Debatte über vorgeburtliche Bluttests muss kommen
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In diesen Tagen waren NIPTs wieder ein Thema in der Bundespolitik – und das ist gut so. Mit NIPT wird der Nicht-invasive Pränataltest abgekürzt, ein Bluttest, der seit mehr als zwei Jahren eine Kassenleistung ist. Er war als Ausnahme gedacht, ist inzwischen aber fast eine Routineuntersuchung bei jeder dritten Schwangerschaft – obwohl ethisch umstritten und medizinisch von zweifelhafter Aussagekraft. Behindertenverbände sprechen bei den NIPTs von einer Diskriminierung behinderter Menschen und befürchten eine Zunahme von Schwangerschaftsabbrüchen.
Auf den ersten Blick klingt der Test verlockend: Schwangere geben eine Blutprobe ab, anhand derer die Wahrscheinlichkeit abgeschätzt wird, mit der das Baby mit einer Trisomie 13, 18 oder 21 (dem Down-Syndrom) zur Welt kommt. Bis zur Zulassung solcher Bluttests konnte Trisomie nur über eine Fruchtwasser- oder Plazentauntersuchung erkannt werden, die ein hohes Risiko für Fehlgeburten bergen. Das Ergebnis des NIPT ist allerdings keine Diagnose, sondern die Aussage, ob der Test auffällig oder unauffällig ist. Zudem bestätigt sich der Verdacht eines auffälligen Tests vor allem bei jungen Frauen in jedem zweiten Fall nicht; bei älteren Frauen ist der Test zuverlässiger. Schwangere mit unauffälligem Testergebnis hingegen fehlinterpretieren oft, dass es beim Fetus keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen gebe und verzichten häufiger auf weitere (kostenpflichtige) Untersuchungen.
Kurz und gut (wobei es in medizinethischen Fragen kaum eine kurze Erklärung oder eine zu 100 Prozent gute Lösung gibt): Der Geist ist aus der Flasche, aber es setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass es ein Monitoring der Tests und seiner Auswirkungen bräuchte. Der Gesundheitsausschuss des Bundestags beschäftigte sich vergangene Woche damit und befürwortet eine Auswertung der Ergebnisse und einen Bericht an den Bundestag. Die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern forderten gestern zudem eine gesellschaftliche Diskussion, die "in der Vergangenheit versäumt worden" sei. Aus christlicher Sicht ist für mich klar: Bei dieser Diskussion müssen Menschen mit Behinderung beteiligt werden, um zu verhindern, dass pränatale Tests das medizinische Modell von Behinderung stärken, das behinderte Menschen an den Rand der Gesellschaft drängt.
Die Autorin
Agathe Lukassek ist Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Hildegardis-Verein mit Sitz in Bonn.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.