Seit einem Jahr müht sich der Papst um Frieden in der Ukraine
Zwei Jahre Krieg in der Ukraine. Ein Jahr vatikanische Sondermission, um diesen zu beenden oder wenigstens Verhandlungen herbeizuführen. Die Bilanz fällt bislang mäßig aus. Die erhofften Friedensgespräche finden nicht statt. Ein Angebot des Vatikans, als Vermittler zu fungieren, lehnte die Ukraine ab. Nur wenige zurückgeholte Minderjährige und etliche ausgetauschte Kriegsgefangene gehen auf vatikanisches Engagement zurück – obwohl dies eines der Hauptziele der Friedensmission ist. Ist die Diplomatie des Heiligen Stuhls wirkungslos?
Im vergangenen Mai berief Papst Franziskus Kardinal Matteo Zuppi zum Sondergesandten für die Ukraine. Der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz sollte mit den Papst-Botschaftern in den beiden Ländern zusammenarbeiten, neue Kommunikationskanäle suchen, Verbündete im Einsatz für den Frieden finden. Zuppi begann umgehend mit der Umsetzung seines Auftrags: Er reiste nach Kiew, Washington, Moskau und Peking. Der Kardinal baute erste Gesprächsbrücken, über die fortan auch die offiziellen Vatikan-Diplomaten balancieren sollten.
Unerfahren ist Zuppi nicht
Im Februar sagt der Papst-Botschafter in Kiew, Erzbischof Visvaldas Kulbokas: "Wir sind noch im Stadium der Versuche, aber es sind konkrete Versuche. Die Besuche von Kardinal Zuppi haben Kanäle geöffnet, über die jetzt gearbeitet wird." Der Friedensbeauftragte selbst gab Anfang März zu verstehen, man habe die Initiative vielleicht überschätzt. Resignieren wolle man aber nicht und sich weiterhin für den Dialog der Kriegsparteien einsetzen.
Unerfahren ist der Kardinal in solchen Vermittlungstätigkeiten nicht. Bei der Gemeinschaft Sant'Egidio war er über Jahrzehnte zusammen mit deren Gründer Andrea Riccardi eine Art Chefdiplomat. Der Geistliche vermittelte zwischen Guerilla und Regierung in Mosambik, später in Algerien. Größte diplomatische Leistung von Sant'Egidio sind die Verhandlungen für Mosambik, die 1992 zum "Friedensabkommen von Rom" führten.
Auch der Vatikan hatte in der Neuzeit einige Male Erfolg als Vermittler für Friede und Entspannung – etwa zwischen Deutschland und Spanien im Streit um die Karolinen-Inseln 1885, im Beagle-Kanal-Konflikt zwischen Chile und Argentinien 1979 und zwischen Kuba und den USA im Jahr 2015. Im Südsudan brachte der Papst unlängst mit seinem Engagement die verfeindeten Parteien wenigstens wieder an den Verhandlungstisch. Seit Franziskus' Besuch im Land vermittelt Sant'Egidio wieder zwischen der Regierung und bewaffneten Rebellen – Schritt für Schritt gingen die Gespräche weiter, wie ein Beteiligter der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bestätigte.
Doch im Krieg zwischen Russland und der Ukraine stößt der Heilige Stuhl als Vermittler ähnlich an seine Grenzen wie einst im Ersten Weltkrieg zwischen Frankreich und Deutschland. Die katholische Kirche und der Vatikan seien zwar weltweit anerkannt als neutraler Akteur, ihr Einsatz zeige aber unterschiedliche Effekte, erklärt der Sant'Egidio-Auslandschef Mauro Garofalo im Interview der KNA. Grundsätzlich hingen Macht und Einfluss davon ab, wie katholisch ein Land ist. In der Ukraine seien die Katholiken in der Minderheit, in Russland existierten sie fast gar nicht, so Garofalo weiter.
"Frieden kannst du nur mit dem machen, der Krieg führt"
Dass es auch anders gehen kann, zeigt die Vermittlung im Südsudan. Auch dort sind die Katholiken eine Minderheit. Doch die mediale Aufmerksamkeit für den Papstbesuch und seine Gespräche mit den Führern des Bürgerkriegs brachten eine Wende. Das erklärt auch, warum Franziskus nicht in die Ukraine reisen will, ohne den Machthaber in Moskau zu treffen – den Verantwortlichen für den Krieg.
"Frieden kannst du nur mit dem machen, der Krieg führt. Und wenn du an Verhandlungen glaubst, musst du einen Dialog anbahnen, der die beteiligten Seiten einbezieht, und dazu gehört dann selbstverständlich auch die Seite des 'Bösen'", betonte der Sondergesandte Zuppi kürzlich.
Ob Zuppis Mission je zum Erfolg führen wird, vermag der erfahrene Unterhändler Mauro Garofalo nicht einzuschätzen. Es gehe nur sehr langsam voran. Vielleicht aber sei dies die einzige Ebene auf der beide Parteien überhaupt miteinander kommunizierten – ob direkt oder indirekt. Er hoffe, dass diese Anstrengung zu einem erfolgreichen Abschluss führe. "Am Ende bleibt uns nichts anderes als die Hoffnung", so Garofalo.