Standpunkt

Syrien-Rückkehr: Die Forderungen sind eine humanitäre Unverschämtheit

Veröffentlicht am 16.12.2024 um 00:01 Uhr – Von Dominik Blum – Lesedauer: 

Bonn ‐ Nach der Befreiung Syriens vom Assad-Regime wurden Forderungen laut, Flüchtlinge in ihre Heimat zurückzuschicken. Skandalös ist dabei die populistische Haltung, kommentiert Dominik Blum und erinnert an das humanitäre Erbe Europas.

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Die ZDF "heute-show" hat ein gutes Gespür für Peinlichkeiten und Ungerechtigkeit in Gesellschaft und Politik. In der letzten Sendung im Jahr am Freitagabend der vergangenen Woche hat sie dafür wieder die so gar nicht begehrten Goldenen Vollpfosten verliehen. Einer der Preisträger 2024 ist, in meinen Augen völlig zu Recht, Jens Spahn.

So laut wie kein anderer hat er kaum 24 Stunden nach der Befreiung Syriens vom Assad-Regime gefordert, syrische Flüchtlinge aus Deutschland mit 1000 Euro in der Tasche in Charterflugzeugen in ihre Heimat zurückzubringen. Das ist eine bodenlose humanitäre Unverschämtheit. Von DBK-Seite haben die zuständigen Erzbischöfe, Stefan Heße als Flüchtlingsbischof und Udo Markus Bentz als Experte für den Nahen und Mittleren Osten, sehr schnell deutlich gemacht, wie unangemessen diese vor allem von CDU-Politikern angezettelte Debatte ist. Die DBK rekurriert dabei zu Recht auf die Situation in Syrien, die nach 13 Jahren Bürgerkrieg völlig unübersichtlich und instabil ist, nicht nur für die kleine Gruppe der Christinnen und Christen. Und wer sich an die vergleichbaren Zustände in Ägypten, Libyen oder im Jemen nach den Aufständen des arabischen Frühlings erinnert, der weiß, dass dies noch lange so bleiben wird.

"Das syrische Volk hat das Recht in Würde und Zivilisation zu leben. Dazu sind wir auf die internationale Solidarität angewiesen." Was der Erzbischof von Homs, Jacques Mourad, gerade im Podcast "Friedensreiter" des Ludwig-Windthorst-Hauses beansprucht hat, gilt nicht nur in Syrien, sondern auch in Deutschland. Hierzulande leben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes etwa 1,3 Millionen Menschen mit syrischer Einwanderungsgeschichte, 18% von ihnen sind in Deutschland geboren. Im Schnitt leben diese Mitbürger seit acht Jahren bei uns. Die meisten von ihnen sind gut integriert, gebildet, berufstätig – oft im Gesundheitswesen. Auch deshalb haben sogar Wirtschaftsfachleute Spahn widersprochen und das deutsche Ärzteblatt vor Versorgungslücken ohne syrische Fachkräfte gewarnt.

Der eigentliche Skandal der Aussagen Spahns und anderer CDU/CSU-Bundespolitiker ist aber die populistische, antisolidarische Haltung, die Menschen in Deutschland zur Manövriermasse am äußersten rechten Rand des vorgezogenen Bundestagswahlkampfes degradiert. Wie bitter, dass ausgerechnet die CDU vor Weihnachten noch an das humanitäre Erbe Europas und die im Weihnachtsereignis wurzelnde Menschenwürde aller erinnert werden muss.

Von Dominik Blum

Der Autor

Dominik Blum ist Pfarrbeauftragter in der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Artland im Bistum Osnabrück.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.