Missbrauchsvorwürfe: Papst löst offenbar Laienbewegung "Sodalicio" auf
Papst Franziskus hat offenbar die umstrittene Bewegung "Sodalitium Christianae Vitae" aufgelöst. Das geht aus einer am Montag auf der Generalversammlung der katholischen Gemeinschaft im brasilianischen Aparecida veröffentlichten Mitteilung hervor. Darin nehmen die Verantwortlichen Bezug auf entsprechende Medienberichte. Demnach überbrachte Kardinal Gianfranco Ghirlanda den Teilnehmern die Entscheidung des Papstes.
Im Juli und August 2023 hatte eine kirchenrechtliche Untersuchung schweren Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt innerhalb der aus Peru stammenden Gemeinschaft ans Licht gebracht, die in Lateinamerika kurz "Sodalicio" genannt wird. Im September 2024 wurden zehn Mitglieder auf Geheiß des Papstes aus dem Sodalicio entlassen. Einen Monat zuvor hatte der Vatikan bereits den Gründer Luis Fernando Figari nach Vorwürfen sexuellen Missbrauchs offiziell aus der Gemeinschaft ausgeschlossen.
Rund 20.000 Mitglieder
Mit etwa 20.000 männlichen Mitgliedern, die, egal ob Priester oder nicht, ehelos leben und Gelübde ablegen, zählt das "Sodalicio" zu den mittelgroßen Spezialgemeinschaften in der katholischen Kirche. Es ist größer als die meisten klassischen Ordensgemeinschaften, aber kleiner und weniger weit verbreitet als etwa das Opus Dei oder die Neokatechumenalen.
Die Gemeinschaft wurde 1971 in der peruanischen Hauptstadt Lima gegründet. Binnen weniger Jahre erlangte die Gruppe als Gegenbewegung zur politisch als linkslastig empfundenen Befreiungstheologie großen Einfluss in der katholischen Kirche. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) erkannte die Organisation 1997 offiziell an. Im Vatikan wurde die Bewegung damals hoch geschätzt. Sie füllte ihre Priesterseminare und Ordenshäuser mit jungen Mitgliedern, während die Seminare anderer Ordensgemeinschaften immer leerer wurden. Hinweise, dass es dabei zu Misshandlungen gekommen sei, wurden von den örtlichen Kirchenoberen lange Zeit nicht verfolgt.
Das Sodalicio, zu dem auch ein weiblicher Zweig gehört, verfügt laut Medienberichten über erhebliche Vermögenswerte. Unklar ist derzeit noch, ob diese an eine noch zu gründende Nachfolgeorganisation übergehen oder anderen kirchlichen Stellen übereignet werden. (KNA)