Da hilft nicht mal ein Jesus-Tattoo
Ob sich Erzbischof José Gomez an seinem Schreibtisch in Los Angeles die Haare rauft, ist nicht bekannt. Wohl aber, dass zumindest der Anwalt der Erzdiözese im sonnigen Kalifornien nah dran ist am Ende der Geduld. Denn es ist nicht nur so, dass die Nonnen den Verkauf des Klosters in den Hügeln von Los Angeles verhindern möchten – sie haben es auch bereits der Restaurant-Betreiberin Dana Hollister versprochen. Doch die Geschäftsfrau habe nicht genug Cash und die Nonnen verlangten von Hollister nur eine geringe Anzahlung, echauffiert sich Anwalt J. Michael Hennigan. Wunschkandidatin Perry würde bar bezahlen. Zudem habe die Kirchenleitung dem Orden zugesichert, dass der Millionen-Erlös den Schwestern zufließen würde, die allesamt in Heimen leben.
Es geht also um viel Geld. Katy Perry will 14,5 Millionen Dollar (13,4 Millionen Euro) für das Anwesen zahlen, das sie zu ihrem persönlichen Rückzugsort machen möchte. Die hohe Summe freut die klamme Erzdiözese. Für Entschädigungszahlungen an Missbrauchsopfer musste sie bereits Immobilien veräußern und Sparmaßnahmen einleiten. So stimmte das Erzbistum dem Kauf zu.
Promitaugliches Klosteranwesen
Doch Sr. Rita und Sr. Catherine sind ganz und gar nicht mit dem Verkauf an den Pop-Star einverstanden. Und trotz ihres schon recht hohen Alters von 77 und 86 Jahren wollen sie ihr ehemaliges Anwesen nicht kampflos aufgeben. Das ist im mittelalterlichen Stil gebaut, hat (promitaugliche) hohe Mauern und einen (promitauglichen) Pool. Ach ja, und einen weiten Blick über Los Angeles. Zumindest architektonisch ist klar, warum sich Perry für das Anwesen interessiert.
In Deutschland taucht der Fall erst nach und nach in den Medien auf. In den USA sieht das anders aus. Vom Time Magazine über die Washington Post bis hin zum katholischen America Magazine – die Geschichte sorgt für Aufregung und auch für unterschiedliche Interpretationen. Geht es um eine von Hierarchie geprägte Kirche, in der Bischöfe an das Vermögen der Nonnen wollen? Oder um eine freizügige Sängerin, die sich mit dem Erwerb der Klosteranlage über die Schwestern lustig machen möchte? Oder doch um zwei Schwestern, die aufgrund ihres Alters letztlich nicht mehr zurechnungsfähig sind?
Die Schwestern zeigen sich kämpferisch
Weder noch. Letztlich geht es wohl um eine reine Rechtsfrage. Normalerweise sind Klöster Eigentume des jeweiligen Ordens und nicht der Diözese – ihre Finanzen laufen unabhängig voneinander. Doch die Schwestern des Unbefleckten Herzens Mariens erhielten 2005 auf päpstliche Anweisung hin eine Art Verwalter, den Vinzentinerpater Thomas Anslow. Er kümmerte sich laut America Magazine bis zum vergangenen Jahr um den Kovent. Außerdem – und das ist wohl noch entscheidender als ein nicht zum Konvent gehörender Verwalter – gibt es eine Vereinbarung, die festlegt, dass der Orden nichts ohne die Zustimmung des Erzbischofs verkaufen darf. Die Schwestern haben das nach Angaben des America Magazines unterschrieben.
Doch trotz aller Umstände: Sr. Rita und Sr. Catherine zeigen sich kämpferisch. Sie seien älter und gebrechlicher geworden, aber "wir sind weiterhin unabhängig und wir regeln unsere Geschäfte selbst", zitierte die "New York Times" aus einer Erklärung von Schwester Rita vor Gericht. Sie sind der Auffassung, dass ihnen die rechtmäßige Kontrolle über ihr Anwesen obliegt. Zudem beruft sich Schwester Rita darauf, dass die anderen vier verbliebenen Schwestern des Ordens dem Verkauf an Hollister per Unterschrift zugestimmt hätten. Doch nun kam heraus, dass eine Unterschrift offensichtlich gefälscht war. Gleichzeitig gibt es Gerüchte, dass eine weitere Schwester gezwungen worden sei, per Unterschrift die Position der Erzdiözese zu unterstützen. Die Schwester bestreitet das vehement, doch nach Angaben der Los Angeles Times gibt es E-Mails, die zeigen, dass eben jene Schwester zumindest Zweifel hatte, was den Verkauf an Katy Perry angeht.
„...als würden wir dazu gezwungen werden, unser Gelübde mit der katholischen Kirche zu verletzen.“
Denn die Person Perry passt den Nonnen nicht. In einer Gerichtserklärung schrieb der Anwalt der Schwestern, dass Perrys "öffentliches Ansehen" gegen den Verkauf spreche. Schwester Catherine meldete in einem Schreiben an die Erzdiözese Bedenken an. Ein Deal mit der Sängerin fühle sich an, "als würden wir dazu gezwungen werden, unser Gelübde mit der katholischen Kirche zu verletzen", zitierte die "New York Times" aus dem Brief.
Ende Juli wird der Fall erneut vor Gericht verhandelt
Zu Erinnerung: Katy Perry ist Sängerin von Liedern wie "I Kissed a Girl" oder "Teenage Dream". Sie ist ihren Musikvideos nach zu urteilen ein großer Freund von knapper Kleidung und quietschbunten Haarfarben. Das taugt in säkularisierten Gesellschaften nicht wirklich zum Aufreger, bei älteren Nonnen kann es aber durchaus für eine gehörige Portion Skepsis sorgen. Da hilft es auch nicht, dass Perry extra zu den Schwestern gefahren ist, um ihnen den Gospel-Song "Oh Happy Day" vorzusingen und ihnen ihr Jesus-Tattoo am Handgelenk zu zeigen. Nicht einmal die Tatsache, dass Perry Tochter eines Pfingstkirchen-Pastors und streng gläubig aufgewachsen ist, kann die Nonnen umstimmen.
Richter James Chalfant vom Superior Court rief beide Parteien am Montag zu einer Einigung auf. Den Antrag der beiden Nonnen auf eine einstweilige Verfügung gegen die Erzdiözese lehnte er nach Medienberichten ab. Eine Einigung ist also in weiter Ferne. Stattdessen müssen die Streithähne Ende Juli und im Oktober erneut vor den Richter treten. Ausgang? Ungewiss. Möglich, dass sich Perry bis dahin ein anderes Domizil sucht. Geld genug hat sie ja. (mit Material von dpa)