Tück: Papst-Verzicht auf nachsynodales Schreiben ist Fehler
Der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück hält es für einen Fehler, dass Papst Franziskus nach der Weltsynode auf ein nachsynodales Schreiben verzichtet. "Das sei großartig, ja, eine Sensation, ist allseits zu hören. Ich zögere", schreibt Tück in einem Beitrag für "Communio" (Montag online). Der Pontifex habe entschieden, nicht zu entscheiden. "Die Synode ist aus, es lebe die Synodalität. So will es der Papst." Doch wenn man auf das Bild von der Kirche als Orchester eingehe, von dem das Schlussdokument spricht, müsse man sagen: "Klar kann es Dissonanzen geben, sie bereichern das Klangbild – aber es muss eine Perspektive geben, dass sie aufgelöst werden."
Nun blieben Dissonanzen stehen, ohne dass bereits eine Auflösung in Sicht wäre, schreibt Tück weiter. Das sei gewiss "eine Lektion für mehr Ambiguitätstoleranz" und "eine Ermutigung für eine synodale Kirche". Doch gerade beim Frauendiakonat stelle sich die Frage, wie lange "das Orchester hier noch ohne Dirigent weiterspielen" solle, kritisiert Tück. Papst Franziskus hatte das Thema zunächst aus den Beratungen der Synode in eine Studiengruppe ausgelagert; Glaubenspräfekt Víctor Manuel Fernández hatte der Synode mitgeteilt, dass der Pontifex eine Entscheidung in dieser Frage für "noch nicht reif" halte. Stattdessen werde die Entscheidung auf weitere synodale Verständigungsprozesse verschoben, so Tück.
"Er will offenbar nicht"
Der Theologe merkte an, dass es bereits zwei päpstlich eingesetzte Kommissionen gegeben habe, die dazu alles aufgearbeitet hätten. "Es hat in der Geschichte einen spezifisch weiblichen Diakonat gegeben, es könnte ihn auch heute geben. Der Papst könnte das entscheiden, er könnte sogar noch weitergehen, aber er will offenbar nicht."
Die Weltsynode hatte am Samstag ihr Abschlussdokument verabschiedet. Darin wurde unter anderem festgehalten, dass die Frage der Zulassung von Frauen zu Weiheämtern offengehalten werden soll. Überraschend gab Papst Franziskus unmittelbar nach der Abstimmung über den Text die Beschlüsse der Synode zur Veröffentlichung frei und kündigte an, kein nachsynodales Schreiben zu verfassen – ein Novum in der Geschichte der Synoden nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65). Die Entscheidung des Papsts wurde vielfach begrüßt. So sprach etwa die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, von einer "kleinen Sensation": Indem der Papst auf ein nachsynodales Schreiben verzichtete, gebe er der Weltsynode eine große Bedeutung im synodalen Prozess, so Stetter-Karp. (mal)