Auch frühere Enzykliken haben sich mit ökologischen Fragen beschäftigt

Wie ein grüner Faden

Veröffentlicht am 15.06.2015 um 00:01 Uhr – Von Kilian Martin – Lesedauer: 
Benedikt XVI. unterzeichnet die Enzyklika "Spe salvi"
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Enzykliken

Bonn ‐ Papst Franziskus legt mit "Laudato si" am Donnerstag die erste Umweltenzyklika vor. Doch schon für Johannes Paul II. und Benedikt XVI. spielte die Bewahrung der Schöpfung eine große Rolle.

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Viele päpstliche Lehrschreiben lassen sich einem bestimmten Themenkomplex zuordnen. Zu den bekanntesten Vertretern des Genres gehören die Sozialenzykliken. Den Anfang machte Papst Leo XIII. im Jahr 1891 mit "Rerum novarum" zur Arbeiterfrage. Dieses erste Rundschreiben zur sozialen Frage gilt als eine der bedeutendsten Enzykliken der Geschichte. Bereits sechs Mal veröffentlichten Päpste jeweils zu einem runden Jahrestag eine weitere Enzyklika zur Erinnerung an Leos großes Erstlingswerk.

Johannes Paul II.: "Laborem exercens"

So hat auch Papst Johannes Paul II. im Jahr 1981 zum 90. Jubiläum von "Rerum novarum" das Schreiben "Laborem exercens" veröffentlicht. In dieser Arbeits-Enzyklika wird "die Arbeit als Teilnahme am Werk des Schöpfers" bezeichnet. "Der nach Gottes Bild geschaffene Mensch hat ja den Auftrag erhalten, sich die Erde mit allem, was zu ihr gehört, zu unterwerfen und die Welt in Heiligkeit und Gerechtigkeit zu regieren", heißt es dort. Indem er sich die Erde unterwirft, habe der Mensch so Anteil am Schöpfungswerk Gottes. Johannes Paul zitiert dann wiederum die Konzils-Konstitution "Gaudium et spes": "Den Christen liegt es deshalb fern, zu glauben, dass die von des Menschen Geist und Kraft geschaffenen Werke einen Gegensatz zu Gottes Macht bilden oder dass das mit Vernunft begabte Geschöpf sozusagen als Rivale dem Schöpfer gegenübertrete." Der Mensch solle also über die Schöpfung verfügen, dürfe und könne dabei aber nicht gegen den Willen Gottes handeln.

Die Fundstellen in "Laborem exercens"

Die Sozialenzyklika wurde 1981 zum 90. Jubiläum von "Rerum novarum" veröffentlicht. Die wesentlichen Aussagen zur Schöpfung finden sich in Abschnitt 25.
Papst Johannes Paul II. legte besonders viel Wert darauf, die Verantwortung des Menschen gegenüber der gesamten Schöpfung zu betonen.
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Papst Johannes Paul II. legte besonders viel Wert darauf, die Verantwortung des Menschen gegenüber der gesamten Schöpfung zu betonen.

Johannes Paul II. - "Centesimus annus"

Diesen Gedanken führt Johannes Paul II. in der Enzyklika "Centesimus annus" fort, welche 1991 zum 100. Jahrestag von "Rerum novarum" erschien. Dort ist die Rede von der "Frage der Ökologie", welche eng verknüpft mit dem "Problem des Konsumismus" sei: "Der Mensch, der mehr von dem Verlangen nach Besitz und Genuss als dem nach Sein und Entfaltung ergriffen ist, konsumiert auf maßlose und undisziplinierte Weise die Ressourcen der Erde und selbst ihre Existenz." Es sei ein "anthropologischer Irrtum", wenn der Mensch dächte, willkürlich über die Erde verfügen zu können. "Statt seine Aufgabe als Mitarbeiter Gottes am Schöpfungswerk zu verwirklichen, setzt sich der Mensch an die Stelle Gottes und ruft dadurch schließlich die Auflehnung der Natur hervor, die von ihm mehr tyrannisiert als verwaltet wird."

Neben der Zerstörung der "natürlichen Umwelt", spricht Johannes Paul II. in "Centesimus annus" auch von einem Angriff auf die "menschliche Umwelt". Man setze sich zwar zu Recht für einen Schutz bedrohter Tierarten ein, aber man engagiere "sich viel zu wenig für die Wahrung der moralischen Bedingungen einer glaubwürdigen 'Humanökologie'". Zu dieser "Humanökologie", welche in späteren päpstlichen Äußerungen immer wieder eine Rolle spielt, gehöre auch die "moralische Struktur" des Menschen.

Die Fundstellen in "Centesimus annus"

Zum 100. Jahrestag von "Rerum novarum" veröffentlichte Papst Johannes Paul II. die Enzyklika "Centesimus annus". Darin äußert sich der Papst im vierten Kapitel, insbesondere in den Abschnitten 37 bis 40 zur Ökologie.

Johannes Paul II.: "Evangelium vitae"

In seiner 1995 erschienen Enzyklika "Evangelium vitae" befasst sich Papst Johannes Paul II. mit dem "Wert und der Unantastbarkeit des menschlichen Lebens". Im Kapitel zur christlichen Botschaft über das Leben wird erneut der göttliche Auftrag an den Menschen, sich die Erde Untertan zu machen, als Grundlage einer besonderen Verantwortung benannt. "Verantwortung nicht nur in Bezug auf die gegenwärtige Menschheit, sondern auch auf die künftigen Generationen."

Zur Erläuterung zitiert sich der Papst selbst, indem er auf seine Sozialenzyklika "Sollicitudo rei socialis" von 1987 verweist. Darin (Abschnitt 34) heißt es, dass der Mensch die Natur nicht willkürlich für seine wirtschaftlichen Erfordernisse ausnutzen dürfe. "Die vom Schöpfer dem Menschen anvertraute Herrschaft ist keine absolute Macht noch kann man von der Freiheit sprechen, sie zu 'gebrauchen oder zu missbrauchen' oder über die Dinge zu verfügen, wie es beliebt. Die Beschränkung, die der Schöpfer selber von Anfang an auferlegt hat, ist symbolisch in dem Verbot enthalten, 'von der Frucht des Baumes zu essen'."

Die Fundstellen in "Evangelium vitae"

Im Jahr 1995 veröffentlichte Papst Johannes Paul II. die Enzyklika "Evangelium vitae" über das Leben. Im Abschnitt 27 geht es darin um Fragen der Bioethik. Die Abschnitte 42 und 43 befassen sich mit der Verantwortung des Menschen gegenüber dem Leben.
Nach Papst Benedikt XVI. kann der Mensch nur dann verantwortungsvoll mit der Umwelt umgehen, wenn er auch seine Verantwortung gegenüber der Menschheit annimmt.
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Nach Papst Benedikt XVI. kann der Mensch nur dann verantwortungsvoll mit der Umwelt umgehen, wenn er auch seine Verantwortung gegenüber der Menschheit annimmt.

Benedikt XVI.: "Caritas in veritate"

In seiner dritten Enzyklika "Caritas in veritate" kommt Papst Benedikt XVI. schließlich ebenfalls auf die Themen des Umweltschutzes und der Ökologie zu sprechen. Zu Beginn des entsprechenden Abschnitts betont Benedikt die Schöpfung des Menschen durch Gott. Aus dieser resultiere seine allgemeine Verantwortung gegenüber der gesamten Schöpfung. Und der Papst schreibt auch: "Wenn die Natur und allen voran der Mensch als Frucht des Zufalls oder des Evolutionsdeterminismus angesehen werden, wird das Verantwortungsbewusstsein in den Gewissen schwächer."

Die Natur sei ein Geschenk Gottes, dürfe aber, so Benedikt, nicht für wichtiger als die menschliche Person gehalten werden. Eine solche Einstellung könne "neu-heidnischen Haltungen oder einem neuen Pantheismus" Vorschub leisten. In einem eigenen Abschnitt setzt sich "Caritas in veritate" außerdem mit der Zukunft der Energieversorgung auseinander. "Auch an dieser Front besteht die dringende moralische Notwendigkeit einer erneuerten Solidarität, besonders in den Beziehungen zwischen den Entwicklungsländern und den hochindustrialisierten Ländern." Die Verantwortung für eine gerechte Verteilung der Energiereserven müsste von allen Staaten weltweit wahrgenommen werden, da dies die gesamte Schöpfung betreffe.

Die Umweltzerstörung bildet einen Schwerpunkt der Umweltthemen in "Caritas in veritate". Dabei wird der zerstörerische Umgang mit der Natur auch als Problem für den Menschen beschrieben: "Die Verhaltensmuster, nach denen der Mensch die Umwelt behandelt, beeinflussen die Verhaltensmuster, nach denen er sich selbst behandelt, und umgekehrt." Umweltschäden würden demnach etwa "Unzufriedenheit in den sozialen Beziehungen auslösen". Andererseits würde die Natur besonders durch Kriege stark leiden. "Der Friede der Völker und zwischen den Völkern würde auch einen größeren Schutz der Natur erlauben." Darin ist auch explizit die Forderung nach einem gewaltlosen Umgang mit der Ressource Wasser eingeschlossen.

Die Kirche muss den Menschen vor seiner Selbstzerstörung schützen

Aufgabe der Kirche sei es, die Verantwortung des Menschen gegenüber der Schöpfung öffentlich zu artikulieren. "Sie muss vor allem den Menschen gegen seine Selbstzerstörung schützen. Es muss so etwas wie eine richtig verstandene Ökologie des Menschen geben." Dabei sei das entscheidende Problem unserer Zeit eine mangelhafte gesellschaftliche Moral. "Wenn das Recht auf Leben und auf einen natürlichen Tod nicht respektiert wird, wenn Empfängnis, Schwangerschaft und Geburt des Menschen auf künstlichem Weg erfolgen, wenn Embryonen für die Forschung geopfert werden, verschwindet schließlich der Begriff Humanökologie und mit ihm der Begriff der Umweltökologie aus dem allgemeinen Bewusstsein." Die Pflichten gegenüber der Umwelt seien eng verknüpft mit den Pflichten gegenüber der Menschheit, so Benedikt in der Enzyklika weiter. "Man kann nicht die einen Pflichten fordern und die anderen unterdrücken."

Die Fundstellen in "Caritas in veritate"

Die Sozialenzyklika "Caritas in veritate" wurde 2009 als dritte und letzte Enzyklika von Papst Benedikt XVI. veröffentlicht. In den Abschnitten 48 bis 51 geht er darin ausführlich und vor allem deutlich auf die soziale Dimension von Umweltfragen ein.

Papst Franziskus

Papst Franziskus hat vor der jetzt erschienenen Umweltenzyklika erst ein Lehrschreiben, "Lumen fidei" ("Licht des Glaubens"), veröffentlicht. Darin findet sich kein expliziter Bezug zum Thema Umwelt. Jedoch hat sich der amtierende Papst an anderer Stelle bereits mehrfach zu Umweltfragen geäußert und eine eindeutige Position bezogen.

So auch bei seiner Ansprache vor dem Europäischen Parlament in Straßburg im Jahr 2014: "Diese unsere Erde braucht tatsächlich eine ständige Pflege und Aufmerksamkeit, und jeder trägt eine persönliche Verantwortung in der Bewahrung der Schöpfung, dieses kostbaren Geschenkes, das Gott in die Hände der Menschen gelegt hat." Umweltschutz müsse sich auch in einer gerechten und guten Nutzung der Natur äußern. "Es ist nicht tolerierbar, dass Millionen von Menschen in der Welt den Hungertod sterben, während jeden Tag Tonnen von Lebensmitteln von unseren Tischen weggeworfen werden", so Franziskus weiter. Und in der Tradition seiner Vorgänger stehend erinnerte auch er an die "Ökologie des Menschen, die in der Achtung der Person besteht".

Von Kilian Martin