Äbte aus aller Welt tagen fast zwei Wochen lang in Rom

Deutsche dominieren weiter Spitze des Benediktinerordens

Veröffentlicht am 22.09.2024 um 00:01 Uhr – Von Ludwig Ring-Eifel (KNA) – Lesedauer: 

Rom ‐ Viele Orden sind in der Krise. Missbrauchsskandale, Finanzprobleme und Nachwuchssorgen nagen am Selbstvertrauen. Anders die Benediktiner: Beim Äbtekongress in Rom zeigen sie sich in erstaunlich stabiler Verfassung.

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Dass vieles anders ist beim ältesten Männerorden der katholischen Kirche, macht schon die Personalie an der Spitze der weltweiten Konföderation der Benediktinerkongregationen deutlich: Während sonst in der Weltkirche der Einfluss deutscher Führungskräfte immer weiter schrumpft, ist die Spitze der Benediktiner – wieder einmal – in deutscher, genauer: in bayerischer Hand. Die mehr als 200 in Rom versammelten Äbte wählten Jeremias Schröder (59), den Chef der großen Benediktiner-Kongregation Sankt Ottilien, zu ihrem neuen Abtprimas. Nach Viktor Dammertz (1977-1993) und Notker Wolf (2000-2016) ist er in kurzer Zeit schon der dritte oberste Benediktiner aus Deutschland.

Mit Mauritius Wilde ist zudem noch der Prior der zentralen Abtei der Benediktiner in Rom ein Deutscher. Und auch der Rektor der Hochschule von Sant'Anselmo, der aus Linz stammende Pater Bernhard Eckerstorfer, spricht Deutsch als Muttersprache. Dass die Deutschen in der sonst so international aufgestellten Benediktinerkonföderation nach wie vor eine wichtige Rolle spielen, wurde auch in den Debatten des Äbte-Kongresses deutlich. Es war der deutsche Abt der Jerusalemer Dormitio-Abtei, Nikodemus Schnabel, der nach dem als Gastreferenten geladenen Dominikaner-Vordenker Timothy Radcliffe in einer Grundsatzrede Herausforderungen und Zukunftsvisionen des Benediktinerordens im 21. Jahrhundert umriss.

Jeremias Schröder
Bild: ©Javier Aparicio Suarez OSB

Der oberste Benediktiner, Abtprimas Jeremias Schröder OSB

Aber auch sonst ist – das wurde im Laufe des fast zweiwöchigen Kongresses in der Abtei Sant'Anselmo in Rom immer wieder deutlich – bei den Benediktinern manches anders als anderswo in der katholischen Kirche. So zeigte sich eine erstaunliche Stabilität in der Entwicklung der Zahl der rund 7.000 Mönche weltweit.

Zuwachs in Afrika

Zwar schrumpfen manche Abteien in einigen Ländern Europas, doch andere haben Zulauf. In den USA sind die Benediktinerklöster – viele von ihnen mit angegliederten Schulen – trotz Missbrauchsskandalen weiterhin stabil. In England und Irland hat es hingegen durch den Skandal regelrechte Flurschäden in der Abteien-Landschaft gegeben, mache Standorte mussten komplett aufgegeben werden. Mehr als ausgeglichen wird dies jedoch durch den Zuwachs in Afrika. Wachsende Studentenzahlen verzeichnet die vom Vatikan unabhängige Päpstliche Benediktiner-Hochschule Sant'Anselmo, die sich auf Liturgie, Theologie und Philosophie spezialisiert hat. Vom Sog der Personalkürzungen und Fusionen, der derzeit andere Päpstliche Hochschulen zu erfassen beginnt, bleibt Sant'Anselmo offenbar verschont.

Zu den Klöstern ohne Nachwuchssorgen zählt auch die Abtei Le Barroux in Südfrankreich. Der einst dem Traditionalisten-Erzbischof Marcel Lefebvre folgende Konvent ist seit einiger Zeit wieder mit Rom versöhnt. Die Abtei gehört – obwohl sie keiner Kongregation angegliedert ist – mit zur weltweiten Benediktinerkonföderation. Auch ihr Abt war beim Kongress in Rom dabei – erkennbar unter anderem an der Tonsur, die bei den Benediktinern nur noch jene tragen, die der alten Liturgie und den alten Mönchsregeln aus der Zeit vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) folgen.

Benediktiner in Zivilkleidung

Das Miteinander in versöhnter Verschiedenheit zwischen Traditionalisten und "normalen" Benediktinern ist ein Erbe aus der Ära von Papst Benedikt XVI. und dem damaligen Abtprimas Notker Wolf, der die Devise vertrat: "Besser integrieren als ausgrenzen und einander bekämpfen." Am anderen Ende des benediktinischen Spektrums gibt es Mönche, die höchstens noch zum Gottesdienst ihr Gewand tragen und auch sonst eher "mit der Zeit gehen". Selbst beim Äbte-Kongress in Sant'Anselmo trugen manche Zivilkleidung.

Eine Neuerung beäugten die Äbte aller Schattierungen mit gleicher Neugier: Seit einer Änderung des Kirchenrechts durch Papst Franziskus ist es möglich geworden, dass auch nicht geweihte Mönche, sogenannte Laienbrüder, Abt werden können. Das Kloster Saint Anselm in Manchester (US-Bundesstaat New Hampshire) hat das getan und Bruder Isaac Murphy zum Abt gewählt. Die Entscheidung hatte der Vatikan genehmigen müssen. Ob es demnächst weitere Laien-Äbte geben werde, war beim Kongress in Sant'Anselmo eine viel diskutierte, offene Frage.

Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)