Gemeindereferentin und Pfarrer: Dieses "Dream Team" predigt gemeinsam
"Wir verstehen uns einfach", freut sich Regina Probst. Die 51-Jährige ist Gemeindereferentin in Sankt Michael in Poppenricht in der Oberpfalz. Pfarrer Dominik Mitter ist 41 Jahre alt und ihr Chef. Die beiden sind zusammen das pastorale Team der Kirchengemeinde. "Mehr gibt es hier nicht", sagt der Leitende Pfarrer. Dass ein so kleines Seelsorgeteam besser und schneller Ideen entwickeln und umsetzen könne, davon sind die beiden kirchlichen Mitarbeiter überzeugt. Zur Gemeinde Sankt Michael, die im Bistum Regensburg liegt, gehören nur eine einzige Kirche und 2.300 Katholiken. "Aber wir haben so viele Ideen, Formate und Angebote, dass es genug zu tun für uns gibt", betont Pfarrer Mitterer gleich. Außerdem werden die beiden von einigen Ehrenamtlichen, dem Kirchengemeinderat, dem Kirchenpfleger, dem Mesner und einem Hausmeister unterstützt. "Ohne diese Menschen könnten wir hier zusperren."
Regina Probst ist in Poppenricht aufgewachsen. Kirche bedeutete für die Gemeindereferentin immer schon Heimat und Geborgenheit. Hier habe sie Freunde gefunden und Gemeinschaft erlebt. Nach der Schule machte Probst erst eine Ausbildung zur Krankenschwester. Danach war sie ein Jahr lang als "Missionarin auf Zeit" in Afrika unterwegs. Damals wollte sie lieber in der Kirche arbeiten, mit Jugendlichen, statt im Krankenhaus, berichtet die Theologin. Nach einer dreijährigen Ausbildung zur Religionspädagogin an der Bischöflichen Fachakademie für Gemeindepastoral in Neuburg an der Donau und einer Assistenzzeit in Amberg begann sie anschließend dort tätig zu sein. Doch aufgrund von fehlenden Ressourcen sollte ihre Stelle gestrichen werden. Damals begann Dominik Mitterer als Leitender Pfarrer in Poppenricht zu arbeiten. Weil er nicht so gut sehen kann, wird die Gemeindereferentin fest angestellt. "Um den Pfarrer zu unterstützen", sagt Probst.
"Meine Mutter ist mein bester Chauffeur"
"Ich bin von klein an daran gewöhnt, auf andere angewiesen zu sein", erzählt Pfarrer Mitterer, der seit seiner Kindheit eine Sehbehinderung hat. Heute sei er froh, dass es viele Hilfsmittel gebe, die seinen Alltag erleichtern. So nutzt er für den Gottesdienst zum Beispiel ein Tablet, um die Texte aus dem Messbuch digital in größerer Schrift lesen zu können. Früher musste er die Texte aus den liturgischen Büchern für jeden Gottesdienst extra auf Papier ausdrucken. Autofahren kann Pfarrer Mitterer aufgrund seiner Sehbehinderung nicht. Wenn er zu einem dienstlichen Termin muss, zum Beispiel zu einer Beerdigung oder Hochzeit, fährt ihn jemand. "Meine Mutter ist mein bester Chauffeur", sagt er und lacht. Das Fahrradfahren habe er bereits in der Kindheit aufgegeben: "Zu viele Stürze", erklärt der 41-Jährige. Doch jammern möchte er nicht. Der Theologe ist dankbar für das, was gut funktioniert, vor allem in der Kirchengemeinde. Nicht immer läuft dort alles glatt. "Es gibt da Luft nach oben, mit Mittelmäßigkeit dürfen wir uns nicht zufriedengeben", so der Seelsorger. Erst vor kurzem hat sich der katholische Frauenbund der Gemeinde aufgelöst, weil sich kein neuer Vorstand gefunden hat. Inzwischen hat sich aber eine offene Frauengruppe zusammengefunden, die sich selbst organisieren möchte. Das freut Pfarrer Mitterer. Bald soll auch seine Kirchengemeinde Sankt Michael mit zwei anderen Gemeinden zu einer größeren Seelsorgeeinheit zusammengelegt werden. Da gebe es noch eine Unsicherheit, gibt er zu. "Bis dahin bleiben unsere Stellen hoffentlich erhalten", ergänzt Gemeindereferentin Probst.
Ein Beispiel für die gute Teamarbeit von Pfarrer und Gemeindereferentin ist die Familienmesse, jeden Sonntag um halb elf Uhr. Die sei so beliebt, dass sie die Hauptmesse in der Kirchengemeinde ist, schwärmt Pfarrer Mitterer. Das liege vor allem an der guten musikalischen Begleitung, sagt er in Richtung zu Regina Probst. "Und an deinen guten Predigten", ergänzt die Theologin. Die beiden predigen öfters im Dialog. Das passiere spontan und auf Zuruf während des Kindergottesdienstes, berichten die beiden. Regina Probst ist auch so etwas wie die Aushilfskirchenmusikerin in der Gemeinde. Sonntags in der Familienmesse spielt sie entweder Orgel oder Gitarre. Außerdem leitet sie den Kinderchor. Mit inzwischen 60 Kindern, erklärt die Gemeindereferentin nicht ohne Stolz.
120 Ministranten gibt es in der Pfarrei Sankt Michael
Mittlerweile komme der Familiengottesdienst auch bei den älteren Gottesdienstbesuchern gut an, meint Pfarrer Mitter. "Die Kinder brauchen einen Ort in der Kirche für sich", ist der Priester überzeugt. Es sei für ihn als Leiter der Liturgie kein Aufwand, eine Kindermesse mit Predigt zu gestalten. "Ich brauche dazu nur ein Mikro." Um Gemeinde voranzubringen, müsse man vor allem die Familien und jungen Menschen mit in die Liturgie einbinden, ist auch die Gemeindereferentin überzeugt. So hat sie zum Beispiel ein Kinderformat mit einer Kirchenmaus entwickelt, um jüngere Gottesdienstbesucher oder Erstkommunionkinder für Kirche zu begeistern. Und es gibt 120 Ministranten in Poppenricht. "Das sind in Hinblick auf unsere Pfarrei sehr viele", sagt der Pfarrer. Das bedeute aber auch eine große Verantwortung, "weil wir auf die jungen Menschen gut aufpassen wollen", ergänzt Probst, die auch Kuratin für die Sankt Georg-Pfadfinderschaft in der Gemeinde ist.
Jeden Tag gibt es eine heilige Messe in Poppenricht. Außer am Montag. Da haben die beiden Seelsorger frei. Regelmäßig gestaltet auch Regina Probst Wortgottesfeiern in der Gemeinde. Ihre weiße Albe trägt sie aber nicht so gerne. Lieber agiere sie im Hintergrund und unterstütze den Pfarrer bei seinen Aufgaben. Eine Berufung, selbst Priesterin zu sein, hat die ausgebildete Gemeindereferentin bislang nicht verspürt. "Das ist nicht mein Weg", sagt sie. Sie könne aber Frauen verstehen, die auf mehr Gleichberechtigung in der Kirche drängen. Erst kürzlich hat Probst auch eine Ausbildung für den Beerdigungsdienst gemacht. "Weil ich dich angemeldet habe", scherzt Pfarrer Mitterer.
„Den Zölibat lebe ich aus Überzeugung. Verheiratet oder mit Familie könnte ich diesen Beruf kaum ausüben.“
Dominik Mitterer wusste schon als Kind, dass er einmal Priester werden möchte. Ein Vorbild für ihn war sein damaliger Heimatpfarrer in Sulzbach, der immer wieder davon erzählte, wie glücklich er als Priester sei und dass er den besten Beruf habe. Das könne er als Geistlicher heute nachempfinden, sagt Mitterer. Auch für ihn sei sein Beruf als Priester ein Geschenk. Den Zölibat lebe er aus Überzeugung. Verheiratet oder mit Familie könnte er diesen Beruf kaum ausüben, stellt Pfarrer Mitterer fest. "Für mich war es der richtige Weg." Er gebe sein Leben für Jesus. Das solle jetzt aber nicht zu fromm klingen, ergänzt er. "Und ich bin dein seelischer Mülleimer", sagt Regina Probst lachend. "Ich nehme meine Sorgen mit ins Gebet", erwidert der Pfarrer gleich.
Den Kollar trägt Pfarrer Mitterer aus Überzeugung
Seinen Kollar im dunklem Hemd trägt Dominik Mitterer aus Überzeugung. "Auch in Rom – bei 40 Grad", berichtet Probst schmunzelnd. Die beiden waren erst in diesem Sommer zusammen mit 20 Messdienern aus der Gemeinde bei der Ministrantenwallfahrt in Rom bei Papst Franziskus. Außerdem organisieren die beiden Seelsorger einige spirituelle Formate in der Gemeinde, wie den Kinderbibeltreff, das Jugendvesperteam oder das perfekte Bibeldinner mit Ehrenamtlichen. Regina Probst hat außerdem eine Impulsaktion über eine WhatsApp-Gruppe gestartet, die "#bleibverbunden" heißt. Auch die Aktion "Hoffnungsklang in Krisenzeiten" komme gut an: Bei dieser Abendveranstaltung berichten Menschen einander davon, was ihnen Mut macht.
Überhaupt findet Probst, dass die Nachrichten in den Medien über die Kirche oft zu negativ ausfallen würden. Daher hat sie gemeinsam mit dem Pfarrer die Aktion "Warum es sich lohnt, zu bleiben" initiiert. Dafür haben die beiden Leute gefragt, warum sie in der Kirche sind und bleiben wollen. Die Aussagen haben sie dann dokumentiert und gesammelt. Die Lokalzeitung im Ort sowie das Bistum Regensburg haben über diese Aktion berichtet und die Glaubenszeugnisse veröffentlicht. Ansonsten sind die beiden Seelsorger gemeinsam mit Ehrenamtlichen und anderen pastoralen Mitarbeitern regelmäßig am Marktplatz in Poppenricht anzutreffen. "Wir sind dann einfach da, zum Reden oder wenn jemand etwas loswerden möchte", sagt Mitterer. Auch wenn manche von der Kirche und der Institution enttäuscht sind, "wir können trotzdem darüber reden", ist der Seelsorger überzeugt. "Unser Glaube gibt uns Halt und Trost", betont Gemeindereferentin Probst. Das sei die beste Botschaft, ergänzt der Pfarrer. Und am besten funktioniere sie halt im Team. Die beiden lachen.