"Sie sagen: Wir machen den ersten Schritt"

Zulehner zu Reformprozessen: Rom will Erster sein

Veröffentlicht am 05.07.2024 um 11:24 Uhr – Lesedauer: 

Zagreb ‐ In Deutschland gibt es viele theologische Experten, die in Rom fehlen, meint der Wiener Theologe Paul Zulehner. Dennoch wollen die Römer Vorreiter in Sachen Synodalität sein und zeigen, welche Veränderungen in der Kirche möglich sind.

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Der Wiener Theologe Paul Zulehner ist der Ansicht, dass in Rom die vielen theologischen Experten fehlen, die es in Deutschland gibt. Das Problem des Synodalen Weges sei daher nur, dass er zu früh begonnen habe. "Rom macht nicht gerne den zweiten Schritt. Sie sagen: Wir machen den ersten Schritt", erklärte der Theologe am Donnerstagabend in einem Interview mit dem kroatischen Radiosender HRT. Rom glaube, dass es den ersten Schritt machen müsse, um zu zeigen, was Synodalität sei, welche Strukturen und neue Methoden der Beteiligung es gebe und wie das Kirchenrecht entsprechend geändert werden könne. Erst danach könnten die Reformen in den eigenen Ländern umgesetzt werden. Dies sei allerdings schwierig, so Zulehner, da in Rom die entsprechenden Experten fehlten. 

Von der nächsten Weltsynode wünscht sich der Theologe deshalb mehr Theologie. "Wir müssen mehr Theologie betreiben und erkennen, was wir hören: Spricht da der Heilige Geist zu uns? Und dann müssen wir einen guten Weg finden, um die letzten Entscheidungen zu treffen", so Zulehner weiter. In diesem Zusammenhang griff er unter anderem auch Gedanken der Weltsynoden-Beraterin und Linzer Theologin Klara Csiszar auf, die betonte, dass die kirchliche Synodalität "auch ein gutes Modell für Demokratien" sein könne. Sonst frage sich die Kirche, was sie in Sachen Partizipation von der Demokratie lernen könne. Nun könne man auch umgekehrt fragen, was Demokratien von der erneuerten synodalen Kirche lernen könnten. "Das ist eine sehr gute Aufgabe für die Zukunft, die Aufgabe der Kirche in der Welt von heute".

Der Theologe hält sich derzeit mit Mitgliedern des Pastoralforums und des PosT-Netzwerks auf einer Konferenz über die Kirche in den Gesellschaften Mittel- und Osteuropas in der kroatischen Hauptstadt Zagreb auf. Beide Organisationen wurden auf Initiative des emeritierten Pastoraltheologen in Wien gegründet. Das vor 35 Jahren gegründete Pastoralforum unterstützt und erforscht die Kirchen in Ost- und Mitteleuropa und hilft jungen Theologen durch Stipendien bei der Entwicklung der Pastoraltheologie in diesen Ländern. Das PosT-Netzwerk ist ein Netzwerk von Pastoraltheologen aus Mittel- und Osteuropa und wurde vor 20 Jahren gegründet. (mtr)