Bischof Wilmer: Bischöfe sollten in Sozialen Medien aktiv sein
Bischof Heiner Wilmer wünscht sich ein größeres Engagement seiner Amtskollegen in den Sozialen Medien. Er selbst denke darüber schon länger nach. Doch müsse die Kommunikation echt und authentisch sein – wo auch immer sie stattfinde. "Das Medium, das ich nutze, muss zu mir passen", sagte der Bischof von Hildesheim der Zeitschrift "Communio" am Montag.
Weiter sagte Wilmer, wegen der hohen Frequenz von Postings, die erforderlich seien, bleibe die Frage, was man zeitlich investieren wolle und könne, "damit die Kommunikation echt ist". Thematisch hält Wilmer es nicht für erforderlich, dass die Kirche sich zu allem äußert. Inzwischen sei die Kirche außerdem nur noch eine Anbieterin unter vielen, um Sinn zu stiften und Orientierung zu geben. "Nur weil Kirche etwas sagt, wird sie deshalb nicht auch gleich gehört", sagte er. Die Zeiten, in denen Bischöfe ständig in Talkshows eingeladen würden, seien vorbei.
Grundsätzlich sei er dafür, dass die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) in relevanten Themen klar Position beziehe. Dazu zähle er den Schutz des ungeborenen Lebens, das Thema assistierter Suizid, die Themen Migration und Krieg und Frieden. Außerdem sei es wichtig, dass die Bischöfe klarstellten, dass völkischer Nationalismus und Christentum unvereinbar seien – wie das im vergangenen Jahr geschehen sei. Der Bischof bilanzierte, die Menschen sehnten sich zunehmend nach Orientierung und seien nicht mehr in der Lage, diese aus sich selbst heraus zu finden. Er warnte davor, die Orientierung aus der Mehrheitsmeinung abzuleiten. Diese könne heute so sein und morgen ganz anders. Aus seiner Sicht gebe eine Lehre der Bibel Orientierung, sagte Wilmer: "Jeder Mensch ist Ebenbild Gottes. Jede und jeder. Ohne Ausnahmen."
Wilmer mahnt Politik
Weiter warnte der Bischof davor, Menschen in Gruppen mit unterschiedlichem Wert und unterschiedlichen Rechten aufzuteilen. "Es kann nicht sein, dass wir Menschen von der Wertigkeit und von der Würde her in Gruppen aufteilen. Alleine dieser Gedanke ist Sünde", so Wilmer. 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz sei die Welt erneut an einem Scheideweg: "Hass und Intoleranz sind wieder auf dem Vormarsch. Die Lehren von Auschwitz dürfen nicht verblassen", betonte der Bischof.
Der Vorsitzende der DBK-Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen erklärte, die Welt sei so komplex geworden, dass die Menschen wieder empfänglicher für simple Erklärungen und Schwarz-Weiß-Malerei geworden seien: "Hier die Inländer, da die Ausländer. Und manche reden über Begriffe wie Remigration, die eigentlich Deportation meint." Doch einfache Lösungen würden der Komplexität "auch nur eines Menschenlebens" nicht gerecht. Wilmer warnte: "Wir brauchen eine kritische Distanz zu einfachen Antworten. Wenn es um einfache Antworten in der Öffentlichkeit geht, dann sollten bei den Menschen die Warnsignale aufleuchten."
Der Bischof führte weiter aus, es könne nicht sein, dass öffentlich ein Diskurs über deutsches Blut und deutschen Boden geführt werde. Wörtlich sagte er: "Es kann nicht sein, dass öffentlich darüber nachgedacht wird, dass wir auf 20 bis 30 Prozent der Menschen in Deutschland verzichten könnten und über eine große Deportation nachdenken." Mit Blick auf den Krieg im Nahen Osten sagte Wilmer, es sei wichtig, die Opfer auf beiden Seiten im Blick zu haben – in Israel wie in Gaza. "Es geht darum, dass wir den Menschen im Blick haben. Und nicht eine Ideologie", betonte er. Wilmer fügte hinzu: "Antisemitismus ist Sünde. Antisemitismus ist ein Anschlag auf die Würde des Menschen. Antisemitismus zerstört unsere Demokratie." (tmg/KNA)