Standpunkt

Räumungen von Kirchenasyl durch den Staat sind respektlos

Veröffentlicht am 10.10.2024 um 00:01 Uhr – Von Pater Max Cappabianca – Lesedauer: 

Bonn ‐ In Hamburg wurde ein afghanischer Flüchtling von den Behörden aus dem Kirchenasyl geholt und nach Schweden abgeschoben. Für Pater Max Cappabianca ist das ein alarmierender Vorgang. Es stehe zu befürchten, dass dem Staat nichts mehr heilig sei.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Seit Jahrzehnten wird in Deutschland Kirchenasyl praktiziert – ein letztes Mittel, um eine erneute Prüfung des Falls zu erzwingen, wenn Asylsuchenden die Abschiebung droht. Aufgrund der sogenannten Härtefallkommissionen hat das Kirchenasyl zwar nicht mehr dieselbe Bedeutung wie früher. Trotzdem ist es gut, dass der Staat diese Tradition respektiert und sogar Vereinbarungen über das praktische Prozedere geschlossen hat.

Umso bedenklicher ist die jüngst erfolgte Abschiebung eines afghanischen Flüchtlings in Hamburg, der sich im Kirchenasyl befand. Schon immer war einigen das Kirchenasyl ein Dorn im Auge, weil es angeblich die Rechtsordnung untergräbt. Tatsächlich kommt beim Kirchenasyl aber ein anderer Wert ins Spiel, der archaisch anmuten mag, aber tatsächlich bis heute eine Rolle spielt: nämlich die Vorstellung eines "heiligen Bereichs", in dem zu Unrecht Verfolgte Schutz finden.

Wenn die staatlichen Ordnungskräfte das nicht mehr respektieren, dann steht zu befürchten, dass dem Staat nichts mehr heilig ist. Nicht durch das Gewährenlassen von Kirchenasyl untergräbt der Staat seine Autorität, sondern durch das Nicht-Respektieren solcher Schutzräume, die verdeutlichen: Die Macht des Staates ist nicht absolut, sondern endlich. Die Würde des Menschen hingegen ist absolut und kann nicht aus staatlichen Regelungen abgeleitet werden. Diese Regelungen müssen vielmehr diese schützen.  
 
Hoffentlich untergräbt der Staat seine Glaubwürdigkeit durch solche Respektlosigkeiten nicht weiter, sondern versteht, dass er von Voraussetzungen lebt, die er sich selbst nicht geben kann. Am Kirchenasyl kann man das ablesen!

Von Pater Max Cappabianca

Der Autor

Der Dominikaner Max Cappabianca ist Leiter der Katholischen Studierendengemeinde Hl. Edith Stein in Berlin. Von 2009 bis 2016 war er Mitarbeiter der vatikanischen Ostkirchenkongregation.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.