Er gilt als Architekt des "Project 2025" – und hat Kontakte zum Opus Dei

Kevin Roberts: Der katholische Vordenker des Trumpismus

Veröffentlicht am 25.08.2024 um 12:00 Uhr – Von Thomas Spang (KNA) – Lesedauer: 

Washington ‐ Vom "Cowboy-Katholiken" hat Kevin Roberts es zu einem der Vordenker der republikanischen Partei gebracht. Er hat Pläne für den Umbau der USA zu einer christlichen Nation vorbereitet. Im Wahlkampf hält er sich derzeit zurück – vorerst.

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Zuletzt lief es nicht so gut für Kevin Roberts, den Vordenker des Trumpismus, der bei einer Rückkehr von Ex-Präsident Donald Trump ins Weiße Haus als Stabschef im Gespräch ist. Um seine Chancen nicht zu gefährden, verlegte der 50-Jährige die für September geplante Publikation seines neuen Buchs "Dawn"s Early Light" (dt. "Frühes Licht des Sonnenaufgangs") auf die Zeit nach den Präsidentschaftswahlen im November. Zuvor hatte Kevin Roberts klare Signale aus dem Wahlkampfteam Donald Trumps erhalten, leise zutreten.

Der "Make-America-Great-Again"-Kandidat wollte nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf die Blaupause für den autokratischen Umbau der USA zu einer christlichen Nation ziehen will, die Roberts Denkfabrik mit dem "Project 2025" erarbeitet hatte.

Auf 922 Seiten liefert das Manifest eine Art Handbuch für eine zweite Amtszeit Trumps, die Roberts kürzlich als "zweite amerikanische Revolution" bezeichnete. Diese werde unblutig verlaufen, sagte er in einem Podcast mit Steven Bannon, einem anderen Rechtskatholiken, bevor dieser seine Gefängnisstrafe wegen Missachtung des Kongresses antreten musste.

Vance bezeichnete Roberts Ideen als "wesentliche Waffe"

Je mehr die Amerikaner über Einzelheiten des Project 2025 erfuhren, desto weniger gefielen ihnen die im Kern antidemokratischen Ideen. Was Trump dazu veranlasste, öffentlich Abstand zu suchen. Dass sein Name mehrere hundertmal in dem Dokument auftaucht und sein "Running Mate" J.D. Vance im engen Austausch mit dem intellektuellen Architekten der Blaupause steht, zwang Roberts zum taktischen Rückzug.

Weil Vance ein glühendes Vorwort zu seinem Buch schrieb, in denen er die Rechte aufrief, "die Wagen zusammenzuziehen und die Musketen zu laden", um mit Roberts Ideen als "wesentliche Waffen" in den Kampf zu ziehen, schien es klüger, das Erscheinen des Titels auf nach dem Wahltag zu verschieben.

Symbolisch löste Roberts auch die dem Project 2025 gewidmete Arbeitsgruppe auf, die sein Vertrauter Paul Dans geführt hatte. Nach getaner Arbeit übernimmt dieser nun andere Aufgaben in der Heritage Foundation, die mit einem Budget von 106 Millionen Dollar im Jahr ein Schwergewicht in der Trump-Welt ist.

Bild: ©KNA

Die Sprache des Opus-Dei-Gründers Josemaría Escrivá de Balaguer dürfte auch Katholiken wie Kevin Roberts und J.D. Vance inspiriert haben.

Es gebe "eine Zeit zum Schreiben, Lesen und Bücherlesungen und eine Zeit, die Bücher zur Seite zu legen und wie in der Hölle zu kämpfen, unser Land zurückzuerobern", erklärt Roberts seinen vorübergehenden Rückzug. Das entspricht dem Ratschlag an seine große Fangemeinde, die von rechtskatholischen Zirkeln bis in die MAGA-Welt reicht, wie Konservative in einer säkularen Welt generell taktieren sollten.

Im September vergangenen Jahres, als er den Job an der Spitze der Denkfabrik übernahm, legte er seine Vision für die Restauration einer christlichen Nation im "Catholic Information Center" (CIC) an der von Lobbyisten bevölkerten K-Street in Washington dar. Der Videomitschnitt kann auf YouTube abgerufen werden und vermittelt Einblick in die Ideen Roberts.

Der CIC ist die Lobby des Opus Dei, das von hier versucht, Einfluss auf die amerikanische Politik zu nehmen. Die Mitglieder der von Josemaria Escriva gegründeten Organisation verbinden so sehr ein spirituelles Band wie ein politisches. Hier tummeln sich Größen der katholischen Rechten wie Roberts, der Präsident der Federalist Society, Leonard Leo, und J.D. Vance, um nur einige zu nennen.

Roberts gefeierter Vordenker einer konservativen Restauration

Die militante Sprache Roberts, Leos und Vance dürfte von dem lange verstorbenen spanischen Opus-Dei-Gründer Escriva inspiriert sein, dessen Bewegung sich unter anderem als Speerspitze gegen die Befreiungstheologie in Lateinamerika verstand. Von dort stammt auch die Ablehnung der Idee einer Trennung von Staat und Kirche, wie sie eigentlich zum Selbstverständnis der USA gehört.

Der Theologe Massimo Faggioli von der Villanova University schlägt im National Catholic Reporter eine direkte Brücke zum Project 2025. "Opus Dei gehört zu den konservativen und traditionalistischen Kräften im Katholizismus, die in den Vereinigten Staaten die letzte Bastion des Christentums sehen". Das Schicksal des Katholizismus ist aus dieser Sicht verbunden mit dem Erfolg einer konservativen Restauration.

Und Roberts ist der gefeierte Vordenker. In seiner Rede im September spricht er über die Salami-Taktik, scheibchenweise zu bekommen, was sich gegen eine Mehrheit in der Bevölkerung durchsetzen lässt. Er klagt, dass es selbst in konservativen Kreisen schwer sei, Abtreibungsverbote oder durchzusetzen oder die Homo-Ehe wieder abzuschaffen.

Bild: ©Wenceslao Cruz

Das Schicksal des Katholizismus sei aus Sicht traditionalistischer Katholiken in den USA verbunden mit dem Erfolg einer konservativen Restauration, analysiert Massimo Faggioli.

Am schwersten sei es, Verhütungsmittel zu verbannen. "Eine Mehrheit der Katholiken glaubt nicht an diese Lehre", räumt er ein, um dann darüber zu sprechen, wie sich dies am Ende doch durchsetzen ließe. Was die Sympathien Roberts für einen autokratischen Umbau der USA erklärt, der den Regierungsapparat säubert und dem Präsidenten unterstellt.

Der in Louisiana in einem kaputten Elternhaus groß gewordene Roberts sympathisierte schon als junger Freiwilliger für den rechtskatholischen "George H.W. Bush"-Herausforderer Pat Buchanan. Nach seinem Studium an der University in Texas gründete er die "John Paul the Great Academy" in Lafayette, eine Schule, die Opus-Dei-Gründer Escriva zu ihrem Patron erkoren hatte.

2013 folgte die Berufung zum Präsidenten des "Wyoming Catholic College", das nationale Schlagzeilen machte, weil es unter Roberts Führung staatliche Gelder mit der Begründung ablehnte, diese würden katholische Prinzipien kompromittieren. Die "New York Times" beobachtete seinerzeit, das College sei gefüllt mit "Cowboy-Katholiken".

"Donald Trump versteht, in welcher Zeit wir leben"

Roberts blieb seiner nun um "Project 2025" entfalteten Weltsicht stets treu. Den Teilnehmern des "World Economic Forum" in Davos gab der Mann, der Trumps intellektuelles Vakuum füllen möchte, einen Vorgeschmack, was diese bei einer Rückkehr des Ex-Präsidenten ins Weiße Haus zu erwarten hätten. Die neue Regierung müsste eine Liste von all dem zusammenstellen, was bei dem Forum jemals vorgeschlagen worden sei und das Gegenteil davon machen: "Nehmen Sie es nicht persönlich, aber Sie sind Teil des Problems."

Roberts hofft, mit seinem Project 2025 Teil der Lösung zu sein und dieses vielleicht als Stabschef im Weißen Haus umzusetzen. Er verfügt über eine Datenbank mit mehr als 10.000 Personen, die in Schlüsselpositionen installiert werden könnten. "Donald Trump versteht, in welcher Zeit wir leben", lobt er den Kandidaten. "Amerika und die amerikanische Lebensweise sind in tödlicher Gefahr und müssen repariert werden."

Der Zweimetermann mit den stahlblauen Augen nimmt die Distanzierung des Wahlkampfteams Trumps nicht persönlich, weil er versteht, dass seine Agenda zur Abstimmung gestellt kaum eine Mehrheit finden dürfte. Er wartet geduldig, bis er am Zug ist.

Von Thomas Spang (KNA)