Kolonialismus – Kirche könnte Vorbild für Aufarbeitung werden
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Gedenken und Erinnern will gelernt sein; und ist eine eminent politische Frage. Das zeigt die gegenwärtige Diskussion um das Gedenkstätten-Konzept von Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Manche fürchteten, dass die Ausweitung der bundesdeutschen Gedenkkultur auf Kolonialismus, Demokratiegeschichte sowie die Einwanderungsgesellschaft zu einer Verwässerung der bisherigen Schwerpunkte führen würde: Die Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur und dem SED-Unrecht. Es ist richtig, das Konzept weiterzuentwickeln. Neue Schwerpunkte sind möglich, ohne die bisherigen Themen unter den Tisch fallen zu lassen.
Hier steht ein gesellschaftlicher Prozess an, bei dem auch die Kirchen mitmachen müssen. Denn die Kirchen sind in vielen Bereichen Protagonisten gewesen: Am eindrücklichsten ist dies beim Thema Kolonialismus.
Der westliche Kolonialismus ist untrennbar mit der christlichen Missionsgeschichte verbunden. Bei jungen Menschen hat das Thema Kolonialismus eine hohe Priorität. Nicht nur deswegen ist es für die Kirchen wichtig, sich proaktiv um eine Aufarbeitung zu kümmern. Denn nur das ermöglicht eine differenzierte Sicht der Dinge. Jüngst hat der deutsche "Weltkirche-Bischof Bertram Meier eine solche kritische Aufarbeitung gefordert. Und es gibt bereits erste Anfänge einer kritischen Auseinandersetzung.
Es geht einerseits darum, die christliche Mission nicht nur als Erfolgsgeschichte zu präsentieren. Zugleich müssen aber auch die positiven Aspekte anerkannt werden. Die Stärke der Kirche ist, dass sie eine Institution mit langer Erinnerungstradition ist und sowohl "Subjekte" als auch "Objekte" der Mission in ihren eigenen Reihen hat. Die zunehmende Internationalisierung des Kardinalskollegiums ist dafür ein schönes Zeichen. Die "jungen Kirchen" sind nicht mehr nur "Objekte" kirchlichen Handelns.
Im besten Fall könnte die katholische Kirche ein Vorbild für eine kritische und differenzierte Aufarbeitung der christlichen Missionsgeschichte im Kontext des westlichen Kolonialismus werden. Aber dafür muss das Thema in der kirchlichen Öffentlichkeit präsenter werden.
Der Autor
Der Dominikaner Max Cappabianca ist Leiter der Katholischen Studierendengemeinde Hl. Edith Stein in Berlin. Von 2009 bis 2016 war er Mitarbeiter der vatikanischen Ostkirchenkongregation.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.