Synodaler Ausschuss: Die inhaltliche Arbeit beginnt – mit Hürden
"Wir können arbeiten – und das wollen wir auch!" Mit dieser vollmundigen Ankündigung eröffnete die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, am Freitag bei einem Pressestatement die zweite Sitzung des Synodalen Ausschusses. Nachdem es bei der konstituierenden Sitzung des Gremiums in Essen im vergangenen November noch um Formalia wie Satzung und Geschäftsordnung gegangen war, sollte nun auch die inhaltliche Arbeit starten.
Doch zu Beginn wurde es im zur Synodalaula umfunktionierten Sitzungssaal des Mainzer Hotels zunächst still. Schon bei den vorangegangenen Synodalversammlungen in Frankfurt hatten die "EinHalt" genannten geistlichen Impulse die Debatten immer wieder unterbrochen. Diese Impulse seien von den Synodalen auch beim Synodalen Ausschuss explizit gewünscht worden, betonte Bischof Georg Bätzing beim Auftaktstatement: "Wir wollen spirituell miteinander unterwegs sein." Und so hielten nicht wenige der 64 Mitglieder des Synodalen Ausschusses die Augen während der fünfminütigen Stille geschlossen, bevor die Tagesordnung eine Aussprache zu einem besonders emotionalen Thema vorsah.
Frustration über Causa Kohlberger
Schon im Vorfeld hatte die Causa Viola Kohlberger für erheblichen Unmut unter Kirchenvertretern gesorgt. Die Kandidatin für das Amt der Bundeskuratin der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) war ohne Angaben von Gründen vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) abgelehnt worden. Kohlberger war als Mitglied der Synodalversammlung unter anderem mit Kardinal Rainer Maria Woelki und Bischof Rudolf Voderholzer aneinandergeraten und hatte sich immer wieder kritisch geäußert. Am Synodalen Ausschuss nimmt sie nicht teil. Die Ablehnung Kohlbergers als Bundeskuratin wertete das ZdK im Vorfeld des Treffens in Mainz als "irritierend und verstörend" und forderte eben jene Aussprache zu diesem Thema im Synodalen Ausschuss ein.
Spirituell angeleitet von den geistlichen Begleitern Schwester Inga Kramp und Peter Hundertmark wurde dabei vor allem die Frustration über die Entscheidung in der Causa Kohlberger ausgedrückt und davor gewarnt, dass der Graben zwischen Laien und Bischöfen sich wieder vertieft habe – ein Umstand, den man eigentlich beim Synodalen Weg habe abstellen wollen. In einem mit Applaus quittierten Statement sagte der stellvertretende DBK-Vorsitzende, Bischof Michael Gerber, an seine Mitbrüder gerichtet: "Ich weiß bis heute noch nicht, wo die Bedenken sind." Gerber forderte dazu auf, sich im Vorfeld solcher Entscheidungen künftig darüber auszutauschen, welche Konsequenzen diese haben könnten. Beim nächsten Treffen des Ständigen Rates der DBK solle das geschehen.
Gerade die jungen Vertreter des Synodalen Ausschusses, Gregor Podschun (Vorsitzender des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend, BDKJ) und Lisa Holzer (Geistliche Bundesleitung der Katholischen jungen Gemeinde, KjG) sprachen über die Angst junger Menschen in pastoralen Berufen, ihren Job zu verlieren. Eine sichtlich gerührte Stetter-Karp äußerte abschließend ihren Respekt vor Menschen wie Holzer und Podschun. Sie selbst habe 1981 im kirchlichen Dienst begonnen. "Ich weiß nicht, ob ich diese Entscheidung heute nochmal treffen würde." Dass es nicht zu einer handfesten Aussprache gekommen war, fand indes auch Kritik. Pfarrer Werner Otto monierte, er habe den Eindruck, die Causa Kohlberger sei auf diesem Weg aus dem Raum "herausharmonisiert" worden. Auch andere Synodale kritisierten mitunter die langen Schweigepausen.
Zeit sei reif für Revision des CIC
Weniger emotional und stärker theologisch ging es anschließend mit dem Thema Synodalität als Strukturprinzip der Kirche weiter. In einem Vortrag warf der Sankt Georgener Dogmatiker Bernhard Knorn einen ökumenischen Blick auf das Thema Synodalität. Wie tief es dabei in die Materie ging, wurde allein an dem Umstand deutlich, dass sich bei der anschließenden Diskussion bis auf eine Ausnahme nur promovierte oder habilitierte Ausschuss-Mitglieder zu Wort meldeten. Deutlich größer war der Redebedarf bei den kirchenrechtlichen Fragestellungen zu Synodalem Ausschuss und Synodalem Rat. Der Tübinger Kirchenrechtler Bernhard Sven Anuth – vorgestellt als "konstruktiver Kritiker" des Synodalen Wegs – und der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller – selbst Mitglied des Synodalen Ausschusses – referierten über kanonistische Verbote und Möglichkeiten der Beteiligung von Laien an der Entscheidungsfindung in der Kirche.
Dabei betonte Anuth, dass es den Synodalen Rat in der Form, in der die Dokumente des Synodalen Wegs ihn vorsähen, nicht geben können werde. Die Approbation durch den Vatikan für eine "vermeintliche Parität" zwischen Bischöfen und Laien sei ausgeschlossen. Dass es den Bischöfen in den Verhandlungen mit dem Vatikan überhaupt gelungen sei, den Synodalen Ausschuss weiterzuführen, hielt er für bemerkenswert. In der nachfolgenden Diskussion sprachen sich zahlreiche Synodale dafür aus, mutig zu sein und die Grenzen des Kirchenrechts auszuloten oder gar zu verschieben. So zitierte der Berliner Ethiker Andreas Lob-Hüdepohl aus dem Weltsynoden-Bericht: "Die Zeit scheint reif für eine Revision des Codex des kanonischen Rechts und des Codex der Ostkirchen. Es sollte daher eine Vorstudie durchgeführt werden." Die Juristin Charlotte Kreuter-Kirchhof bezeichnete das Kirchenrecht gar als "Betonklotz", der sich ändern müsse, um wirksam zu bleiben.
Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl und der Aachener Bischof Helmut Dieser warnten dagegen vor einer offenen Konfrontation mit dem Vatikan. Andernfalls könne der Synodale Weg in einem Desaster enden. Rekursschreiber würden im Vatikan eine erhebliche Wirkung erzielen, betonte Dieser. Deshalb solle man "alle Klugheit daransetzen, dass wir etwas tun, das nicht sofort angeklagt werden kann".
Ja und Nein stünden nebeneinander
Geistlich begann am Samstag auch der zweite Tag des Ausschusses. Dass für die Eucharistiefeier in der Synodalaula keine Priesterhostie zur Verfügung stand und er die gleiche nehmen müsse, wie alle Gläubigen, bekundete Bischof Peter Kohlgraf mit einem Lächeln: "Das ist synodal." In einer Dialogpredigt mit Mara Klein formulierte Kohlgraf den Wunsch, dass der Wille Gottes beim Synodalen Ausschuss leitend sei. Im Hinblick auf den Text des Matthäus-Evangeliums sagte er, es gelte auszuhalten, dass Ja und Nein nebeneinanderstünden. Mara Klein betonte, dass es noch viel zu Lernen gebe. "Ein Ja zu Synodalität ist auch ein Ja zu Bewegung, zu Unsicherheit, zu Uneindeutigkeit, zu Konflikt und zu Irritation", so Klein, der*die als non-binäre Person ebenso wie Kohlgraf zum Präsidium des Synodalen Ausschusses gehört. "Ich und viele andere sind die Praxis, die von der Theorie abweicht", bekannte Klein. "Das wäre auch wahr, wenn ich nicht Teil des Synodalen Ausschusses wäre, der ja selbst auch römisch gesehen maximal ein Jein mit Bauchschmerzen bekommt und vielleicht am liebsten so nicht möglich sein sollte."
Dass der Synodale Weg Bewegung auslöse und wirke, betonte in der späteren Debatte über die noch ausstehenden Texte des Synodalen Weges Pfarrer Werner Otto. Mit Verweis auf den Reformprozess seien bei ihm zwei homosexuelle Männer und eine transidente Person wieder in die katholische Kirche eingetreten. Er rief dazu auf, auch andere Beschlüsse des Synodalen Weges mutiger umzusetzen und beispielsweise auch in den Bischofskirchen homosexuelle Paare zu segnen.
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Zu überwachen und zu evaluieren, wie die Beschlüsse der Synodalversammlung grundsätzlich umgesetzt werden, wird künftig die Aufgabe eines der drei Kommissionen des Synodalen Ausschusses sein, in die zehn Mitglieder des Gremiums gewählt wurde. Auch die Kommissionen zur Weiterentwicklung der Texte des Synodalen Weges wurde mit zehn Mitgliedern besetzt, ebenso eine dritte Kommission, die sich künftig um die Verständigung über den Begriff der Synodalität als Strukturprinzip der Kirche und der Vorbereitung der Ordnung eines Synodalen Rates beschäftigt. Er habe einen "höllischen Respekt" vor den Aufgaben, die nun noch bevorstünden, bekannte Erzbischof Stefan Heße. Der Eichstätter Diözesanratsvorsitzende Christian Gärtner bemühte sich schon im Vorfeld um Realismus: Er fürchte schon jetzt, dass nicht alle der noch offenen Textvorlagen auf den bisher terminierten weiteren drei Ausschuss-Sitzungen besprochen und beschlossen werden könnten.
Trotz der Dichte der behandelten Themen und der bevorstehenden Aufgaben endete die Sitzung am Samstag pünktlich – ein Umstand, der bei den vorangegangenen Synodalversammlungen eher selten eingetroffen war. Auch Bischof Georg Bätzing zeigte sich am Ende zufrieden mit dem Verlauf der Beratungen. "Die Inhaltlichkeit der Diskussionen hat diese Sitzung geprägt", betonte der DBK-Vorsitzende. Gleichzeitig sei es wichtig, konkrete Veränderungen vor Ort sichtbar zu machen. "Die Menschen müssen sehen können, dass sich das Handeln der Kirche vor Ort verändert." Damit das möglich wird, ist auch die Kommunikation mit dem Vatikan entscheidend. Gelegenheit, dort für die Anliegen der Kirche in Deutschland Werbung zu machen, wird Bätzing schon bald haben: Das nächste Treffen der deutschen Bischöfe mit Kurienvertretern im Vatikan steht noch in diesem Monat.