Es brauche "überzeugte Christinnen und Christen"

Zulehner: Kirchen als "Hoffnungshebammen" in angstgetriebener Welt

Veröffentlicht am 21.08.2024 um 11:52 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Trotz Relevanzverlust können die Kirchen noch viel bewegen, meint der Wiener Theologe Paul Zulehner. Dazu müssten sie sich politisch in die aktuellen Herausforderungen der Welt einmischen. Und weniger um die eigenen Themen kreisen.

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Der Wiener Theologe Paul Zulehner ist überzeugt, dass die Kirchen trotz ihres zunehmenden Relevanzverlustes in einer angstbesetzten Welt "Sparringspartnerinnen für Sinnsuchende" oder "Hoffnungshebammen" sein können. Und das, obwohl Religion in die private Innerlichkeit absinke, sagte der Theologe am Mittwoch dem Schweizer Portal "kath.ch". Sie verliere ihre politische Kraft, was vor allem den Menschen und der Gesellschaft schade. 

Vor diesem Hintergrund sei es bedenklich, mit welchen Themen sich die europäischen Kirchen bei der Kontinentalversammlung zur Weltsynode 2023 in Prag beschäftigt hätten. Während im Europaparlament die Migrationspolitik und der Ukraine-Krieg diskutiert worden seien, habe die Kirchenversammlung "ergebnislos" über die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, das Frauendiakonat und die priesterliche Lebensform debattiert. "Weltfremder geht es kaum", kritisierte Zulehner.  

Vielmehr müssten sich die Kirchen vom Evangelium her politisch in die aktuellen Herausforderungen der Welt einmischen. Dazu gehörten Kriege, Klimakrise, Migration und Robotisierung. In diesem Zusammenhang hob der Wiener Theologe die Diakonie hervor, die eine der "glaubwürdigsten Formen des Dialogs" sei. Dazu brauche es "überzeugte Christinnen und Christen", die in Gemeinderäte, in den Europarat oder in die UNO gehen und dort das Evangelium in die konkrete Politik einbringen. "Kirchen sind nicht parteipolitisch, aber politisch parteiisch". Die üblichen Gottesdienstversammlungen in überalterten Pfarrgemeinden würden nicht mehr ausreichen, so Zulehner abschließend. (mtr)