Pontifex ändert vor Weltsynode Strategie

Papst Franziskus und seine Pfarrer: Kurswechsel im Vatikan

Veröffentlicht am 13.05.2024 um 00:01 Uhr – Von Severina Bartonitschek (KNA) – Lesedauer: 

Rom ‐ Pfarrern geht es wie allen Angestellten. Entscheidungen zur Ausübung ihres Berufes werden auf höheren Ebenen gefällt – häufig fernab der eigenen Arbeitsrealität. Das hat offenbar der Vatikan bemerkt und bemüht sich nun um einen anderen Führungsstil.

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Adressaten kritischer Papstansprachen sind mit besonderer Regelmäßigkeit Priester. Keiner Berufsgruppe erklärt Franziskus häufiger, wie sie seiner Ansicht nach ihre Arbeit machen sollten und wie bitte nicht. Kaum zählbar sind seine mahnenden Worte gegen Klerikalismus und für eine Seelsorge auf Augenhöhe mit den ihnen anvertrauten Menschen. Das gilt für seinen eigenen Klerus im Bistum Rom wie für alle anderen Priestern der Weltkirche.

Zugleich bilden sie aber genau jene Personengruppe, die Franziskus braucht, um sein größtes Projekt umzusetzen: mehr Synodalität in der Weltkirche. Beginnt Teilhabe doch an der Basis. Darum scheint das Kirchenoberhaupt nun seine Strategie zu ändern: Partizipation statt Ermahnung. Und so trifft sich der Bischof Rom seit November regelmäßig mit den Priestern seiner eigenen Diözese. Deren Umbau und die kürzlich vollzogene Absetzung zweier führender Köpfe dürfte allerlei Gesprächsbedarf bereithalten.

Sein bislang letzter Besuch führte ihn vergangenen Freitag ins römische Zentrum. Zwei Stunden lang sprach Franziskus mit rund 100 Priestern in der Basilika Santa Croce in Gerusalemme nahe dem Hauptsitz des Bistums im Lateran. Der persönliche Austausch mit ihrem Bischof scheint bei den Priestern eine positive Wirkung zu entfalten. "Sehr zufrieden" seien die Teilnehmer gewesen, bestätigte ein Priester dem Portal Vatican News.

Nützliche Seelsorger-Tipps vom Papst

Franziskus habe "nützliche Ratschläge" für die Seelsorge im historischen Stadtzentrum gegeben, sei "väterlich" gewesen, die Atmosphäre "herzlich". Man habe über die Potenziale von Innenstadt-Pfarreien, weniger über Probleme gesprochen. "Die Stimmung dieses Treffens verwandelte sich sofort in Dankbarkeit und Gebet für den Papst", erzählte ein anderer Priester. Es sei ein großer Gemeinschaftsmoment gewesen, "ein Stück Weg, das wir Seite an Seite zurückgelegt haben und das uns neue Impulse für unseren Dienst nicht nur an den Katholiken des historischen Zentrums, sondern an der ganzen Welt gibt, der wir hier jeden Tag in den Gesichtern der Touristen und Pilger begegnen".

Franziskus zeigt Führungsstärke – im eigenen Bistum und als Chef von rund 400.000 Priestern weltweit. Über 200 Pfarrer aus 90 Ländern aller Kontinente lud sein Synodensekretariat jüngst zu einer mehrtägigen Konferenz in ein Tagungshaus nahe Rom ein. Gesetztes Ziel: Austausch über den pastoralen Alltag und neue Ideen zum Thema Synodalität. Die sollen auch in das Arbeitspapier der kommenden 2. Weltsynoden-Sitzung im Oktober einfließen.

Laut dem zuständigem Synoden-Sekretariat entspricht die Initiative "Pfarrer für die Synode" den Hinweisen aus der ersten Sitzung der Weltsynoden-Vollversammlung im vergangenen Oktober. Denn dort fanden die Gemeindepriester nicht statt. "Wir mussten ihre Stimme deutlicher und lauter hören", erklärte es der Untersekretär des Synodensekretariats, Bischof Luis Marin de San Martin, und räumte das Versäumnis in der ersten Phase ein.

Papst Franziskus umarmt einen Jungen
Bild: ©KNA/Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani

Der Papst und seine Diözese: Immer wieder besucht Franziskus römische Gemeinden und Priester.

Den eigenen Angestellten zu vermitteln, dass auch ihre Bedürfnisse und Stimmen ernstgenommen werden, scheint sich auch auf Weltebene gelohnt zu haben. Ausnehmend zufrieden äußerten sich die internationalen Pfarrer nach dem Treffen, das auch eine Begegnung mit dem Papst einschloss. Viele der Geistlichen empfanden die Teilnahme am Treffen bei Rom als Privileg und bestärkend für den eigenen Gemeindealltag.

Die Unterschiedlichkeit in Erfahrungen und Sichtweisen der Beteiligten habe nicht nur sein eigenes "Denken und das eigene Herz" geweitet, sondern "auch manches, von dem wir Zuhause meinen, so muss es unbedingt sein, damit's katholisch ist", sagte etwa der Grazer Pfarrer Stefan Ulz. Für den US-amerikanischen Priester Clinton Ressler ist Einheit das Herzstück der Synode. Dem Portal RNS sagte er: "Wir können nicht weiterkommen, wenn wir gespalten sind." Im Anschluss an das Treffen in Rom werde die größte Herausforderung darin bestehen, die Gläubigen trotz ihrer anfänglichen Vorbehalte für das Projekt Synodalität zu gewinnen. Der polnische Priester Pawel Baran möchte diese Erfahrung in Rom mit anderen teilen. "Das ist es, was es bedeutet, Missionare der Synodalität zu sein: Projekte zu teilen, um bessere Gemeinden aufzubauen", sagte der Krakauer dem Portal Vatican News. Sergio Leal aus dem Bistum Porto in Portugal betonte seinerseits, notwendig sei eine "neue Art des Pfarrerseins, die uns von der Klerikalisierung befreit".

Damit hat ihn Franziskus dort, wo er seine Pfarrer sehen möchte – denn so genanntes "Change Management" funktioniert besser, wenn man seine Mitarbeiter "mitnimmt". Das steht in jedem Manager-Handbuch. Oder wie es der Papst selbst in seinem Brief an die Pfarrer formulierte: "Wir können keine echten Väter sein, wenn wir nicht in erster Linie Söhne und Brüder sind. Und wir sind nicht in der Lage, Gemeinschaft und Teilhabe an den uns anvertrauten Gemeinschaften zu wecken, wenn wir sie nicht zuallererst unter uns selbst leben."

Von Severina Bartonitschek (KNA)