Äußerungen zum Wesen der Frau seien eklatanter Selbstwiderspruch

Theologin kritisiert Papst: "Glaubwürdigkeit sieht anders aus!"

Veröffentlicht am 01.10.2024 um 11:08 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Die Worte von Papst Franziskus zum Wesen der Frau in der Uni Louvain brachten ihm Kritik von Studierenden und vonseiten der Universität ein. Auch Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer und die kfd finden dazu deutliche Worte.

  • Teilen:

Die Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer sieht in den jüngsten Äußerungen des Papstes zum Wesen der Frau einen eklatanten Selbstwiderspruch. "Wenn sie nicht gerade der Gruppe der Tradwives angehören, werden Gen Z und die Millennials, aber auch viele andere mit diesen Äußerungen noch ein Stück weiter aus dieser Kirche und von ihr weggetrieben", kommentierte die Freiburger Professorin im Onlineportal der "Herder Korrespondenz" (Montag).

Die Theologin ergänzte, das Verhältnis von Frauen und Männern werde von einer immer wieder neu auszulotenden Spannung zwischen den Polen Verantwortungsübernahme in Gesellschaft und Kirche, Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit, von Care-Arbeit und Karriere, Autonomie und Solidarität geprägt. "Nicht von einer hierarchisch verordneten Wesensbestimmung der Frau, die (wie in vielen anderen kirchlichen Fällen auch) den Zeitgeist des 19. Jahrhunderts zur Norm für das 21. Jahrhundert erklären will", so die Professorin.

Papst Franziskus hatte am Samstag vor Studierenden und Lehrenden der Katholischen Universität Louvain in Belgien über Unterschiede von Frauen und Männern gesprochen: "Was für die Frau charakteristisch ist, was weiblich ist, wird nicht durch Konsens oder Ideologien festgelegt." Später fügte er in improvisierter Rede hinzu: "Frau ist fruchtbares Empfangen, Sorge, lebendige Hingabe – deshalb ist die Frau wichtiger als der Mann."

Widerspruch zu Enzyklika "Fratelli tutti"

Nothelle-Wildfeuer sieht in den Äußerungen des Papstes bei den Jubiläumsfeierlichkeiten der Universität in Louvain einen Widerspruch zu seinen Aussagen in der Enzyklika "Fratelli tutti" aus dem Jahr 2020. Damals habe er festgestellt, dass es gegenwärtig immer noch an der tatsächlichen Anerkennung der Würde für alle Menschen hapere. Er habe festgestellt, dass konkret drei Teilungen der Weltgesellschaft genau diese Geltung der Menschenrechte faktisch in Abrede stellten. Eine dieser Teilungen sei die Kluft zwischen Frauen und Männern.

Kritik an den Äußerungen von Franziskus zur Rolle der Frau äußerte auch die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd). "Frauenleben sind vielfältig und dürfen nicht auf 'fruchtbares Empfangen, Sorge, lebendige Hingabe' und traditionelle Rollenbilder reduziert werden", sagte die kfd-Bundesvorsitzende Mechthild Heil am Montag auf Anfrage des Evangelischen Pressedienst (epd). Jede Frau müsse ihre Talente und Fähigkeiten in Kirche und Gesellschaft frei entfalten können.

Heil sagte, natürlich könne Weiblichkeit nicht durch Ideologien oder einen Konsens festgelegt und Würde weder durch ein Gesetz gegeben noch genommen werden. Darin stimme man mit dem Papst überein. Dies gelte aber auch im kirchlichen Kontext, betonte sie. Die kfd distanziere sich entschieden von der Aussage, es sei hässlich, wenn sich eine Frau zum Mann machen wolle, und fordere, dass Frauen als gleichwertige Partnerinnen gesehen und in Entscheidungsprozesse einbezogen werden. (tmg/KNA/epd)