesuch aufweist.
Der Erfurter Dom
Die Hohe Domkirche St. Marien zu Erfurt – so der offizielle Name des Erfurter Doms – ist der geistliche Mittelpunkt des Bistums und gemeinsam mit der unmittelbar benachbarten Severikirche das bekannteste Wahrzeichen Erfurts. Das einzigartige architektonische Gesamtkunstwerk der beiden Kirchen thront majestätisch über der Altstadt – vom Domplatz führen 70 Stufen zu den Gotteshäusern hinauf – und ist die meistbesuchte Sehenswürdigkeit der Stadt. Der Dom ist zudem eng mit den Anfängen des Bistums im 8. Jahrhundert verbunden, denn kurz nach der Gründung der Diözese wurde mit dem Bau einer ersten Kirche auf dem Domberg begonnen. Auf den Grundmauern der ersten Kirche entstand ab 1154 zunächst eine romanische Basilika, die dann im 13. und 14. Jahrhundert im Stil der Gotik umgestaltet wurde. Heute präsentiert sich der Dom als epochenübergreifendes Werk mehrerer Generationen. Im Inneren beeindrucken neben dem Chorgestühl und dem Hochaltar vor allem die Glasfenster im Chor, die zwischen 1380 und 1420 geschaffen wurden und zu den wertvollsten erhaltenen Glasmalereien des Mittelalters zählen.
Die Gloriosa-Glocke
Weit über Erfurts Grenzen hinaus bekannt ist der Erfurter Dom auch für seine Gloriosa-Glocke. Die "Ruhmreiche" wurde 1497 von Gerhard van Wou gegossen, wiegt 11,45 Tonnen und ist 2,62 Meter hoch. Damit ist sie die größte freischwingende mittelalterliche Glocke der Welt. Weil sie außerdem zu den klangschönsten Glocken der Welt gezählt wird, wird sie gelegentlich auch als "Königin der Glocken" bezeichnet. Aufgrund ihres Alters wird die Gloriosa nur an hohen kirchlichen Feiertagen wie Ostern oder Weihnachten und zu besonderen Anlässen geläutet. Der Katholikentag in Erfurt ist solch ein Anlass: Zur Eröffnung des Treffens am 29. Mai (gegen 21.50 Uhr) und zum Abschlussgottesdienst am 2. Juni (gegen 9.50 Uhr) wird das Geläut der Glocke zu hören sein.
Das Eichsfeld – das eigentliche Zentrum des Bistums
Die Stadt Erfurt mag als Sitz von Bischof und Bischöflichem Ordinariat die Zentrale des Bistums Erfurt beherbergen – gemessen an der Zahl der Katholiken liegt das eigentliche Zentrum der Diözese aber im Eichsfeld. In der stark katholisch geprägten Region im Nordwesten von Thüringen lebt mehr als die Hälfte aller Katholiken des Bistums, anders als im Rest der Diözese stellen sie dort sogar die Bevölkerungsmehrheit. An dieser Mehrheit biss sich sogar die kirchenfeindliche SED-Diktatur die Zähne aus: Bis zum Ende der DDR scheiterten alle Versuche, die Eichsfelder Katholiken auf sozialistische Linie zu bringen.
Wallfahrten und Wallfahrtsorte im Bistum Erfurt
Das Bistum Erfurt verfügt über eine reiche Tradition an Wallfahrten und Wallfahrtsorten. Eine Übersicht auf der Internetseite der Diözese verzeichnet 17 Wallfahrtsorte – fast alle davon im Eichsfeld, darunter auch das durch den Besuch von Papst Benedikt XVI. (2005-2013) bekannt gewordene Etzelsbach – und für die Saison 2024 zwischen April und Oktober 52 Wallfahrten. Die wichtigsten Wallfahrten im Bistum Erfurt sind traditionell die Männerwallfahrt zum Klüschen Hagis, die Frauenwallfahrt zum Kerbscher Berg und die Bistumswallfahrt, die dieses Jahr im Rahmen des Katholikentags begangen wird.
Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Erfurt
Als einziger ostdeutscher Standort einer Katholisch-Theologischen Fakultät spielt Erfurt auch bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Theologie eine wichtige Rolle. Die Fakultät, die 12 Lehrstühle umfasst und rund 200 Studierende zählt, hat eine lange Tradition. Die erste Erfurter Universität wurde 1392 gegründet und war damit nach Heidelberg und Köln die drittälteste Hochschule Deutschlands. Nach über 400 Jahren Lehrbetrieb wurde die Hochschule 1816 geschlossen, bevor sie 1994 als geistes- und sozialwissenschaftliche Universität neu gegründet wurde. Die Theologische Fakultät wurde bereits 1952 als Philosophisch-Theologisches Studium Erfurt neu errichtet und befand sich in kirchlicher Trägerschaft, bevor sie 2003 in die Universität eingegliedert wurde. Die Fakultät wurde zur Ausbildung katholischer Priester in der DDR gegründet und stand deshalb in engem Zusammenhang mit dem Erfurter Priesterseminar.
Das Priesterseminar Erfurt
Das Erfurter Priesterseminar ist die einzige Ausbildungsstätte für Priesteramtskandidaten in Ostdeutschland. Das vom Erzbistum Berlin und den Bistümern Dresden-Meißen, Erfurt, Görlitz und Magdeburg gemeinsam getragene Seminar wurde 1952 nach harten Verhandlungen mit dem SED-Regime gegründet. Zu den bekanntesten Regenten in der Geschichte des Seminars zählten der spätere Berliner Bischof und Kardinal Alfred Bengsch (1959) und der heutige Görlitzer Oberhirte Wolfgang Ipolt (2004-2011). Seit 2015 leitet der Jenaer Pfarrer Ansgar Paul Pohlmann die im Schatten des Dombergs gelegene Einrichtung.
Erfurt und die Reformation
Wer an die Reformation denkt, denkt vermutlich zuerst an Martin Luther und die wohl am meisten mit ihm verbundenen Städte Eisleben und Wittenberg. Doch auch in Erfurt hat Luther Spuren hinterlassen. Als 18-Jähriger kam er 1501 zum Studium in die Stadt, fünf Jahre später wurde er als Novize in das Augustinerkloster aufgenommen; die Erfurter Jahre waren entscheidend für die Entwicklung Luthers. Die Stadt gilt deshalb auch als "Geburtsstätte der Reformation" und darf sich seit 2016 mit dem von der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) verliehenen Titel "Reformationsstadt Europas" schmücken. Das wichtigste Baudenkmal in diesem Zusammenhang ist das ehemalige Augustinerkloster in der Erfurter Altstadt, das heute als Begegnungs- und Tagungszentrum genutzt wird.