Standpunkt

Priester unerwünscht – trotz Klerikalismus

Veröffentlicht am 21.08.2024 um 00:01 Uhr – Von Carina Adams – Lesedauer: 

Bonn ‐ Am Montag hatte ein Priester seine Meinung zur Priesterstudie auf katholisch.de veröffentlicht. Die Kritik darauf spiegelt für Carina Adams vor allem eines wider: wie stark der Klerikalismus auch dort ist, wo er vermeintlich kritisiert wird.

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Unerwünscht fühlt sich Priester Dominik Loy, schrieb er am Montag auf dieser Seite. Gründe dafür gibt es viele: Kritik am Zölibat, persönliche Angriffe auf ihn aufgrund des Missbrauchsskandals und die Erwartungshaltung einer scheinbar nie endenden Arbeitszeit.

Auf den ersten Blick scheint er außerdem die Bochumer Priesterstudie zu bestätigen, auf die er selbst in seinem Beitrag Bezug nimmt: Der junge Klerus vertrete "konservative – um nicht zu sagen veraltete – Vorstellungen über den Priesterberuf und über die eigene Rolle als Priester", hatte Sozialwissenschaftler Nikita Katsuba sie zusammengefasst. Loy betont, er wolle zölibatär leben und den Kollar tragen. Und die Antwort auf diese vermeintliche Bestätigung erhält er prompt:  

"Weinerlich" kommentieren manche Facebook-Nutzer, wenn der junge Priester von Überforderung und Überarbeitung spricht. Problematisch ist dabei nicht die Kritik an einzelnen Aussagen, sondern das allgemeine Unverständnis für seine Person. So bestätigt die Reaktion dieser Leser: Der Klerikalismus ist nicht nur ein Problem der sogenannten Amtskirche. Auch von außen werden Priester immer wieder damit konfrontiert. 

In vielen Köpfen scheint es nur zwei Priesterbilder zu geben: den jungen Konservativen mit einer Liebe zur Liturgie, eucharistischer Anbetung, verklemmter Sexualität und keinem Interesse an seiner Gemeinde. Oder den "Alt-68er" in Sandalen mit einer Vorliebe für Outdoorgottesdienste, Taizé-Gebet und einem Hang zum Liberalismus. Es gibt Priester nur noch als elegante Klerikalisten oder minimalistische Weltverbesserer. Eines dürfen sie beide nicht: Mensch sein. 

Denn es ist derselbe – zu Recht immer wieder kritisierte – Klerikalismus, wenn Dominik Loy keine Gefühle äußern darf, wenn er etwas nicht unfair finden darf und wenn er bitte nicht überfordert zu sein hat, weil er Priester ist. Es zeigt sich dasselbe Weltbild dahinter: Der Priester muss besser sein als die anderen. 

Und so wird einmal mehr deutlich, wie dringend die Kirche endlich ein neues Priesterbild braucht. Etwas zwischen Schichtpfarrer am Sonntagmorgen und vollverfügbarem und gleichzeitig übermenschlichem Wesen. Und es braucht dafür kein Warten auf die Texte vatikanischer Kommissionen oder die Weltsynode. Es würde erstmal reichen, den Priester normal zu behandeln. Ganz normal. 

Von Carina Adams

Die Autorin

Carina Adams ist Redakteurin bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.