Frank Ronge als einziger deutscher Vertreter beim Eucharistischen Kongress

DBK-Bereichsleiter: Habe in Quito viel über Synodalen Weg gesprochen

Veröffentlicht am 18.09.2024 um 00:01 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Quito ‐ Am Sonntag endete der Internationale Eucharistische Kongress in Ecuador. Am Treffen nahm auch Bischofskonferenz-Mitarbeiter Frank Ronge teil – als einziger Deutscher. Im katholisch.de-Interview spricht er über seine Erfahrungen und darüber, warum er oft auf den Synodalen Weg angesprochen wurde.

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Menschen aus über 50 unterschiedlichen Nationen sind in der vergangenen Woche beim 53. Internationalen Eucharistischen Kongress in Quito in Ecuador zuammengekommen. Einer der rund 5.000 Teilnehmenden war Frank Ronge. Er ist Leiter des Bereichs Glaube und Bildung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und hat auch das Büro des Synodalen Wegs geleitet. Im katholisch.de-Interview spricht er darüber, warum die Begeisterung für Eucharistische Kongresse in Deutschland eher gering ist und warum er in Ecuador immer wieder auf den Synodalen Weg angesprochen wurde.

Frage: Herr Ronge, warum haben Sie als deutscher Vertreter am Internationalen Eucharistischen Kongress in Quito teilgenommen?

Ronge: Es ist ein Zeichen der weltkirchlichen Verbundenheit, dass auch Deutschland neben diesmal 52 anderen Nationen beim Internationalen Eucharistischen Kongress vertreten ist. Eigentlich wollten Weihbischof Jörg Peters aus Trier und ich gemeinsam reisen. Aber er musste leider zwei Tage vorher aus familiären Gründen absagen.

Frage: Sie scheinen einer der wenigen deutschen Teilnehmer gewesen zu sein. Wie kommt es, dass das Interesse aus Deutschland an dieser Veranstaltung so gering war?

Ronge: Ja, das stimmt, wenn ich richtig sehe, war ich der einzige aus Deutschland angereiste. Das ist angesichts der Entfernung aber auch nicht verwunderlich. Österreich war etwa ausschließlich mit einem Bischof und die Schweiz durch ein Ehepaar vertreten. Und die Organisatoren haben von Anfang an deutlich gemacht, dass dies zwar ein internationaler Kongress ist, zu dem alle Länder eingeladen werden, dass man aber vor allem für eine Teilnahme aus Lateinamerika und besonders Ecuador selbst plant. Die große Mehrheit der Teilnehmenden stammt jedes Mal aus der Weltregion, in der der Kongress stattfindet. Diese Teilnehmerinnen und Teilnehmer nehmen die Vertreter aus der ganzen Weltkirche aber als ein wichtiges Zeichen echt katholischer Verbundenheit wahr.

Frage: Welche Eindrücke nehmen Sie vom Kongress mit?

Ronge: Die Eucharistischen Kongresse wollen immer besonders vor Augen stellen, dass die Eucharistie Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens ist, wie es das letzte Konzil formuliert hat. Hier in Quito wurde dies, wie ich finde, auf beeindruckende Weise ausgedeutet. Vor dem Hintergrund der sozialen Lage in Lateinamerika befassten sich eigentlich alle Programmpunkte damit, wie aus der Mitte der Eucharistie Kraft geschöpft werden kann für das Leben in der Kirche. Und vor allem für die Mitgestaltung der Gesellschaft. Ein Priester aus Ecuador hat dies in seinem Erfahrungsbericht hier sehr schön auf den Punkt gebracht: "Man soll nicht mit geschlossenen Augen beten." Das wurde immer wieder zitiert. Nicht mit geschlossenen Augen beten, sondern im Glauben offen sein für die Probleme der Welt. Darauf zielt auch das Motto des Kongresses: "Fraternidad para sanar el mundo – Geschwisterlichkeit zur Heilung der Welt". Mit Blick auf die Kirche wurde hier auch wiederholt, dass Sinodalidad und Fraternidad, Synodalität in der inneren Gestalt und die nach außen gerichtete Geschwisterlichkeit zwei Seiten einer Medaille sind. Auch das ein schönes Bild, das man mitnehmen kann. Über diese Inhalte des Kongresses hinaus werde ich natürlich viele Eindrücke von Gesprächen mit Bischöfen und anderen Vertretern aus aller Welt mitnehmen.

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Frage: Gibt es schon konkrete Ideen, wie Sie die Erfahrungen hier in Deutschland umsetzen wollen?

Ronge: Nein, auf eine unmittelbare Umsetzung zielt der Kongress schließlich auch nicht ab. Hier in Quito ging es nicht darum, Konkretionen zu diskutieren, es war viel mehr eine Zeit der Reflektion, des Austauschs und des Hörens. Aber ich werde natürlich in den verschiedenen Gremien von der inhaltlichen Ausrichtung und den Gesprächen berichten.

Frage: 2013 gab es in Köln einen Eucharistischen Kongress. Brauchen wir mehr solche Veranstaltungen?

Ronge: Der Versuch von Köln 2013 hat ja gezeigt, dass dieses Format in Deutschland auf keine so große Begeisterung stößt. Wir haben in Deutschland schließlich eine etwas andere Tradition – und das schon seit mehr als 170 Jahren: Vor drei Monaten haben wir in Erfurt wieder einen sehr lebendigen Katholikentag erlebt, bei dem sich viele Katholikinnen und Katholiken versammelt haben, um zu beten, Rednern aus dem kirchlichen und politischen Bereich zuzuhören und zu diskutieren – oder sich einfach zu treffen und als Glaubende gemeinsam zu feiern. Ich finde, das trägt gut zu Synodalität und Geschwisterlichkeit bei, um das Medaillenbild von eben aufzunehmen.

Frage: Sie haben das Büro des Synodalen Wegs geleitet. Synodalität war auch eines der Themen des Eucharistischen Kongresses. Wie häufig wurden Sie auf den Reformprozess der Kirche in Deutschland angesprochen – und wie oft mussten Sie ihn verteidigen?

Ronge: Ja, ich habe in den vergangenen Tagen tatsächlich oft über den Synodalen Weg in Deutschland gesprochen. Von den Entwicklungen zu Hause zu berichten, ist ja gerade auch die Aufgabe all der internationalen Vertreter bei einem solchen Ereignis. Mit Blick auf den Synodalen Weg besteht bei vielen ein großes Informationsbedürfnis, etwa welche Beschlüsse es gibt und was sie bedeuten, dass etwa manches – auch kirchenrechtlich abgesichert – in Deutschland umgesetzt werden kann und dass manches Papst Franziskus als Bitte unterbreitet wurde. Es sind aber auch Gerüchte im Umlauf, denen man entgegentreten muss: etwa die auch aus Deutschland von interessierter Seite immer wieder angedeutete Gefahr eines Schismas – dem muss man als eine ungeheuerliche Unterstellung gegenüber den deutschen Bischöfen und Laien entschieden widersprechen. Besonders oft musste ich aber schlicht noch einmal unseren Ausgangspunkt des Synodalen Weges bei dem Verbrechen sexualisierter Gewalt an Kindern und seiner Vertuschung erklären sowie die Notwendigkeit, die systemischen Fragen anzugehen, um das Evangelium wieder glaubwürdig verkündigen zu können. Aber natürlich gibt es immer wieder auch unterschiedliche theologische Meinungen, beispielsweise hinsichtlich des Themas Homosexualität. Darüber muss man sprechen.

„Wenn wir in der Kirche ständig betonen, dass wir aber nicht so etwas Problematisches wie ein Parlament sein wollen, spielen wir nur den Kräften in unserer Gesellschaft in die Hände, die die Parlamentarische Demokratie am liebsten abschaffen wollen.“

—  Zitat: Frank Ronge

Frage: Immer wieder wurde kritisiert, dass beim Synodalen Weg die spirituelle Dimension fehlt und die Synodalversammlungen mehr Parlament als geistliche Zusammentreffen waren. Wie sehen Sie diese Kritik?

Ronge: Zunächst einmal sollten wir in der Kirche aufhören, den Parlamentarismus schlecht zu reden. Die Parlamentarische Demokratie, wie wir sie etwa in Deutschland haben, ist schon ein außerordentlich erfolgreiches System, um friedlich Konflikte zu lösen. Natürlich kann man jedes System verbessern, aber ich wüsste nicht, welche andere Regierungsform ich mir für Staaten wünschen sollte. Wenn wir in der Kirche ständig betonen, dass wir aber nicht so etwas Problematisches wie ein Parlament sein wollen, spielen wir nur den Kräften in unserer Gesellschaft in die Hände, die die Parlamentarische Demokratie am liebsten abschaffen wollen.

Zu den Synodalversammlungen: Wann immer ich diese Kritik gehört habe, habe ich zurückgefragt: "Was meinen Sie mit spiritueller Dimension?" Möchte jemand den Mitgliedern der Synodalversammlung allen Ernstes unterstellen, dass sie die Messen nicht innerlich beteiligt mitgefeiert hätten? Dass sie sich nicht ernsthaft unter das Kreuz Jesu Christi gestellt haben, das bei all unseren Versammlungen vorn auf dem Podium aufgerichtet war? Dass sie in den "EinHalten", den wiederholten Momenten von Stille und Reflektion, nicht darauf gehofft hätten, dass uns der Heilige Geist führen würde. Das finde ich schon mutig. Spiritualität, geistliches Leben ist immer etwas sehr Persönliches, das zum Einzelnen passen muss und von außen kaum beurteilt werden kann. Und auch die spirituelle Dimension in einer Versammlung hängt vom einzelnen, aber auch von kulturellen Umgebungen ab. Ich meine, dass weder Streit noch die Tatsache von Abstimmungen dazu im Widerspruch stehen, dass eine Versammlung geistlich sein kann. Aus dem gemeinsamen Hören muss schließlich auch das Entscheiden folgen. Natürlich mag unsere Form anderen manchmal als etwas typisch deutsch anmuten – das kann man hier in Quito im Gespräch hin und wieder angedeutet hören. Aber da hoffe ich darauf, dass wir uns diese Unterschiede gegenseitig weltkirchlich zugestehen und letztlich diese katholische Vielfalt leben können.

Frage: Sollte sich im Hinblick auf die nächsten Sitzungen des Synodalen Ausschuss etwas ändern?

Ronge: Das Präsidium des Synodalen Ausschusses wertet derzeit die bisherigen Sitzungen aus und wird gegebenenfalls nachsteuern. Insgesamt habe ich aber den Eindruck, dass die zurückliegenden zwei Sitzungen in einem guten Miteinander und sehr konstruktiv gelaufen sind. Der Synodale Ausschuss ist ein Arbeitsgremium für eine Zwischenzeit, aber zugleich ist er ein weiterer Schritt zur Einübung von Synodalität in Deutschland. Der Weltkirche hat Papst Franziskus mit der Weltsynode in Rom eine Einübung in Synodalität zugemutet. Auch das wird der Synodale Ausschuss in seine Arbeit aufnehmen. Synodalität ist für alle, das merke ich auch hier in Quito in den Vorträgen und vor allem den Gesprächen, ein nicht einfacher Suchprozess. Ich hoffe aber sehr und bin überzeugt, dass das gemeinsame Beraten und Entscheiden auch langfristig ein guter Weg ist, auch in Deutschland.

Von Christoph Brüwer