"Mein Herz schlägt bumm!"

Veröffentlicht am 07.01.2015 um 00:00 Uhr – Von Margret Nußbaum – Lesedauer: 
Dossier: So kommt Gott in die Familie

Krabbelgottesdienst in der Pfarrkirche St. Peter und Paul in Bad Soden-Salmünster: Zwölf muntere Kleinkinder wuseln auf dem Boden herum, klettern auf Mamas oder Omas Schoß. Auch Gemeindereferentin Rita Kunzmann nimmt immer wieder mal ein Zweijähriges auf den Arm. Man spürt: Die Kleinen fühlen sich hier zu Hause und nehmen den Kirchenraum als Spiel- und Erfahrungsraum wahr. Einmal monatlich kommen sie mit ihren Eltern und Großeltern hierher.

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Rita Kunzmann und Pfarrer Michael Müller laden junge Familien mit kleinen Kindern auch ein, an den Sonntagsgottesdiensten teilzunehmen. "Sie erleben, dass Glaube keine Privatangelegenheit ist, sondern in einer Gemeinschaft gefeiert wird, zu der auch sie gehören", erklärt die Gemeindereferentin. Auch für die Größeren gibt es ein Angebot in Form einer wöchentlichen Kinderkatechese im Sonntagsgottesdienst. Neben den Krabbelgottesdiensten und der Kinderkatechese stehen in der 3.500-Seelen-Gemeinde auch Familiengottesdienste, religiöse Workshops und Familienwochenenden mit Kindern und Eltern auf dem Programm.

Mittlerweile sitzen alle im Kreis. Die Großen helfen den Kleinen beim Kreuzzeichen. Die Kinderliturgie beginnt. Beim Singen klatschen die Kinder begeistert mit. Das kennen sie schon. Rita Kunzmann legt ein großes Herz aus Tonkarton in die Mitte. Jeder darf zeigen, wo sein Herz ist. Die meisten schaffen es schon ohne Mamas Hilfe. "Wenn ich schnell laufe, macht es bumm-bumm-bumm!", erklärt die dreijährige Lina. Und dann geht's rund. Rita fordert ihre muntere Schar zum Tanzen und Hüpfen auf. Bumm-bumm-bumm – das Herz schlägt nun ganz schnell.

Ein großes, weites Herz

Die Kleinen kommen zur Ruhe und spüren, wie ihr Herzschlag sich kurze Zeit später wieder beruhigt und langsamer wird. "Herzen können nicht nur schlagen, sondern auch fühlen", erklärt Rita den Kindern. Sie sprechen über schöne Erlebnisse, bei denen das Herz vor Freude hüpft und ganz weit wird. Und dass oft ganz viel Liebe im Herzen ist, und es größer und größer wird. "Manchmal aber ist unser Herz klein", sagt die Gemeindereferentin, "nämlich dann, wenn wir Angst haben, traurig oder wütend sind." Die Kinder machen es ihr nach, kauern sich eng und klein zusammen. Rita Kunzmann erzählt den Kindern Jesus, der ein sehr großes und weites Herz hatte.

"Eines Tages kam einer. Er hatte ein großes, weites Herz. Denn er liebte die Menschen. Es war Jesus. Sein Herz war besonders groß für die Schwachen, Kranken und Armen und für Kinder. Als Jesus wieder einmal durch die Städte und Dörfer zieht, kommen viele Menschen und wollen ihn sehen. So wie wir heute hierher kommen, um von ihm zu hören. Sie wollen alle diesen Mann mit dem großen, weiten Herzen sehen, mit ihm reden. Da ist auch eine Frau. Sie ist schon lange krank. Niemand kümmert sich um sie, sie ist einsam und allein und ganz traurig.

Alle haben euch lieb!

Da hört die arme kranke Frau, dass Jesus kommt, dass er durch ihr Dorf kommt. Sie denkt sich: Den muss ich sehen! Wenn mir noch jemand helfen kann, dann nur er! Sie schleicht sich an und berührt sein Gewand. Jesus dreht sich um und sieht die Frau. Er geht auf sie zu und spricht sie an: Warum bist du so traurig? Er setzt sich zu ihr und hört zu. Die Frau erzählt ihm alles, und es geht ihr richtig gut dabei. Da ist ein Mensch mit einem großen, weiten Herzen. Ein Mensch, der ihr zuhört, der für sie da ist. Und schon geht es ihr besser."

Rita Kunzmann baut den Kindern eine Brücke zu den Eltern und Großeltern: "Mama und Papa haben euch lieb. Sie haben große, weite Herzen wie Jesus. Auch Oma und Opa haben euch lieb. Und Jesus hat euch auch lieb." Lina meint: "Ich hatte Bauchweh, da hab ich bei Mama geschlafen.“ Florian, ebenfalls drei Jahre, erzählt: "Ich bin gefallen, mein Opa hat ein Zauberpflaster auf mein Knie geklebt." Und Peter, zwei Jahre, ruft: "Mama ist lieb, Papa auch!"

Es kommt auf die Gemeinschaft an

Rita leitet zum Vaterunser über: "Wir bitten Jesus, dass er immer ein offenes Herz für uns hat und dass auch wir ein offenes Herz für andere Menschen haben, denen es nicht gut geht. Und das wollen wir mit dem Vaterunser tun. Denn es war das Lieblingsgebet von Jesus." Auch der Segen und ein Schlusslied gehören zum Krabbelgottesdienst. "Kinder brauchen solche festen Strukturen", sagt Rita Kunzmann. "Und sie brauchen Sinneserfahrungen – flackernde Kerzen, eine Schale mit Erde oder mit Wasser. Unser Ziel ist es, dass sie sich im Kirchenraum wohl fühlen. Inhalte sind in diesem Alter zweitrangig."

Seit fünf Jahren feiert die Gemeindereferentin Monat für Monat Krabbelgottesdienst mit acht bis 15 Kindern, ihren Müttern oder Vätern, Omas oder Opas. Viele Mütter-Kontakte sind hier bereits entstanden. "Bei uns im Ort gibt es keine Musikschule oder sonstige Angebote für Eltern mit kleinen Kindern. Da wird der Krabbelgottesdienst gern angenommen", sagt Rita Kunzmann. "Hier kommen die Kleinen zusammen – zum Spielen, Herumtollen, aber auch zum Beten und Zuhören. Sie erleben hautnah, dass Glaube und Beten etwas mit Gemeinschaft zu tun haben. Und darauf kommt es an.

Von Margret Nußbaum