Anwalt: "Wir betrachten diese Freistellung als rechtswidrig"

Freiburger Domkapellmeister mit sofortiger Wirkung freigestellt

Veröffentlicht am 30.12.2024 um 16:15 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Der öffentliche Streit in Freiburg wegen der Kündigung des langjährigen Domkapellmeisters Boris Böhmann führte am Montag zur sofortigen Trennung. Das teilten sowohl das Erzbistum als auch der entlassene Chorleiter mit.

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Nach internen Querelen und öffentlichen Protesten an Weihnachten hat sich das Erzbistum Freiburg am Montag vorzeitig vom langjährigen Domkapellmeister Boris Böhmann getrennt. Das teilte sein Anwalt am Montag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit. Das Erzbistum bestätigte KNA diese Freistellung mit "sofortiger Wirkung". Ursprünglich war dem Mann zu Ende Februar gekündigt worden.

"Unser Mandant ist heute mit sofortiger Wirkung und unwiderruflich von der Verpflichtung zur Erbringung einer Arbeitsleistung freigestellt worden. Eine Begründung ist dem Freistellungsschreiben nicht zu entnehmen", sagte der Anwalt und ergänzte: "Wir betrachten diese Freistellung als rechtswidrig und prüfen gemeinsam mit unserem Mandanten, ob kurzfristig gegen diese Freistellung rechtliche Schritte eingeleitet werden."

Erzbischof Stephan Burger beschrieb die Vorkommnisse der vergangenen Tage als Belastung für die Sängerinnen und Sänger, für die Eltern und Mitarbeitenden. Insbesondere ein Vorfall bei der Christmette im Freiburger Münster hatte vergangene Woche bundesweit für Aufsehen gesorgt. Nach einem Lied der Domsingknaben am Ende des Gottesdienstes brandete laut Medienberichten ein langer Protest-Applaus auf – offensichtlich aus Solidarität mit dem Domkapellmeister.

Trennung wegen Streit in der Dommusik

"Die Kündigung des Domkapellmeisters im Sommer zu Ende Februar war nach Jahren des internen Streits der letzte Ausweg. Die fristlose Freistellung ist eine Reaktion auf die Ereignisse in den Gottesdiensten an Heiligabend und Weihnachten", erklärte Burger auf Anfrage der KNA. Die Messen seien mutwillig gestört worden. Für Störungen gebe es dabei keinen Platz – auch nicht an Weihnachten. "Der Leiter der Chöre hat dies mindestens gebilligt", so der Erzbischof. Daher habe der Domfabrikfonds Konsequenzen ziehen müssen. "Die Gründe für die Kündigung liegen in den tiefgreifenden Streitigkeiten in der Dommusik", begründete er die Trennung. Rechtliche Aspekte lassen es nicht zu, die Gründe der Trennung detaillierter öffentlich zu nennen. Burger rief dazu auf, nach vorne zu schauen. Neue Leitungen der Chorformationen stünden trotz der schwierigen Lage bereit, "frischen Wind und neue Motivation zu bringen".

Böhmann wurde laut Erzbistum am Montag in einem persönlichen Gespräch über die unverzügliche Trennung informiert. Auch Elternvertreter und Chorsprecher seien umgehend über die Entscheidung informiert worden. Die erfolgte Freistellung Böhmanns greife demnach bereits für den Jahresabschlussgottesdienst an Silvester. Elternvertreter und Chorsprecher kritisierten das Vorgehen des Erzbistums. "Die einseitige Entscheidung, Herrn Professor Böhmann nach über zwei Jahrzehnten seines engagierten Wirkens als Domkapellmeister zu entlassen, wird unserer Überzeugung nach nachhaltig negative Auswirkungen auf das Ansehen des Erzbistums haben, aber auch Unverständnis in Teilen der Freiburger Gottesdienstbesucher nach sich ziehen", heißt es in einer am Montagabend veröffentlichten Erklärung der Chorformationen. Die nun getätigte Entscheidung zur sofortigen Freistellung verdeutliche "die Distanz zwischen einigen Kirchenverantwortlichen und den Sängern, die über Jahre hinweg die Gottesdienste selbstlos begleitet haben". Die Chorformationen fordern einen Dialog mit allen Beteiligten sowie eine "respektvollere Kommunikation" seitens der Verantwortlichen.

Der Konflikt hatte sich seit längerem zugespitzt und führte zu öffentlichen Protestaktionen in Freiburg. So beendete Burger die von Protest-Applaus unterbrochene Christmette erst nach einer Unterbrechung und nachdem ein katholischer Fernsehsender seine Live-Übertragung unterbrochen hatte. Die Erzdiözese sprach von einem Protest "zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort". (KNA)