Alljährlicher Bericht vorgestellt

Kirchen besorgt über Rüstungsexporte – Kritik an Bundesregierung

Veröffentlicht am 18.12.2024 um 12:19 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Die inzwischen auseinandergebrochene Ampel-Koalition war mit dem Versprechen angetreten, für mehr Klarheit in der Rüstungsexportpolitik zu sorgen. Davon ist nicht viel übrig geblieben, finden die beiden großen Kirchen. Sie sehen sogar Rückschritte.

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Die beiden großen Kirchen in Deutschland zeigen sich besorgt über die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung. Bei der Vorstellung ihres alljährlichen Berichtes plädierten sie am Mittwoch unter anderem dafür, Waffenausfuhren nach Israel auf den Prüfstand zu stellen. Konkret fordert die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung GKKE die Bundesregierung auf, "keine Rüstungsexporte nach Israel zu genehmigen, wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass die Rüstungsgüter zu schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht benutzt werden". Rüstungsgüter wie zum Beispiel Panzermunition dürften nicht nach Israel ausgeführt werden, solange die israelische Regierung der Sicherheit der Zivilbevölkerung in Gaza keine signifikant höhere Priorität einräume.

Der katholische GKKE-Vorsitzende Karl Jüsten unterstrich die besondere Verantwortung Deutschlands für Israels Sicherheit und dessen Recht auf Selbstverteidigung. Er betonte jedoch, dass auch Israel sich an das humanitäre Völkerrecht halten müsse. In ihrem Rüstungsexportbericht halten die beiden Kirchen fest, dass die Bundesregierung in diesem Jahr zwischen Januar und September Einzelausfuhrgenehmigungen in einer Gesamthöhe von rund 11 Milliarden Euro genehmigt hat. Im gesamten Vorjahr war der bisherige Höchstwert von 12,18 Milliarden Euro erreicht worden. Ausfuhrgenehmigungen entsprechen nicht den tatsächlichen Ausfuhren, sondern beziehen sich auf Rüstungsexporte in der Zukunft. Sie gelten gleichwohl als wichtiger Gradmesser für den Kurs in der Rüstungspolitik.

Als besonders besorgniserregend bezeichnete Max Mutschler vom Internationalen Zentrum für Konfliktforschung Bonn die Zahlen für das laufende Jahr. Auch wenn hier die Ukraine mit etwas mehr als sieben Milliarden Euro wieder Hauptempfängerland sei, befänden sich anders als in den beiden Vorjahren viele problematische Drittstaaten unter den Hauptempfängern. Beispielhaft verwies Mutschler auf Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar. Auch die Genehmigung von Rüstungsexporten an die Türkei stufte der Experte als kritisch ein.

Rückschritte unter Ampel-Regierung

Wie aus einer vor wenigen Tagen bekanntgewordenen Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen (BSW) hervorgeht, erteilte die Bundesregierung bis zum Stichtag 3. Dezember Einzelausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter für die Türkei im Gesamtwert von fast 231 Millionen Euro. "Angesichts der andauernden völkerrechtswidrigen Angriffe Ankaras gegen die Nachbarn Irak und Syrien sind die extremen Waffenexporte von SPD und Grünen ein fatales Signal",  so Dagdelen. Mit Blick auf die Exporte nach Israel und in die Ukraine erklärte die Abgeordnete: "Die Ampel hat alle Grenzen in der Rüstungsexportpolitik zu Fall gebracht."

Die beiden Kirchen bescheinigten der Ampel-Koalition unterdessen Rückschritte bei der Transparenz und den gesetzlichen Regelungen zu Waffenausfuhren. Die Ankündigung im Koalitionsvertrag, in der Legislaturperiode ein Rüstungsexportkontrollgesetz zu schaffen, habe für eine gewisse Zuversicht gesorgt, so die evangelische GKKE-Vorsitzende Anne Gidion. "Viel ist davon leider nicht geblieben." An die Stelle einer Gesetzesregelung seien vage Formulierungen getreten, "die dem Ernst der zur Verhandlung stehenden Gegenstände nicht gerecht werden".

Derweil wurde der ausstehende Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für 2023 am Mittwoch vom Kabinett beschlossen. Die Autoren des Kirchenberichts hatten zuvor kritisiert, dass der Regierungsbericht erst so spät im Jahr komme. Für das kommende Jahr forderten sie, wieder zur Praxis der Veröffentlichung vor der parlamentarischen Sommerpause zurückzukehren. (KNA)

18.12.24, 13.05 Uhr: Ergänzt um weitere Details.