Gerichtsstreit im italienischen "Glockenkrieg": Priester müssen zahlen
Kaum ein Land ist traditionell so sehr mit der katholischen Kirche verbunden, wie Italien. Auch wenn selbst in der Mittelmeernation die Säkularisierung voranschreitet, bekennt sich noch der weitaus größte Teil der Italienerinnen und Italiener zur katholischen Kirche. Dass die Kirche auch akustisch den Alltag bestimmt, ging einigen Einwohnern in der beschaulichen Kleinstadt San Dorligo della Valle in der Nähe von Triest an der nördlichen Adria offenbar zu weit. Die Auseinandersetzung gipfelte sogar in der Beschlagnahmung der Glocken durch die Staatsanwaltschaft. Doch von Anfang an.
Der Streit begann im Jahr 2022, als sich rund 150 der etwa 5.700 Bewohner San Dorligos über das Geläut der St.-Ulrichs-Kirche beschwerten und eine Protestpetition unterschrieben. Die Glocken schlugen ihrem Empfinden nach zu laut und zu häufig. Tatsächlich hatten die beiden Priester, Don Klemen Zalar und Don Roy Benas, den Glockenturm so programmieren lassen, dass er zwischen 7 Uhr morgens und 21 Uhr jede Viertelstunde schlägt – mit zwei Schlägen zur ersten Viertelstunde, zwei Schlägen zur halben Stunde und sechs Schlägen zur Dreiviertelstunde.
Seit dem vergangenen April läuten Glocken wieder
Die Bewohner empfanden das als unzumutbare Belästigung und schalteten die Staatsanwaltschaft ein, die ein Verfahren eröffnete – und handelte: 2022 wurden die Glocken sogar beschlagnahmt, weil die Ruhestörung aus Sicht der Behörden zu groß war. Der Streit ging weiter – und landete schließlich vor Gericht. Die regionale Zeitung "Il Piccolo" dokumentierte den skurrilen Fall und bezeichnete ihn gar als "Glockenkrieg".
Eine Freigabe und eine weitere Beschlagnahmung später läuten die Kirchenglocken seit dem vergangenen April nun wieder regelmäßig in der italienischen Kleinstadt – allerdings weniger häufig. Die zuständige Diözese Triest erließ eine neue Läuteordnung für alle Pfarreien, um den Fall zu beruhigen.
Linktipp: Diese Regelungen gelten für Kirchenglocken
Mancherorts beschweren sich Anwohner aus bestimmten Gründen über die Kirchenglocken. Wann Glocken wie und wie laut läuten – und warum sie selbst bei einem Papst-Tod nicht einfach so erklingen dürften, erklärt katholisch.de.
Das Gerichtsverfahren gegen die beiden Priester dauerte indes an. Am vergangenen Freitag nun endete der Rechtsstreit mit einer Geldstrafe. Die beiden Priester – mittlerweile in anderen Pfarreien tätig – saßen wegen Ruhestörung auf der Anklagebank. Mit einer Zahlung von jeweils rund 400 Euro wurde eine weitere strafrechtliche Verfolgung fallengelassen. Die Priester gelten nicht als vorbestraft. Damit endet ein Kapitel, dass der Rechtsanwalt der Priester laut "Il Piccolo" als "schmerzhaft" bezeichnete.
Ende gut, alles gut?
"Es ist wichtig, dass der Glockenturm, ein Bezugspunkt für die gesamte Stadt San Dorligo, wieder in Betrieb genommen wird", so der Anwalt. Der andere wichtige Aspekt sei, dass das Verfahren ohne strafrechtliche Konsequenzen für die Geistlichen ende. Der Verteidiger hob heraus, dass nun ein deutlich entspannteres Klima im Ort herrsche als noch zu Zeiten des Rechtsstreits. Ende gut alles gut also?
Nicht ganz. Am Wochenende bekräftigte der beschuldigte Priester Zalar gegenüber "Il Piccolo": "Ich bin nicht schuldig an dem, was im Zusammenhang mit den Glocken der Pfarrkirche von Sant'Ulderico geschehen ist", so der 45-Jährige. "Also werde ich diejenigen, die mich eines Verbrechens beschuldigt haben, wegen Verleumdung verklagen." Er habe nur die katholische Kirche verteidigen wollen – und hat offenbar sprichwörtlich etwas läuten gehört: "Ich glaube sogar, dass ich in eine Situation von dörflichen Rivalitäten und Antipathien verwickelt war, die über das Thema Glocken hinausgeht." Klingt so, als wäre der letzte Glockenschlag in dieser Geschichte noch nicht getan.