Standpunkt

Jenseits aller Weihnachtsidyllen sind Christen weltweit unter Druck

Veröffentlicht am 23.12.2024 um 00:01 Uhr – Von Christoph Strack – Lesedauer: 

Bonn ‐ Angesichts der vorweihnachtlichen Besinnlichkeit fällt das Leid verfolgter und bedrängter Christen unter den Tisch, kommentiert Christoph Strack. Er wünscht sich mehr Bewusstsein – auch angesichts aktueller Ereignisse.

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Der Gedenktag teilt das Schicksal des gesamten zweiten Weihnachtstages. Am 26. Dezember begeht die katholische Kirche in Deutschland den "Gebetstag für verfolgte und bedrängte Christen". Liturgisch passt das. Denn nach den Texten zur Geburt Jesu und zur Weihnachtsfreude bringt der Stephanustag mit der Schilderung des ersten Martyriums das Ende der Beschaulichkeit. Aber wer bekommt das noch mit? Wer geht da noch in die Kirche? Und vorweihnachtlich konzentrieren sich Medien auf geselligere Aspekte des Festes.

"Die Zahl der verfolgten Christen hat in den letzten Jahren ständig zugenommen", erklärten Experten Anfang Dezember bei der Vorstellung der Jahrbücher "Religionsfreiheit" in Berlin. Ob Venezuela, Indien oder Pakistan, Nigeria oder Sudan… eine unvollständige Aufzählung von Hotspots. Christen leiden in vielen Regionen der Welt unter Repressalien oder Hassverbrechen.   

Dabei hat das Thema politisch in Deutschland keine Konjunktur. Zu Zeiten von Kanzlerin Merkel tauchten unter staatlichem Druck stehende kirchliche Repräsentanten wenigstens ab und an auf einem Reiseprogramm auf, gelegentlich stand solchen Gästen auch das Kanzleramt offen. Bei Kanzler Scholz, auch bei seiner Außenministerin muss man da suchen. Vielleicht war die engagierte Arbeit von Frank Schwabe (SPD), dem Beauftragten der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, der einzige Lichtblick. Und der 2014 ausdrücklich gegründete Stephanuskreis der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag war zwar noch aktiv. Aber auf der Seite der Fraktion stammt das letzte Lebenszeichen, die "Stephanuspost" mit dem Titel "Vergesst die Verfolgten und Bedrohten nicht", von Weihnachten – 2020.

Selbst das furchtbare Verbrechen von Magdeburg passt schließlich zu diesem Thema. Der mutmaßliche Täter, ein Ex-Muslim, hasste den Islam. Er hasste aber auch das Christentum. "Weder der Islam noch das Christentum gehört zu Deutschland", schrieb der saudische Arzt, der im Netz gern AfD-accounts folgte, mal in den sozialen Medien. Sicher, das ist in der Tragödie derzeit nicht der wichtigste Aspekt. Aber die Äußerung (die ich weder als "wirr" noch als "krude" verharmlosen möchte) sollte noch zu denken geben.

Von Christoph Strack

Der Autor

Christoph Strack ist Leiter des Bereichs Religionen der Deutschen Welle.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.