Ursprünge des Stundengebets

Veröffentlicht am 07.01.2015 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Herabkunft des Heiligen Geistes
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Dossier: Stundengebet

Bonn ‐ Hat Jesus mit seinen Jüngern auch ein regelmäßiges Stundengebet gehalten? Könnte man eine direkte Linie von der kleinen Kirche in ihrer Entstehungsphase, also Jesus und seine Jünger, bis zum heutigen Mittagsgebet im Kölner Dom ziehen?

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Allerdings sind sie schwer zu beantworten, denn die Quellen, also die Evangelien und die anderen Schriften des Neuen Testaments, sagen darüber wenig aus. Aber bereits im alten Judentum sind sowohl private als auch öffentliche Formen des regelmäßigen täglichen Gebets verankert. Jeder fromme Jude, und zu denen gehörte Jesus von seiner Herkunft her, musste damals, und das gilt bis heute, jeden Morgen und Abend das "Höre Israel" (Schema Israel, nach Deuteronomium 6,4) beten.

Im alten Jerusalemer Tempelkult kannte man fünf Gebetszeiten, wobei Eckzeiten am Morgen und am frühen Abend eine Schlüsselstellung einnahmen. In den Evangelien lesen wir (zum Beisoiel bei Lukas 4,16), dass auch Jesus und seine Jünger regelmäßig an Tempel- und Synagogengottesdiensten teilnahmen. Im Tempel offenbarte sich Jesus schließlich dem Volk Israel (Lk 4,16-30).

Benediktinermönche beim Gebet
Bild: ©KNA

Benediktinermönche beim Gebet.

Immer wieder soll sich Jesus um die frühe Morgenstunde oder um Mitternacht zum Gebet zurückgezogen haben. Um allerdings daraus eine feierliche Vigil (also das heute übliche Nachtgebet der Kirche) zu machen, wie sie heute etwa in Klöstern gebetet wird, fehlen zumeist die anderen Jünger, die entweder um die Zeit eingeschlafen sind oder von Jesus einfach nicht mitgenommen werden. (vgl. Mt 5,26, 36, Lk 9,18, 22,39-46 und viele mehr)

Immer wieder fallen Psalmverse auf, die Jesus und seinen Jüngern in den Mund gelegt werden. Auch das ist nichts Ungewöhnliches für die Frommen des Volkes Israel. Die Gebete speisten sich besonders aus Psalmentexten.

Besonders wird es aber dann, wenn Jesus in seinem Gebet sehr persönlich wird, und seine Bitten, seinen Dank, sein Loben und Preisen auf Gott, seinen himmlischen Vater, ausrichtet. Diese Art des Betens überträgt er dann auch auf seinen Jüngerkreis, und so lehrt er die Apostel im Namen Gottes, seines Vaters, zu beten.

Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass viele Elemente (Psalmen, Eckpunkte des Tages, Vaterunser), die auch heute noch das Stundengebet bestimmen, schon bei Jesus angelegt sind, er sicher auch regelmäßig (am Sabbat) in die Synagoge und immer mal wieder in den Tempel ging. Aber wir hören nichts von einem tagtäglichen, immer wiederkehrenden Gebetspensum, das sich die frühe Jüngerschar auferlegt hätte. Wahrscheinlicher ist, dass dies von der späteren Kirche institutionalisiert wurde. (msc)